Ein Sozialdemokrat der alten Schule – Persönliche Gedanken zu Helmut Zilk

Diese Zeilen hier sollen kein Nachruf für einen der populärsten und bekanntesten Politiker der zweiten Republik sein. Oder besser gesagt: ich hoffe es zumindest, denn ein endgültiger „Abgang des Wiener Altbürgermeisters“ von der Lebensbühne würde auch mir persönlich Leid tun, nach dem Todeskampf der letzten Wochen, und überhaupt. Zilk war und ist für mich das Inbild des integren, ehrlichen Politikers, wie es ihn heute fast nicht mehr gibt. Eines Politikers, dessen Worte noch Handschlagqualität haben – seine Sie ehrlich, wo findest man das heute noch in unserer Regierung? Ich lasse diese Frage für mich bewusst unbeantwortet, und möchte Ihnen, liebe Leser, gerne erzählen, wie Helmut Zilk für mich ein Begriff wurde…

Dazu muss ich weit zurückgehen, nämlich bis in die 70er Jahre. Zilk war damals das erste Mal Krone-Ombudsmann und hatte kurz zuvor im Fernsehen Furore gemacht quasi als Vorgänger von Walter Schijok und seinen „Argumenten“. Meine Erinnerungen sind mittlerweile etwas vage geworden, aber Helmut Zilk hat schon damals immer in mir den Eindruck eines Mannes geweckt, der sich für andere einsetzt, mit Herz, mit Vehemenz und mit unbequemen Worten. Auch, als er später fast logischerweise in die Politik ging, blieb dieser Eindruck weiter haften: der Mann mit der lauten, energischen Stimme – und der meint, was er sagt. Natürlich sehe sich das nicht blauäugig, auch ein Helmut Zilk wird das eine oder andere Zugeständnis in seiner Laufbahn machen haben müssen. In der Politik bist du nie völlig frei und Herr deiner Meinung, aber Helmut Zilk ist sich selbst immer treu geblieben.

Am deutlichsten wurde mir das nach dem Briefbombenattentat bewusst, bei der seine linke Hand verstümmelt wurde und er fast verblutet wäre. Ich kann mich genau an die Pressekonferenz erinnern, die er damals im Spital gab, es war mehr als beeindruckend, wie er Rede und Antwort stand, Kraft seiner Persönlichkeit, kaum dem Tod noch einmal von der Schaufel gesprungen. Nie vergessen werde ich, wie er zum Schluss ein kleines Kreuz herausholte und es der Journalistenhorde zeigte, dankbar und auch voller Demut, dass der Krug diesmal noch einmal an ihm vorübergegangen war. Einer Demut, die so manchen von sich selbst eingenommenen Linken auch ganz gut anstehen würde, die sich gerne damit brüsten, dass sie von der Kirche ausgetreten sind und statt „Grüß Gott“ nur mehr „Guten Tag“ sagen.

Nicht, dass die Katholische Kirche für mich selbst keine Punkte zum Widerspruch bietet, ganz im Gegenteil, wer meine Beiträge liest, weiß zur Genüge, dass ich zu jener Thematik sehr viele und mehr als kritische Worte gefunden habe, aber das „Agnostikertum“ nach Bruno Kreisky Selig scheint mir fast schon ein fixer Modetrend bei Links-Links geworden zu sein. Ein Trend, der zumindest auf mich sehr aufgesetzt und justament wirkt. Zilks Geste, der immerhin geschieden und wieder verheiratet ist, quasi also exkommuniziert, wenn man es genau nimmt, berührt dagegen mit einem Bekenntnis zum Glauben und einem Bekenntnis zu Gott – Hut ab!

Dass es Helmut Zilk zuletzt gesundheitlich nicht gut ging, konnte ich vor einigen Wochen zufällig einer Pressemeldung entnehmen. Die Fakten ließen sich nicht leicht recherchieren, obwohl ich viel öfter als sonst auf der ORF-Seite im Web surfte. Die Nachricht, dass man Zilk nach einer Operation, bei der ihm ein Herzschrittmacher eingesetzt worden war, in künstlichen Tiefschlaf versetzt hatte, weckte ehrlich gesagt Besorgnis in mir. Zilks Genesung schien mir nicht mehr unbedingt gewährleistet nach diesem Schritt, aber offenbar hatten sich viele Medien selber einen Maulkorb auferlegt – es war kaum etwas in Erfahrung zu bringen, außer dass die Ärzte grundsätzlich optimistisch eingestellt wären. Ich weiß noch, wie ich darauf lauerte, wann Zilk endlich aus dem künstlichen Koma erwachen würde, fast so, als ob es um einen netten Bekannten ginge…

Mittlerweile steht Zilk kurz vor der Verlegung von der Intensivstation in ein Normalzimmer des Krankenhauses, konnte schon erste Schritte machen und Gattin Dagi plant, wie ein buntes Schlagzeilenmagazin verrät, mit ihrem geliebten Mann einen Urlaub zum Genesen, Anreise per Zug, um ihn nicht zu überanstrengen. Klingt schön, aber nicht umwerfend, denn Helmut Zilk ist nach wie vor von der Schwere der Erkrankung gezeichnet und wird Monate brauchen, um wieder annähernd in Form zu kommen. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, liebe Leser, aber ich finde, es wäre ewig schade um ihn gewesen. Persönlichkeiten und Vorbilder wie ihn hätte die moderne Sozialdemokratie bitter nötig, wie die aktuellen Schlagzeilen unterstreichen…

© Vivienne

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