Hilfe, mein Zahnarzt diskriminiert mich! – Tonis O-Ton

So gegen Mittag in meinem Briefkasten.

Der Brief von der Krankenkasse! Ja, für die Krone gibt es einen einmaligen Zuschuss von ein paar Kröten und der vom Zahnarzt dort eingereichte Kostenplan galt somit als genehmigt.
Bravo?
Ja, doch! Nur, es fiel mir wieder ein, mein Zahnarzt diskriminiert mich!

Die Entzückende mit lediglich OP-Spuckschutz vor Nase und Mund, lässt mich nach meinem Klingeln freundlich grüßend in die Praxis ein.
Sohnemann, wegen meiner immer noch nicht wieder hergestellten Gleichgewichtakrobatik mein persönlicher Fahrer, bekommt allerdings nun den Zutritt verwehrt.

Ja nun, musste wohl so sein. Der oder das Virus lauert überall und nirgends wie man ja aus dem Land der aufgehenden Geschäftsmäßigkeiten kennt.

„Ist nur wegen Corona!“, flüstert die Zarte hinter ihrer Maske und mir bleibt nur kurzes Nicken.

„Hier, Toni, bitte ordentlich die Hände waschen!“

und die Liebliche die ich nun auch schon über Jahre kenne weil sie die Lebensabschnittgefährtin meines Zahnarztes ist, der zudem mein wohl älterster Kumpel in unserem Freundeskreis, zeigt auf die Patiententoilette.

Ich beeile mich, dieser freundlichen Anordnung umgehend zu entsprechen.

„Ich hab da so ein Spray im Wagen.“ gebe ich beim Gang zum Handwaschbecken zu bedenken.

„Ja, aber Toni, du weisst doch!“, so wieder die überaus Zarte hinter mir.
Ja, ich weiss meine Liebe!

Der Zahnarzt, ein überaus liebenswerter Geist und darüber auch noch sehr aktiv in der Gemeinde tätig, war tatsächlich noch in der Grundschule mein Sitznachbar. Weiss der Teufel was dann bei ihm schieflief und er noch heutzutage zusammen mit seinem nur unwesentlich jüngeren Bruder diese Gemeinschaftspraxis betreibt, vermutlich betreiben muss.

Mich, dagegen, hatten überaus günstige Lebensumstände schon sehr früh aus der aktiven Tätigkeit zum Broterwerb befreit.
Genau gesagt es waren sehr günstig ausfallende Erbschaften meiner Ehefrau als auch in meiner weit verstreuten Familie.

Nun gut, nicht jeder Mensch ist so mit Glück gesegnet.

Das darf allerdings auch nicht, denn, wer wenn nicht mein Zahnarzt sollte sich wohl um meine Kronen kümmern?

Gott, so meine nicht erst seit den Erbschaften gekommene Erkenntns, muss es wohl doch geben! Und das, obwohl ich schon beizeiten aus der Kirche ausgetreten war.
Gott ist alles, aber wohl niemals nachtragend.

„Sie sind von der Zuzahlung befreit?“, flötet die Dame unter der OP-Schutzmaske hinter dem Desk, während S. So nenne ich sie mal, mir die Jacke abnimmt, um deren Verbleib ich mich schon gesorgt hatte.

Die Praxis gab keinerlei Grund zur Beschwerde und der Warteraum gähnte vor Leere!

„Ja, ja, natürlich ich, wir sind beide von der Zuzahlung befreit!“ beantworte ich die Frage von jenseits des Desks.

Ein kleiner Raumazug kommt um die Ecke geflitzt!
Irgendwie pummellig geschnitten sind sie wohl alle gewesen, die Raumklamotten vom ollen Gagarin und seinem Verfolger, dem schneidigen John Glenn.

Und gerade an diese Zeit in meiner Jugend werde ich nun wieder erinnert.

Pummelig ist gar kein Ausdruck, was es ist, das mir nun den Weg in das Behandlungszimmer weist.
Man stelle es sich so vor, und meine Erinnerung an meine Zeit in der Saudiwüste übetreibt es womöglich, man gehört zum Bohrtrupp und ist dort für die Sicherheit der Afghanen und Palästinenser am Bohrgerüst verantwortlich.

Und nun, aufeinmal drückt das Erdgas den Rohölbrei aus den Zapfventilen und die Suppe entzündet sich schlagartig am kochendheissen Bohrgestänge!

