„Überleben“ – Buchkritik

Meine Brieffreundin bat mich um eine Zusammenfassung des Buches ‚ÜBERLEBEN‘, geschrieben von Piers Paul Read in Zusammenarbeit mit den 16 Überlebenden eines Flugzeugabsturzes 1972 in den Anden. Gern möchte ich bei dieser Gelegenheit auch die Bohneleser daran teilhaben lassen, ohne dabei größten Wert auf Perfektion gelegt zu haben und ungeachtet dessen, dass die Geschichte über 40 Jahre zurückliegt – aber keineswegs an Spannung verloren hat.

Es waren rund 45 Leute, darunter etwa die Hälfte die urugayische Rugbymannschaft, die andere Hälfte deren Angehörige, ein paar wenige Zivilisten und ein paar Mann Besatzung, die sich Ende des Jahres 1972 auf den Weg machten, die Anden zu überfliegen.

Bei der Besatzung handelte es sich um relativ begüterte Leute. Der Flug von Argentinien nach Chile ist immer schwierig (Anfang der 70er Jahre, wo es passiert ist, sicher noch mehr als heute), weil es dort in den Bergen so starke Aufwinde und dergleichen gibt, außerdem ist die Sicht oft schlecht, und aufgrund der vorgegebenen maximalen Flughöhe der Maschine, und der verschiedenen sehr hohen Berge in den Anden, gab es für die Überquerung ohnehin nur ganz bestimmte mögliche Stellen.

Indem aufgrund des Wetters schon bei der Hinfahrt ein unvorhergesehener Zwischenstopp mit Zeitverlust gemacht wurde, und die Mannschaft die Piloten ziemlich provozierte, weil nichts weiterging, flogen die Piloten wider besseres Wissen schließlich los. Die Sicht war schlecht, die Turbolenzen schlimm, der Pilot verlor die Orientierung, glaubte also, an der richtigen Stelle für die Überquerung zu sein (was wiederum bei der Suche usw. schadete, weil das nicht stimmte!), und rammte schließlich eine Bergspitze, was erst der Maschine den ‚Hintern‘ wegriss (die ersten Toten), und sie dann zum Absturz brachte, in einer Schräglage, noch knapp vor einer Schlucht, während rundherum steile Berge aufragten.

Es gab danach viele Verletzte. Derjenige, der am Ende zum Helden und Retter für alle Überlebenden wurde, war tagelang bewusstlos und wurde schon zu den Toten gelegt! Parallel starb sein bester Freund sofort (dieser war ein Mädchenschwarm gewesen, während er in seinem Schatten ein schüchterner ungelenker Junge war). Seine Mutter wurde so schwer verletzt, dass sie wenige Tage später starb. Und auch seine Schwester würde später noch den Tod finden. Jedenfalls gab es ja keine medizinische Versorgung für die Verletzten, und kaum zu essen. Es wird speziell nachts schrecklich kalt da oben. Sie hatten nur 2-3 Medizinstudenten unter sich, die aber kaum etwas wussten. Der Kopilot übrigens verendete unrettbar eingeklemmt und schwerstens verletzt, erst nach Tagen. Einige unter ihnen waren deutliche Alphatiere, mit Aggressionen und Führungsqualitäten, andere wuchsen gerade in dieser Notsituation über sich hinaus. Viele waren untereinander verwandt oder befreundet.

Die Suche blieb leider aufgrund der falschen Ortsangabe des Piloten erfolglos, und weil eine abgestürzte weiße Maschine auf Schnee, noch dazu in einem sehr schwierig zu fliegenden Gelände praktisch nicht zu sehen ist, sodass man – lächerlicher weise – gern woanders sucht. Die Verwandten, darunter sehr reiche, haben bis zuletzt keine Kosten gescheut, sie zu finden und wenigstens die Toten nach Hause zu bringen, erfolglos. Es wurden Hellseher hinzugezogen, von denen einer jedenfalls recht hatte, was aber auch nichts nutzte. Trauriges Detail am Rande: der Vater unseres ‚Hauptdarstellers‘ verkaufte relativ bald aus Geldnot heraus dessen Moped…

Jedenfalls, während man versuchte, in dem engen Flugzeug und mangels Essen nicht irre zu werden, kam es eines Nachts zum nächsten Unglück: eine Lawine brauste genau in ihr offenes Heck hinein! Binnen Minuten konnten sich manche gegenseitig ausgraben – wobei instinktiv jeder erst seine eigenen Freunde und Familie zu retten versuchte, nicht den Nächsten! Wieder gab es viele Tote, und beinahe wären sie alle erstickt. Aber sie konnten sich doch noch ins Freie graben und auch die Leichen rausbringen. Darunter auch die Schwester des späteren ‚Retters‘. Einer unter ihnen hatte nach dem Absturz eine Stange im Körper, der angehende Arzt zog sie ihm einfach heraus und meinte, anderen ginge es viel schlechter, er soll sich zusammen nehmen. Später erkannte man, dass ein Stück Darm aus der Wunde hängt, das wurde einfach hineingedrückt, später noch mal dran rumgeschnippelt, und es ging ihm dann recht gut. Er starb bei der Lawine.

