Wer, zum Teufel, ist dieser Paul? – Schlumpfenland ist überall

Weiteres zu Amerika, Ängsten der Bevölkerung und seinen Eliten

„Houston, du hast da ein Problem!“

Der bereits legendäre Funkspruch von Apollo 13 auf dem Weg zum Mond, in einem völlig anderen Zusammenhang als seinerzeit von der Besatzung der amerikanischen Mondrakete gemeint, muss heute ebenso dramatisch gesehen werden. Wobei sich das Dramatische in Richtung Houston im Grunde auf jede Metropole der USA anwenden ließe! Das gesamte US-Staatengebilde von Ost nach West und von Nord nach Süd hat ein Riesenproblem.
Die Texanische Metropole am Golf von Mexico, Houston, einst der wichtigste Überseehafen der USA ist im August dieses Jahres unter anhaltenden Regenfluten regelrecht abgesoffen.

Wie konnte ein Wirbelsturm der Kategorie 4 einen solchen Schaden anrichten, gilt doch die Kategorie 4 bei beinahe allen Wettergeschehnissen rund um den Golf als absolut beherrschbar?
Die Meinungen um Schuld und Verantwortlichkeiten, wie in den USA meist diskutiert, gehen auch diesmal wieder sehr weit auseinander.
Und nicht von ungefähr spalten die unterschiedlichen Sichtweisen auf die Geschehnisse diese sehr homogene Gemeinschaft von Interessen.

„Harvey“ hatte sich über dem Atlantik, nördlich von Guyana als ganz normaler tropischer Sturm entwickelt, dann die kleinen Antillen gequert, die Karibik in Richtung der mexikanischen Halbinsel Yukatan verlassen und somit die jährliche Sturmsaison über dem Golf von Mexico gemächlich eingeläutet.
Somit ein ganz normaler Sommersturm, wie so viele schon vor ihm.
Was dann folgte, Harvey erst wirklich zur Tragödie machte, lässt auf sehr eindrückliche Weise erkennen, dass menschliche Unzulänglichkeit, noch durch Gier und Verblendung befeuert, letztendlich auch nur mit Schrecken zu ertragen ist.
Houston hat also eines und ist vor allem eines, das Problem!

Schon der Hurrikan „Katrina“, der in der Südstaaten-Metropole New Orleans zwischen dem 23. und 31.August 2005 nicht weniger als 1.833 Todesopfer forderte und mit Windgeschwindigkeiten von mehr als gemessenen 280 km/h die US-Staaten Louisiana und Alabama sowie die Karibikinsel Kuba verwüstete, machte da schon auf die Vermessenheit der Bewohner dieser Landstriche aufmerksam.
Die durch „Katrina“ verursachten Schäden, nur in den USA, betragen noch bis heute mehr als 108 Milliarden US-Dollar.

Wenn man sich die geomorphologischen Verhältnisse in den südlichen USA, den Karibikinseln und dem Amerikanischen Isthmus anschaut, fällt auf, dass hier Idealzustände für diese Art der Luftbewegungen herrschen, die den Bewohnern dieses Teils der Welt schon immer große Kopfschmerzen bereiten mussten.
Der Nordamerikanische Kontinent, durch eine Landbrücke mit dem Süden der Neuen Welt verbunden, bildet im Grunde das nord- süd- und westliche Randgebiet einer riesigen Badewanne. Nach Osten hin bildet die Karibik mit ihren Inseln ebenfalls den Rand dieses Gefäßes.
Diese Badewanne, immerhin zu zwei Dritteln mehr als viertausend Meter tief, mit nur an den Rändern abgeflachtem Kontinentschelf hat im jährlichen Mittel zumindest 26 Grad Celsius.

Die Schelfe sind generell ziemlich flach und nur von seichtem Wasser bedeckt und somit ergeben sich ideale Bedingungen, dass sich das Oberflächenwasser im Sommer der 30 Gradmarke nähert.
Zu Ende des August liegen die Temperaturen sogar an nicht wenigen Tagen jenseits der 32 Gradmarke.
Und genau das befördert die Bildung dieser Arten von Wettergeschehen, von den Anwohnern immer wieder sehr gefürchtet.

