Neue Bohnen Zeitung


KRITISCH BETRACHTET
von Vivienne  –  August 2002



Über Lehrer und Pädagogen bzw. über Menschen,
die sich für solche halten…

Hand auf’s Herz: Sind Sie gerne zur Schule gegangen? Vermutlich so wie ich, zumindest zur Pflichtschulzeit, ganz gern, aber das konnte man schwer zugeben, weil man sonst unter den Schulkollegen als Streber galt. Und wer setzte sich diesem Spott schon gerne aus, außer wirklichen Strebern…? Als ich in die Volksschule kam, sprachen meine Eltern noch vom „Ernst des Lebens“, der nun für mich begonnen hätte. Von der ersten Abnabelung von daheim, vom ganzen Lehrstoff, der auf mich armes Schulkind so zukam, von der Konfrontation mit anderen Schülern aber auch den Lehrern. Der Grund, warum ich mich hier mit dieser Causa auseinandersetze, war ein Gespräch, dass ich neulich mit einer Bekannten führte und das Erinnerungen an meine eigene Gymnasialzeit weckte, die nicht gerade glücklich sind, und ich begann mich wieder zu fragen, was man da in Österreich in wiederholten Fällen so auf die Kinder loslässt….

Jene Bekannte, von der ich spreche, ist Mutter zweier Söhne, von denen der jüngere, sensiblere in der örtlichen Volksschule nicht mehr mit dem Lehrstoff zurechtkam. Die Mutter, die sich verständlicherweise Sorgen um ihr Kind machte, bekam von der Lehrerin immer wieder nur zu hören, dass der Sohn faul sei, ja, auch nicht besonders klug, und dass er den Unterricht störe, aber dass ihm sonst mit Sicherheit nichts fehlen würde. Dass war für die Mutter ein Rätsel, vor allem weil sie ihren Sohn kannte und merkte, dass er in der Schule, speziell mit dieser Lehrerin, nicht glücklich war. Sie intervenierte immer öfter an der Schule, sprach wiederholt mit der Lehrerin, die auf ihrem Standpunkt beharrte, und auch mit dem Direktor. Der „Erfolg“ war, dass der Bub in der Klasse immer öfter böswilligen Demütigungen der „Pädagogin“ ausgesetzt war und nicht mehr in die Schule gehen wollte. Die Familie hat sich damals dem Vernehmen nach einiges mitgemacht. Selbst ein Brief an den Bezirksschuldirektor änderte nichts. Im Gegenteil, den Eltern, insbesondere der Mutter, wurde der „schwarze Peter“ zugeschoben, sie selbst seien an der Eskalation der Situation nicht unschuldig.

Eine gezielte Untersuchung des Buben, die meine Bekannte doch noch ereichte, brachte schließlich Erstaunliches ans Tageslicht: ihr jüngster Sohn ist nicht nur überdurchschnittlich begabt und intelligent sondern leidet außerdem an Legasthenie und Dyslexie (Anmerkung: Lesestörung mit organischer oder seelischer Ursache). Womit bewiesen wurde, dass er weder dumm noch faul ist sondern „Opfer einer Lehrerin“ wurde, der trotz ihrer pädagogischen Ausbildung nicht aufgefallen war, dass der Bub nämlich wegen dieser Beeinträchtigungen in der Schule nicht weiter gekommen war. Armutszeugnis für diese Lehrerin, die immer wieder darauf beharrt hatte, dass dem Kind nichts fehle und sie müsse es dank ihrer Ausbildung ja wissen… Wie sie sich vorstellen können, ist dieser „wertvollen, weil pragmatisierten Pädagogin“ trotz ihres mehr oder weniger erwiesenen Fehlverhaltens nichts passiert. Im Gegenteil, der Bezirksschulinspektor stärkte ihr noch den Rücken. Aber zumindest für den Buben meiner Bekannten hatte das Leid endlich ein Ende: er wiederholte eine Klasse, ist jetzt in der Hauptschule, erfährt dort die seiner „Schwächen“ entsprechende Unterstützung und hat jetzt auch die guten bis ausgezeichneten Noten, die er schon in der Volksschule hätte haben können, wenn…

„Der Schüler Gerber“ ist den meisten von Ihnen sicher noch ein Begriff. Schülerselbstmord durch den ständigen Druck eines Lehrers, kommt auch heute noch bisweilen vor, dass Schüler aus Zeugnisangst weglaufen, ist auch nichts Neues. Von meiner eigenen Gymnasialzeit, in der ich eine „Ehrenrunde“ drehte, weiß ich, dass es oft nicht von einem selbst und von der Lernbereitschaft abhängt, wie gut oder wie schnell man seine Schulzeit hinter sich bringt. Ich selber blieb deshalb sitzen, weil mir die Professoren in Mathematik und Physik nicht lagen bzw. ich mit deren „Lehrmethoden“ nicht zurechtkam. Ich erinnere mich gut, dass es vielen Schulkollegen ähnlich ging und dass speziell in Mathematik jede Schularbeit am Rande einer Wiederholung ausfiel. Das kann nicht nur an den Schülen allein gelegen sein. Da besagter Professor kein Hehl daraus machte, dass er ungern Lehrer sei und dass er abends auf der Universität Informatik studierte um den Lehrerberuf so schnell wie möglich an den Nagel hängen  zu können, ist kaum verwunderlich, warum…

