von Vivienne – Jänner 2005
In einem geeinten Europa
Teil 2
Lassen Sie mich, liebe Leser, kurz rekapitulieren (Lesen Sie für Details der Geschichte in Teil1 nach!): rund drei Wochen vor Weihnachten berichtete ich Ihnen von dem Hürdenparcourt, aufgestellt von unserer Post und PSK in Österreich, der es mir äußerst schwierig und umständlich gemacht hatte, einen Kalender und ein Buch des großen Fotographen Klaus Ender über Grenzen hinweg, die im Grunde keine mehr sein sollten, zu bestellen. Da Herr Ender mit seiner Familie in Deutschland lebt, war ich gezwungen über Vorauskasse den Betrag für beide Artikel einzubezahlen. Und da es wohl zu einfach gewesen wäre, simpel auf die Kontonummer Enders zu überweisen, musste ich IBAN und BIC ausfindig machen.
Durch einen Ziffernsturz, der der Postbeamtin in meiner Gemeinde unterlaufen war, und von dem ich überdies erst mit einer Woche Verspätung erfuhr, geriet ich abgesehen von dem ganzen Ärger – ziemlich unter Zeitdruck. Nur mehr zwei Kalender von Herrn Ender waren lieferbar, und Weihnachten rückte immer näher Zwei Tage nach dieser unerfreulichen Nachricht begab ich mich nach dem Wochenende in das dritte Postamt, gelegen in der Linzer Domgasse. Alle guten Dinge sind drei? Anscheinend doch, denn der Beamte tätigte die Überweisung nicht nur unkompliziert sondern auch fehlerfrei. Schon zwei (!) Tage später wurde mir auf dem Postweg die erfolgreiche Überweisung bestätigt und noch einmal zwei Tage später verständigte mich auch Herr Ender persönlich!
Der Betrag war auf seinem Konto eingegangen, seine Frau hätte noch am selben Nachmittag das Paket aufgegeben, damit ich es doch noch vor Weihnachten erhalten könnte. Ich freute mich sehr. Die Hoffnung auf ein kleines Vorweihnachtsgeschenk war allerdings sehr trügerisch sie erfüllte sich nämlich nicht. Mein Gesicht wurde in den Tagen vor Weihnachten immer länger, wenn ich mich nach der Post erkundigte und da Heilig Abend selber nur mehr dringende Briefe und Pakte zugestellt werden, starb der Traum am 23. Dezember im Glatteis: wegen der rutschigen Straßen bekamen wir nämlich überhaupt keinen Besuch von unserer Postbotin.
Sonntag nach Weihnachten fuhr ich in den Urlaub. Bisweilen dachte ich im fernen Istanbul immer wieder an mein Paket, und ich begann mich auch mit der Möglichkeit, dass mein Paket überhaupt verloren gegangen sein könnte, auseinanderzusetzen. Bei meinem Glück (?)… Allerdings waren diese Überlegungen dann doch zu pessimistisch gewesen. Donnerstagabend kehrte ich aus der Türkei wieder zurück, und da lag mein Packerl schon im Wohnzimmer auf dem Tisch. Ich war begeistert, nicht nur wegen der herrlichen Fotos und der persönlichen Widmung von Herrn Ender. Meine Mission war endlich erfüllt, auf Umwegen und nicht ohne Ärger, aber immerhin: ich hatte den Kalender und das Buch tatsächlich noch vor dem Neuen Jahr erhalten.
Der lange Postweg erklärt sich wohl durch die (vor)weihnachtliche Überlastung der Post, die will ich grundsätzlich auch niemandem anlasten. Trotzdem wären wohl eine kräftige Brieftaube oder ein Kurierreiter um einiges schneller mit meinem Paket unterwegs gewesen, und hätte ich Herrn Ender den fälligen Betrag von 30 Euro auf mein Risiko einfach in einem einfachen Brief (in Scheinen) geschickt, hätte sich diese normale wie harmlose Bestellung nicht zur beinahe unendlichen Geschichte entwickelt. Kann man, darf man, unabhängig davon, von welchem Bankinstitut in Österreich man eine derartige Transaktion tätigt, seinen Kunden ein derart langwieriges Procedere zumuten?
Ich denke nicht. Diese Vorgangsweise ist unwürdig der Technologien des 21. Jahrhunderts, in dem man Mails, Faxe und SMS binnen Sekunden versenden kann. Ebenso schnell müsste normalerweise eine Buchung von einem Konto aufs andere möglich sein und sofort überprüfbar. Im Inland wie im Ausland. Aber da geht es wohl um zu viel Geld. Geld, das sich die Banken nicht entgehen lassen wollen, und dessentwegen auch (halb und halb inoffiziell) untereinander Absprachen getätigt werden damit der fette Kuchen erhalten bleibt. Einem geeinten Europa (scheinbar) ohne Grenzen zum Trotz!
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