Der „Raumanzug“, bis soeben noch verflucht wegen des Schweißes in den Augen und das Ende der Schicht kaum noch zu erwarten, rettet einem nun auf einmal nicht mehr als nur das Leben.
Also rein ins Inferno und die Jungs geborgen, die womöglich nicht so viel Glück auf ihrer Seite hatten und nun in Lebensgefahr sein würden.

Nur gut, dass obiges Szenario, in vielen Übungen besprochen und geübt, mir zum Glück nicht untergekommen war.
Gott hatte es wohl schon immer mit mir nur gut gemeint.

Das „pummelige Wesen“ von dem ich ich aus unzähligen Besuchen bei meinem Kumpel natürlich wusste, dass es alles Andere als pummelig ist, lässt mich auf der Hollywood-Liege Platz nehmen während es schonmal die Marterwerkzeuge für den Herrn Doktor bereitlegt!

„Der Herr Doktor kommt gleich!“

Ruhe, und ich kann mich ein Weilchen mit mir selber beschäftigen, wobei mein Blick immer wieder auf die Großformate der Firma Blendax fällt, die einen Zahn in seiner wohl gefälligsten Ausprägung, wenn auch da als Schnittbilder zeigen.

Wie hatte Mutti immer geklungen, wenn es ans Zähneputzen ging?
Hätte Mutti doch schon damals diese „Bravo-Star-Schnitte“ von Blendax zur Verfügung gehabt, ihr Liebling hätte wohl bis weit hinab ins Zahnfleisch seine Beisserchen geschrubbt.
Nun gut, Nicht Neil ist es, auch nicht Buzz, Herr Doktor kommt herein!

„Alles klar, wo tut es weh,Toni?“

Nicht mein alter Kumpel ist es, sondern, wie auch mit der Dame am Empfang vereinbart, sein Bruder.
Mit dem Anderen, meinem guten Freund, hatte ich es mir schon vor mehr als einem Jahr verscherzt!

„Nicht weh, unten links ganz hinten ist mir die Krone abgefallen, hier ist sie!“

Ja, und dieses Ding, beinahe unscheinbares Goldkrönchen ist es, das mir der König meines Gastlandes damals völlig kostenlos spendiert hatte.

Der König Saudi Arabiens hatte mir beinahe alle meine Bessserchen vergoldet, meinen Kauapparat vor den Ruin gerettet.
Ja, das Königreich belohnte seine Gastarbeiter seinerzeit wahrlich sehr königlich!

Bei sechs Millionen Saudis und etwa der dreifachen Anzahl an Gastarbeitern inklusive meiner Person und der schieren Masse an unterirdischem Treibmittel für die weltweite Mobilität, dürften die Vorsorgeaufwendungen auf die Einjeder Anspruch hatte, wohl nur ein „Fliegenschiss“ für die Portokasse gewesen sein.

Ach ja, ein Fliegenschiss ist wohl auch nun der Zuschuss der Krankenkasse.

„Ist ja goldig aber schon sehr runter, die Krone! Aber, der Zahn ist in Ordnung. Ich zemetiere!“

Mein Maul steht offen, also ist Gegenwehr gar nicht möglich, aber auch gar nicht nötig. Genauso hatte ich es erwartet. Ich hatte schon im Vorfeld an Kontaktkleber gedacht, den ich aber der Viren wegen garnicht hätte erst besorgen können.
Uhu Plus und Sekundenkleber gehören nicht wirklich in Zeiten von Pest und Cholera zu den Grundnahrungsmitteln.

Ein bisschen Geziehe und Gezerre, nicht wirklich schlimm und schmerzhaft.
Nur der Doktor tut mir leid, wie er da in seiner aufgeblähten Turnier-Ritterüstung, seine Schwitzstirn hinter einem Plexivisier geschützt, in meinem Munde herumfurwerkt.

Aber, schon zahlreiche Sitzungen mit dem Bruder desjenigen der mir KenFm wegen die Freundschaft kündigte, haben gezeigt, dass beide Zahnärzte zurecht eine sehr gute Meinung unter ihren zahlreichen Patienten gewährleisten.

Nur, dass ich nun in dieser Praxis auf das Allergröbste dikriminiert werde ist der Skandal! Ich bin also ganz ohne jeden Grund aufs Abstellgleis geschoben!