Zunächst nach der Passage Yukatans noch abgeschwächt, wurde der Hurrikan nun zur zweithöchsten Kategorie aufgeheizt und mit Feuchte aufgeladen am 25. August zur Furie als er auf die Texas-Küste traf.

Seit 1851 hatten lediglich 20 Hurrikane der Kategorie 4 und 5 die US-Südstaaten getroffen. Nur dieser hier war ein ziemlich bösartiges Geschöpf des Golfes von Mexico.
Welche Zutaten dieses Höllenhundes, „Harvey“ genannt, machten ihn zum Berserker?

Zwei Geschwindigkeiten eines Wirbels in der Atmosphäre machen ihn entweder zum bösen oder auch mal weniger bösen Untier.
Einmal macht der Wirbel selber die Luftgeschwindigkeit zur zerstörerischen Kraft, die um das relativ ruhige Auge kreist!
Der zweite Umstand ist dem Grad der Vorwärtsbewegung, also seinem Tempo geschuldet. „Harvey“, so zeigen die Satellitendaten von „Suomi NPP „und „GOES“, im Abstand von zwölf Stundenlagen, dass der Wirbel sich kaum verschoben hatte.

Wirbel die sich über dem westlichen Golf von Mexico aufgeladen haben, bringen stets auch riesige Mengen an Wasser mit sich, was sich dann beim Wiederauftreffen auf Land als Regen bemerkbar macht. Kommt es dann noch zu einem scheinbaren Stillstand über Küstenregionen, bei großen Windgeschwindigkeiten im Wirbel auch zu sturmflutartigen Überschwemmungen.

Das was man nun mit Ausnahmesituationen beschreiben könnte, ist aus meteorologischer Sicht gar nicht mal so aussergewöhnlich.
Aktuell waren zwei Hochdruckgebiete verantwortlich, die „Harvey“ regelrecht „einklemmten“ und somit sein Fortkommen kräftig behinderten.
-“Harvey“ kriecht mit knapp zwei Kilometern die Stunde in Richtung Südsüdost-,
so die Nasa noch am Wochenende.

Wärend sich die Drehkraft über Land allmählich abschwächte, brachte er dafür umso mehr Regen mit sich.
„Harvey“ machte darüber hinaus auch noch deutlich, dass für solche Unregelmäßigkeiten im Wettergeschehen auch die Topografie eines betroffenen Terrains eine nicht unwesentliche Rolle spielt.
Gründe dafür sind Küstennähe und erhebungsfreie Plains, also wenigbewaldete Wiesengebiete.
„Harvey“ drehte dann noch einigemale in der Woche auf das warme Wasser hinaus, was seinen, das Zentrum umkreisenden Regenbändern zusätzliche Wassermassen zuführte.

Wenn Tempo, Landschaft und Position für einen Wirbelsturm und die Schäden die er anstellt, die Ursache sein sollen, dann könnte man sich ja auch einmal die Frage gefallen lassen, ob daran dann nicht auch der „Klimawandel“ als Ursache für die Verheerung in Frage komme.

Der vom Menschen verursachte Treibhauseffekt lässt den Meeresspiegel ansteigen. Hierdurch verschärfen sich die Sturmfluten und je mehr Wasser vom Golf in die Bucht vor Houston gedrückt wird, umso weniger Wasser kann auch aus der Stadt abfließen.
Zudem, je wärmer ein Meer ist, desto mehr Wasser kann die darüber liegende Luftmasse als Feuchte aufnehmen.

Im Falle der 6,5 Millionen Einwohner zählenden Texanischen Hafenstadt mit dem Hauptsitz der Amerikanischen Weltraum-Agentur NASA, zeichnete sich das Unheil allerdings schon am 8. September 1900 ab.
Mit über 300 Kilometern pro Stunde raste damals ein Hurrikan auf die Stadt Galveston und ihren Hafen, den damals drittgrößten der USA zu und zerstörte mehr als 2.800 Häuser und den größten Teil der dort vorhandenen Ifrastrukturen.
Galveston, eine vor der Bucht von Houston gelegene Sandbank, mit der höchsten Erhebung von 2,60 Metern über dem Meer, verlor durch dieses Unglück beinahe jeden vierten seiner 38.000 Einwohner, also im Ergebnis mehr als 8.000 Menschen.
Diese Tragödie ging in die Amerikanische Geschichte als die Größte Naturkatastrophe mit der größten Anzahl an Menschenopfern ein.