Schließlich wurde der Hunger zu arg, und man beschloss, die Toten zu Essen, die einen voller Eifer, die anderen weigerten sich, dem Hungertod nah, fast bis zuletzt. Mit Scherben wurden Streifen geschnitten, während anfangs nur das beste Fleisch gegessen wurde, gab es später nichts mehr, was ausgelassen wurde, von Hoden, über Gehirn. Viele Leichen waren ja zu verschüttet, um ranzukommen. Man arrangierte sich, so gut es ging, und als schließlich klar wurde, dass keine Rettung kommen würde – die Spannungen wurden immer mehr – wurden Suchmannschaften gebildet.

Erst wollte man das abgebrochene Heck finden, um per Funk vielleicht Hilfe holen zu können. Das scheiterte schlussendlich. Dazu kam, dass man aufgrund der falschen Ortsangabe des Piloten glaubte, Chile wäre näher. Tatsächlich wäre in der anderen Richtung nur wenige Kilometer Fluglinie weiter (wenn auch hinter schier unüberwindbaren Bergen) ein Hotel gewesen. Wenn auch geschlossen, so hätte man jedenfalls Unterkunft und Verpflegung gehabt, vielleicht Funk, etc. Zu all den Sorgen und unumgänglichen Streitereien kamen Probleme wie Höhenkrankheit, Verdauungsstörungen, und natürlich Depression. Halt gab der Truppe noch ihr tief verwurzelter katholischer Glaube, den sie auch lebten.

Schließlich beschloss man, einen Suchtrupp Richtung Chile zu schicken. Der wurde genauestens vorbereitet (Ausrüstung), und die ausgewählten Teilnehmer gemästet, sprich, sie bekamen mehr und besseres Fleisch als die anderen, was natürlich Neid mit sich brachte. Der erste Versuch wurde abgebrochen, beim 2. erkannte man schließlich, hoch oben am nächsten Berg, dass die Route die eines Extrembergsteigers werden und das Essen bestenfalls für 2 reichen würde. So gingen die 2, also Nando, der einst Unscheinbare, und ein angehender Arzt, los, sie hatten mehrere Schutzengel, erreichten schließlich nach Tagen und unendlichen Strapazen, die niemand für möglich gehalten hätte, wegsames Gelände.

Es dauerte noch, bis sie auf erste Menschen stießen, während das wenige mitgebrachte Fleisch und Hirn schon gammelte wegen der Tageshitze. Die erste Begegnung unter allerletzten Kräften brachte sie der Verzweiflung nahe: auf der anderen Seite eines Flusses war ein Einwohner, es gab Verständigungsschwierigkeiten, sodass der Reiter beschloss, am nächsten Tag wieder zu kommen! Das hielt er aber, er hatte Brot dabei, und einen Zettel, auf dem sich die 2 schließlich mitteilen konnten. Nun, nach knapp 2 ½ Monaten, kam das Rettungsaufgebot in Gang. Als die 2 schon gerettet waren, musste man erst die Rettung der anderen einleiten, was keine Leichtigkeit war. Und selbst da konnte man am selben Tag nur mehr die Hälfte im Hubschrauber mitnehmen.

Jetzt wurden die ersten Fotos der Leichenreste um das Flugzeugwrack geschossen, was kurz später zu einem massiven Angriff der Medien führte. Es gab Unterstelllugen, die Stärkeren hätten die Schwächeren erschlagen, um zu essen zu haben. Die insgesamt 16 Überlebenden sahen sich sogar zutiefst schockierten und abgestoßenen nahen Verwandten gegenüber. Unmittelbar stellten sich Fressattacken und schier endlose Redeschwalle ein. Die Leute hatten nun sehr zu kämpfen, in ein normales Leben zurückzufinden. Die Charaktere vor dem Absturz gab es nicht mehr. Die neu Entstandenen wurden jetzt nicht mehr gebraucht. Dazu die aufgebrachte Menschenmenge.

Unser Held wurde schließlich zu einem Berater für Betroffene in ähnlichen Situationen, sein Begleiter ein guter Kinderarzt. ENDE

Das Buch ist all jenen zu empfehlen, die am Schicksal anderer gerne teilhaben und eine Lehre oder Erfahrung daraus ziehen können, die sich gerne in andere hineinversetzen und mitfühlen, als ob sie Ähnliches erlebt hätten, denen solche Situationen mehr unter die Haut gehen als einem Durchschnittsmenschen…

Sarkastika

Schreibe einen Kommentar