Ich wiederholte also, wie einige aus dem Jahrgang, bekam andere Professoren in diesen aber auch den meisten anderen Gegenständen und mein Notenschnitt stieg merklich. Mit einem Jahr Verspätung maturierte ich ohne gröbere Probleme (ohne ein Nicht Genügend bei einer schriftlichen Matura-Arbeit) und hatte im Abschlusszeugnis in Gegenständen wie eben Mathematik, Englisch aber auch Lerngegenständen wie Geschichte  deutlich bessere Noten als die Jahre zuvor, weil der Unterricht mit den neuen Lehrern auch meine Lernbereitschaft erhöht hatte. Diese „Ehrenrunde“ hat mir summa summarum sehr viel mehr gebracht als ich durch das eine Jahr verloren hatte. Ich wusste, ich konnte etwas, ich war nicht dumm – und das macht in einem Schülerleben sehr viel aus.

Lehrer ist nicht gleich Lehrer. Wie kommt es, dass manche von Ihnen Schüler motivieren können und andere überhaupt nicht bzw. gar nicht wollen? Das Kernübel liegt meiner Meinung nach im Lehrermangel Anfang der 70er Jahre begraben. Die damals noch geburtenstarken Jahrgänge führten zu überfüllten Klassen, die man mangels Personal kaum mehr unterrichten konnte. Als ich in die  zweite Klasse der Volksschule kam, wurde die eine zweite Klasse am Vormittag, die andere am Nachmittag unterrichtet, immer wochenweise wechselnd, und das von einem einzigen Lehrer, weil es zu wenig Pädagogen an unserer Volksschule gab. Das nur zur Veranschaulichung. Die Studenten und Maturanten wurden damals aufgerufen, auf die PädAk zu gehen oder Lehramt zu studieren und mit allerlei Zuckerl geködert. Die relativ günstige Arbeitszeit mit viel Sommerurlaub „garniert“ überzeugte so viele, dass auch so mancher psychologisch ziemlich Ungeeignete sich zu diesem Studium entschloss. Da ist wohl auch so mancher „Holzhacker“ Lehrer geworden… Leider.

Das sind jetzt diejenigen, die auf ihrem pragmatisierten Hintern sitzen und im Endeffekt tun und lassen können was sie wollen (speziell „sein lassen können“), schlimmstenfalls werden sie in Pension geschickt. So wie die Volksschullehrerin, von der ich eingangs erzählte, die man wohl auch besser auf keinen harmlosen Schüler loslassen hätte sollen. Auch zu Zeiten einer Lehrerschwemme wie jetzt sind es nicht unbedingt die Begabtesten für diese Profession, die durch „Beziehungen“ und „Hintertürl“ lange Wartezeiten auf eine Anstellung umgehen können. Das andere Extrem sind dann die Lehrer, die, auch mangels Eignung, mit den Schülern nicht mehr fertig werden und wegen seelischer Probleme frühpensioniert werden müssen. Ich hab halt das Gefühl, dass sich nicht immer die besten Leute den Lehrerberuf ausgesucht haben. Schöne Urlaubszeiten, viel Freizeit unter der Woche, immer denselben Lehrplan vortragen bzw. immer dieselben Aufgaben bei Schularbeiten zu stellen (selber erlebt!) – Idealismus, psychologisches Feingefühl und Menschenkenntnis fehlen vielen. „Hauptsache pragmatisiert, Hauptsache, der Cash stimmt, Hauptsache, ich muss mich mit den Gfrastern (Schülern) nicht länger als nötig abgeben…“

Albert Einstein war kein guter Schüler. Es gehörte wohl nicht nur Begabung sondern auch sehr viel Glück dazu, zu dem Genie zu reifen, als das er uns in Erinnerung geblieben ist. So manches Schülerleben nahm durch mangelnde Einsicht oder mangelndes Verständnis seines Lehrers keinen besonders guten Verlauf. Welche Leute haben da oft eigentlich das Sagen? frage ich mich. Irgendwelche Hohlköpfe fordern den getrennten Unterricht von Mädchen und Knaben, damit erstere nicht bei der Förderung in technischen oder naturwissenschaftlichen Gegenständen durch den Rost fallen. Was für ein Blödsinn! denke ich mir da. Nicht Buben und Mädel müsst ihr auseinander reißen! Die sollen ruhig beisammen bleiben, das passt schon so, wenn ich da an die Kreuzschwesternschulen denke mit ihrem weltfremden Gefüge! Ändert die Lehrer und so manche Einstellung, es wird Zeit, Zeit, das wir wieder mehr Pädagogen haben, die diesen Titel auch verdienen und die eine Ahnung von der Seele eines Kindes haben, das ihnen anvertraut ist. Dass vergessen nämlich so viele Lehrer und solche, die sich dafür halten: die Kinder sind ihnen anvertraut, sie tragen eine unglaubliche Verantwortung gegenüber den Schülern wie deren Eltern. Abseits von Geld verdienen und von zwei Monaten Urlaub im Sommer, meint

Vivienne

 

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