Heute ist Galveston das Refugium der Reichen und der Schönen, die dort lediglich noch ihre, direkt am Golf gelegenen Wochenendhäuser haben.

Der wichtigste Hafen von Texas liegt heute direkt am Buffalo Bajou, ein 20 Kilometer langer Kanal, der 15 Meter tief, direkt mit dem Meer verbunden, mitten in Houston liegt.
Auf die Katastrophe von Galveston folgte der atemberaubende Aufschwung Houstons. Getrieben vom Ölboom, schon 1901 durch den Fund eines gewaltigen Ölfeldes direkt vor der Küste, bestimmte bald nur noch der Ölpreis mehr als 100 Jahre lang die Geschicke der Bewohner. Eine wahre Massenzuwanderung setzte ein.

Das Baugewerbe boomte, was für weitere Arbeitsplätze und Zuwanderung sorgte. Ohne konkrete Stadtplanung wurde spekuliert und erschlossen. Wer nur genügend Geld hatte, konnte neue Stadtviertel in den Küstenboden rammen. Beton bald überall!
Selbst weniger Vermögende, erst kurz zugezogen, können sich Einfamilienhäuser leisten. Die dazu gehörigen Garagen und die festen Auffahrten bilden bald eine zubetonierte Landschaftszersiedelungsszenerie. Doch, was solls, Land gibt es reichlich, ist scheinbar unbegrenzt vorhanden!

Schon bei der Gründung Houstons wird der „Texas-Avenue“ im Zentrum reichlich Platz zugestanden. Vierzehn „Texas-Longhorns“ finden auf der Trasse nebeneinader Platz, wie ein Rinderbaron einst sehr stolz verkündete.
Die Boomtown Houston bildete sich in Folge um weitere reichlich bemessene Highways, die gierig Flächen fressen.
Mit jedem Neubau, jeder Erschließung durch Straßen und Shopping-Malls, jedem Kubikmeter Beton, verschwinden Areale die in früheren Wettergeschehen die Regenmassen auffingen und in den Untergrund versickern ließen.

Zwei oberhalb der Stadt gelegene Auffangbecken, das „Abdicks-“ und das „Barker-Reservoir“ reichen bald schon lange nicht mehr aus, um den Regen-Fluten die Dramatik zu nehmen. Durch das „Army Corps of Engineers“ schon 1940 angelegt, sind diese Rückhaltebecken heute nur noch symbolisch als Vorsorge gegen Überschwemmungen anzusehen.
Zudem lagen diese Reservoirs nach der Indiensstellung mehr als fünfzehn Meilen vor der Stadt, heute zählen sie, von Wohngebieten umrahmt, zur dichtestbesiedelten Zone Houstons!
Schon nach zwei Tagen Dauerniederschlägen mussten sie um die Strukturen nicht zu gefährden, geflutet werden, was ganze Stadtbezirke absaufen ließ.

Die Stadt ist flach und niedrig gelegen. Bäche sind längst schon kanalisiert und begradigt. Die Stadt wuchert weit in die Prärie hinein.
Bereits 2009, 2015 und 2016 stehen weite Teile tagelang unter Wasser.
„Allison“, böser Tropensturm im Jahre 2001, lässt 73.000 Häuser und dazu noch 95.000 Autos regelrecht absaufen. Die Schadensbillanz verzeichnet dazu noch 22 verlorene Menschenleben.
Jeder weitere Hektar Prärie, vom Spekulantentum „erschlossen“, vergrößert das Ausmaß zukünftigern Leides.

Ist der Klimawandel die Quelle allen Übels, ließe sich nun trefflich fragen.
Liegt es einfach nur an unnötiger Verseuchung und Versauerung unserer Atmosphäre mit Co2, dass solche Katastrophen sich scheinbar häufen?
Was muss geschehen, um Houston liebens- und lebenswerter zu machen?

„Gustav“, „Hermine“ oder „Rita“, mehr als ein Dutzend Hurrikans haben in den vergangenen Jahren in Texas regelrechte Jagd auf Beute gemacht und scheinbar nur zufällig Houston mit weiterer Pein verschont.