Ja, KenFm, einer der verschrobensten Populisten in der Gemeinde der Putinversteher und in Gemeinschaft mit dem Friedensforscher Ganser und dem selbsternannten Spezialisten für das Gleichschalten einer ganzen Gesellschaft, einem Herrn Mausfeld, wird nicht müde die Gefahren des Virus für reine Panikmache und als Vorwand für den Großen Bevölkerungsaustausch durch die Regierenden zu postulieren!

Und was macht mein Herr Doktor, der mit mir die Grundschulbank gedrückt hatte?
Der Herr Doktor bezahlt per Daueraftrag diejenigen Verschwörungstheoretiker, die den ganzen Aufwand mit Schutzmasken und Pummelanzügen im Klinikbereich für Boshaftigkeit der Frau Merkel halten!

Nur, warum werde ich nicht geschützt, wenn, wie S. ja noch zu Beginn erklärte, „Ist nur wegen Corona!“, der ganze Zauber notwendig ist, aber dennoch großer Blödsinn?

Ich komme also zur Türe herein, werde von S. sehr freundlich empfangen,wasche mir die Finger gewissenhaft, mein Sohn wird fortgeschickt, ich nehme auf dem Stuhl im Behandlungszimmer Platz, die „Pummelige“ bereitet in ihrem Schutzanzug der NASA die Behandlungswerkzeuge vor, der Doktor kommt in seinem „Druckanzug“ herein, beginnt die Behandlung, die wohl soundsovielte an diesem Tag, schließlich ist es nun schon später Nachmittag, und ich bin der Einzige weit und breit, der schutzlos dem allgemeinen Virenbefall ausgesetzt ist?

Nein, nicht ich der Patient ist geschützt! Nur das Peronal und dazu auch noch mein Sohn halten sich von jederart von Viren fern! Wenn es also einen trifft und das dessen Ende bedeutet, bin ich es!

Ach Ja, in der Saudischen Wüste gab es ein Spiel und wir alle hatten es sehr gerne gespielt, das „Feuerwehr-Spiel“!
Meist kurz vor Sonnenuntegang, also gegen 19 Uhr, verspritzten wir das Restwasser aus den Wassercontainern auf unseren Woheinheiten, wohl wissend, dass das Wasser in der Hitze der wöchenlichen Tage nicht wirklich mehr genießbar sein dürfte! Also nutzten wir die Gelegenheit um unsere Feuerschutzanzüge von außen und inner kräftig zu reinigen. Wasser marsch hieß die Devise!

Und hier, in der Praxis, wer reinigt die Schutzbekleidung von außen?

Nein, derartiges habe ich nicht beobachten können. Der Schutzbrief galt wohl nur denen in der schützenden Hülle!

Ach ja, KenFm und seine Verschwörungsideen gegenüber Merkel und Co, ist ja ein Aufklärer dessen konträre Ideen einer gewissenhaften Betrachtung unbedingt wert seien, so mein Freundnunnichtmehr, hat es ja angemerkt, dass übetriebene Vorsicht nur noch als Vorbereitung für das Ende der Deutschen Bevölkerung zu gelten habe!

Nur, warum lässt mich der Verdacht nicht los, hier in Zeiten der Cholera nicht mehr wirklich geliebt zu werden von Zahnarzt und Co?

Gabriel Garcia Márquez in Kolumbien hatte es ja prophezeit und schon vorher Albert Camus der große Denker aus Algerien!

Opfer sind es alleweil wert, gemacht zu werden! Nur, wenn denn Ken Jebsen das alles für Mimikri hält, warum denn dann solch untauglicher Aufwand?

Mimikri?

© chefschlumpf 2020

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1 Gedanke zu „Hilfe, mein Zahnarzt diskriminiert mich! – Tonis O-Ton“

  1. ZAHNLEIDEN

    Bei Zahnweh hilft kein Kamillentee,
    Der gefürchtete Zahnarzt muss ran.
    Der Gedanke schreckt uns per se,
    Doch jeden erwischt’s irgendwann.

    Der Doktor hantiert mit Zangen,
    Spannt die verhassten Bohrer ein.
    Er klammert und setzt Spangen,
    Rückt zu Leibe dem Zahnstein.

    Wie hat man im Mund gelitten,
    Oft gewimmert, nicht gegessen.
    Das ist vorbei mit den Dritten,
    Man ist ein anderes Wesen.

    Der Abdruck ist letzte Tortur,
    Die Prothese sollte passen;
    Will man in jeder Positur
    Sein Lächeln blitzen lassen.

    Rainer Kirmse , Altenburg

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