Die Aushilfskellnerin – Geschichten aus dem Cafe Steiner

Die frühsommerlichen Temperaturen lassen die Gedanken allmählich in Richtung Sommerurlaub schweifen. Das sollte sich auch bei meinem letzten Besuch am vergangenen Wochenende im „Cafe Steiner“ zeigen, wo zwischen den Stammgästen Urlaubserinnerungen ausgetauscht wurden.

Es war Kellnerin Monika, die an dem Abend auch eine andere Erinnerung an die vorjährige Sommersaison wecken sollte. „Könnt ihr euch noch erinnern, als voriges Jahr unser Martin auf Urlaub war und zwei Wochen diese Daniela bei uns aufgeholfen hat?“ Ja, die Gäste konnten sich noch gut an Daniela erinnern. Laßt mich selbst ein wenig von den Erinnerungen an die Aushilfskellnerin erzählen.

Es gehört zum „Cafe Steiner“ einfach dazu, daß entweder Martin oder Monika hinter der Schank im Einsatz sind. Die beiden machen ihren Job in dem kleinen Kaffeehaus im 2. Wiener Gemeindebezirk schon seit vielen Jahren und sind bei den Stammgästen sehr beliebt. Wenn einer der beiden auf Urlaub ist wird in der Regel spontan eine Aushilfe gesucht, so wie es auch im vorigen Jahr im Juli der Fall war. Auf das Inserat in einer Bezirkszeitung hatte sich Daniela gemeldet, die für zwei Wochen den Dienst im „Cafe Steiner“ übernehmen sollte.

Daniela, eine 22jährige Studentin der Betriebswirtschaft, wollte sich über diesen Ferienjob ihr karges Haushaltsbudget ein wenig aufbessern. Sie hatte zwar noch keinerlei Erfahrung in der Gastronomie gesammelt doch war man der Meinung, daß das keine große Rolle spielen sollte. Der Chef Anton Steiner, der nur selten in seinem Lokal anzutreffen ist, war froh eine Aushilfe gefunden zu haben und setzte die Kellnerin für den Abenddienst in dem Lokal ein.

Ich selbst habe Daniela nur bei einem einzigen Besuch kennenlernen dürfen, glaube aber sagen zu können daß sie von den Stammgästen durchaus nett aufgenommen wurde. Daniela hatte bestimmt eine etwas zurückhaltende Art an den Tag gelegt, wobei ich aber durchaus Verständnis für dieses Verhalten hatte. Das „Cafe Steiner“ präsentiert sich manchmal schon wie eine große Familie und es ist vielleicht gar nicht mal so einfach für eine Außenstehende sich in dieser Familie einzuleben.

Von anderen Stammgästen wurde mir später erzählt, daß sie Daniela sehr desinteressiert erlebt hätten. Eine Kellnerin muß nicht zu jeglichem Small-Talk bereit sein, doch sollte sie sich auch nicht zu unüberlegten Wortgefechten hinreißen lassen. Zu solchen soll es angeblich aber auch vereinzelt gekommen sein, etwa als Helmut schon länger auf sein nächstes Bier gewartet hatte und Daniela hinter der Schank mit einer Freundin telefonierte. „Glaubst‘ ich hab nichts Besseres zutun, als dir ein Bier hinzustellen“, soll Daniela auf die schon etwas aufbrausenden Worte von Helmut dabei geantwortet haben.

Ich wollte mit meinem heutigen Beitrag eigentlich gar keine überzogene Kritik an Daniela zum Ausdruck bringen. Vielmehr bin ich nämlich der Meinung daß sich die junge Studentin einfach nicht ganz im klaren war auf was sie sich einläßt. Das „Cafe Steiner“ ist, wie schon eingangs erwähnt, gewiß nicht 1:1 mit einem Kaffeehaus zu vergleichen welches überwiegend von Laufkundschaft lebt. Als sie realisierte daß der gewählte Job nicht ihren Erwartungen entsprach resignierte sie.

Die zwei Wochen gingen dennoch gut vorüber und als Martin von seinem Auslandsurlaub zurückkehrte wurde er von den Stammgästen freudig empfangen. Auch Daniela wird gewiß ihren Weg gehen, wenn auch wohl kaum mehr als Aushilfskellnerin im „Cafe Steiner“. Ihr angestrebter Berufswunsch geht wohl ohnehin in eine andere Richtung.

Pedro

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