Obwohl schon mit „Ike“, der 2008 die Stromversorgung in Houston für mehrere Tage kappte, Glasfenster an Hochhäusern zerstörte und auf die Straßen rieseln ließ, klar sein musste, dass er bestimmt bald komme, der ganz, ganz große Hammer!

Doch, das wirklich Bedrückende an der katastrophalen Entwicklung im gesamten Süden der USA ist der Tatsache geschuldet, dass nicht etwa die Natur sich verändert hätte, böse Geisteswesen oder die in den Reformierten Kirchen des „Bible Belt“ stets gefürchteten Teufelsschaaren das Komando übernommen hätten.
Nein, es ist die Gewinnsucht einer sich nur am Dollar orientierenden Gesellschaft, die alle Erkenntnisse sowie Zweifel hinter sich lassend, auch noch das letzte Quentchen an Mehrwert aus dem ansonsten ziemlich unfruchtbaren Boden herauszuquetschen imstande ist.

Der Klimawandel-Leugner „Number One“, der amtierende Präsident Donald Trump scheint nun auf einmal seinem Vorgänger Barak Obama recht geben zu wollen, indem er dessen Katastrophen-Schaden-Rezept von 2009 einfach abkupferte. Demnach sollen Bundesstaaten und Komunen die Hauptlast tragen, der Bund nur ergänzend mit den Kosten belastet werden. War Obamas Kalkül, dass hierdurch die Gefahren die durch den Klimawandel verursacht sind, von breiten Teilen der Bevölkerung ernster als bis dahin genommen werden würden, kehrte Trump das Ganze völlig um.
Trump kommt es scheinbar nur darauf an, an den Katastrophen zu sparen.
Galten bis zum 15 August noch die Regeln, dass Bauvorhaben wie Straßen und Brücken so geplant werden müssen, dass den Folgen des Klimawandels Rechnung getragen werden, kippte Trump das Ganze über Nacht!

Ja, ganz gewiss, Houston hat eines, das ganz große Problem! Und damit auch Amerika, die USA.

Teil des Problems hat einen mit Namen „Houston Ship Chanel“, der 80 Kilometer lang durch das Herz der US-Amerikanischen Petrochemie führt. Die Förderung wird hierdurch direkt der Verarbeitung des „Schwarzen Goldes“ zugeführt.
Große Anteile der Benzingewinnung als Auto- und Flugtreibstoffe werden in Houston realisiert.
Houston versorgt mit der „Colonial Pipeline“ bis hinauf nach New York mit täglich 400 Millionen Litern Treibstoff, beinahe alle dazwischen liegenden Bundestaaten. Jeder Stromausfall legt dabei die Pumpen komplett still.

Hat „Harvey“ so etwas wie ein Umdenken bewirkt? Können die läsigen Irrtümer der Vergangenheit doch noch in eine bessere Zukunft „umgeswitscht“ werden? Sind Szenarien denkbar, die eine Umkehrung der Verhältnisse bewirken?

Es gibt dafür sogar einen Plan!
„Coastal spine“ lässt so etwas wie Hoffnung aufkeimen. Coastal spine, etwa „Küstenrückgrad“ auf Deutsch, würde voraussichtliche 15 Milliarden Dollar fürs Investment verschlingen.
Eine bessere Entwässerung der City, sowie ein Hochwasser-Sperrwerk und großzügige Eindeichung sollen die Folgen noch zu erwartender Unwetter minimieren, diese Texas-Metropole vor weiteren Milliardenschäden beschützen.

Allerdings fehlt bislang nur noch eine solide Finanzierung.
George P. Bush, Neffe des früheren Präsidenten George W. Bush und zum Aufseher über alle Texanischen Staatsbetriebe und Einnahmen gewählt, hat ein wenig schüchtern mal im Weissen Haus in Washington bei seinem Parteifreund Donald um Hilfe nachgefragt.

Der in Houston bei seinem Beileidsbesuch nebst Gattin sehr nachdenklich wirkende Donald Trump, so heisst es in Houstons politischen Kreisen, hat bislang bloß noch keinerlei Antwort gegeben.

© chefschlumpf A.S. November 2017

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