Zwischen den Zeilen – Blickwinkel

Schon häufig habe ich mich in einem zwischenmenschlichen Dialog unverstanden oder mißinterpretiert gefühlt. Dieses Empfinden kann etwa aus einem Ungleichgewicht bei der Selbstgerechtigkeit resultieren, über welches ich meist erst später zu grübeln beginne. Es liegt in meinem Wesen begründet, dass ich einen solchen Mißfall selten bis gar nicht in allzu klare Worte fasse. Eine stets konfliktvermeidende Einstellung, welche sich bei mir bereits verinnerlicht hat und auch im Rahmen einer Psychotherapie attestiert wurde, trägt keinesfalls zum seelischen Wohlbefinden bei. Den Hintergründen zu den sogenannten „klaren Worte“ möchte ich nun ein wenig nachzugehen versuchen.

Was sind klare Worte?

Diese Frage wird wohl jeder Typus für sich selbst recht unterschiedlich beantworten. Ich will an dieser Stelle bestimmt keine Bewertung abgeben, ob eine klare oder doch diplomatischere Ausdrucksweise besser ist. Das hängt nämlich nicht nur – wie man häufig formuliert – von den Umständen, sondern vielmehr vom Gegenüber ab. Daraus ergibt sich für mich zwangsläufig der Umstand, dass bei weit auseinandertriftenden Herangehens- und Sichtweisen eine Inkompatibilität der Charaktere gegeben sein kann. Es erscheint mir wichtig zu betonen, dass Ungleichheit grundsätzlich als eine Chance und Bereicherung gesehen werden sollte. Es darf nur nicht dazu kommen, dass der friedliebende Part bei der Interaktion auf der Strecke bleibt.

Meine Einschätzung zur Inkompatibilität von Charakteren wird möglicherweise nicht auf ungeteilte Zustimmung stossen. Klar könnte man dazu sagen, dass die Menschen doch nur aufeinander zugehen müssten. Ja, das wäre durchaus möglich, hilfreich und auch sehr wünschenswert – aber erleben wir das wirklich häufig? Das Gegenstück zu klaren Worten bezeichne ich – speziell auf meine Person gemünzt – gerne auch als „leise Worte“, welchen ich mich im Blog zu einem späteren Zeitpunkt zuwenden möchte.

Was verstehen wir unter diplomatischer Rhetorik?

Ich bin nicht immer ganz glücklich, wenn mir eine diplomatische Rhetorik nachgesagt wird. Wenngleich diese Zuschreibung wohl keinesfalls aus der Luft gegriffen sein mag umschleicht mich dann häufig die Befürchtung, dass meine Aussagen wieder mal besonders viele Fragezeichen aufgeworfen haben dürften. In der richtigen Situation – aber eben nur dort – mag meine Rhetorik auch schon hilfreich gewesen sein. Die Schattenseiten bei mangelnder Wandlungsfähigkeit bestehen darin, dass ich bei oberflächlicher Betrachtung durchaus auch als unnahbar, emotionslos oder besserwisserisch eingestuft wurde. Natürlich will ich keinesfalls sagen, dass ich mich von nahen Mitmenschen so wahrgenommen fühle. Aber nachhaltig erlebte Probleme bei der Integration in eine Gruppe können einen sozialen Rückzug sehr unmittelbar begünstigen.

Was hat es mit Botschaften zwischen den Zeilen auf sich?

Nun sollte jenes Thema an die Reihe kommen, welches die Überschrift zu den heutigen Zeilen beisteuern durfte. Erwähnenswert erscheint mir dazu jedenfalls das „Eisbergmodell“ (weitere Infos unter de.wikipedia.org), dem ein wesentlicher Beitrag zu den Kommunikationstheorien in der zwischenmenschlichen Interaktion nachgesagt wird. In vielen Fachportalen lässt sich nachlesen, wie sehr Menschen etwa durch Gesten – wie das unbewusste Verändern der Stimmlage – zusätzliche Aussagen vermitteln. Das „Eisbergmodell“ schätzt die Sachebene in der Kommunikation mit gerade mal bis zu 20 Prozent ein, während alles andere der nonverbalen Beziehungsebene zuzurechnen wäre.

Es fällt mir ehrlich gesagt nicht leicht diese Einschätzung nachzuvollziehen, wenngleich ich sie keinesfalls in Frage stellen will. Eigentlich wollte ich im Blog meiner eigenen Wahrnehmung und Erfahrung mit zwischenmenschlichen Botschaften nachgehen. Es hört sich spannend an zu hinterfragen, wie weit man selbst glaubt die zwischen den Zeilen transportierte Gesamtaussage interpretieren zu könne. Auf der anderen Seite ließe sich darüber nachdenken, ob eigene Botschaften von den Mitmenschen verstanden und aufgefangen werden. In letzterem Fall ginge es auch um bewusst gesetzte nonverbale Signale, welche oft überhört oder besser gesagt unzureichend wahrgenommen werden. Dies könnte in der zu leisen Botschaft, aber auch dem zu wenig feinfühligen Gegenüber begründet liegen …

Pedro

1 Gedanke zu „Zwischen den Zeilen – Blickwinkel“

  1. Hallo Peter,

    deine Beobachtungen sind recht schlüssig und treffen den Nagel oft auf den Kopf.
    Natürlich hast du auch recht, dass beonders auch vom „Gegenüber“ abhängt, wie man interpretiert wird bzw. wie man letztlich ankommt mit seiner Message…

    Vivienne

    Antworten

Schreibe einen Kommentar