Vizekanzler, FPÖ-Obmann Herbert Haupt war das erste mal zu den Sommergesprächen zu Gast und nicht jeder konnte in den letzten Monaten davon überzeugt sein, dass er diesen Termin auch politisch erleben würde. Aber Haupt ist zweifelsfrei ein standfester Politiker, der in den knapp 55 Minuten eine Wahlrede präsentierte, bei der man fast den Eindruck hatte – wie man im Volksmund so schön sagte – er „redet wie aufgezogen“.
Werner Mück wollte die Koalitionsdisziplin zur Einstiegsfrage machen. Die Regierungsparteien haben zuletzt bereits zum zweiten mal einen Misstrauensantrag gegen den Finanzminister niedergestimmt, woraus sich aus Anspielung auf das angespannte Verhältnis der FPÖ zu KHG die Frage ergab, ob dies aus Überzeugung oder Koalitionsdisziplin erfolgt sei. Haupt antwortete, dass die FPÖ immer pakttreu gewesen sei und einen Antrag der Opposition – die genauso die Chance gehabt hätte in der Regierung zu sein – natürlich niederstimmen müsse.
Oftmals wurden an den Abend vom Vizekanzler die Themen selbst vorgegeben, sodaß Mück wiederholt auf sein Recht als Moderator der Sendung hinweisen musste. So erzählte Haupt vom aktuellen Thema der VÖEST Privatisierung und versuchte zu erklären, warum er gestern noch für einen Privatisierungsstopp und heute doch auf Regierungslinie gehandelt hätte. Immerhin richtete er den VÖEST Mitarbeitern, die die heutige Parlamentsdebatte teils live verfolgten, seinen Dank für ihr Engagement aus.
Auch Werner Mück konnte sich wieder das Wort erkämpfen und präsentierte eine Umfrage, nach der die Bevölkerung die Regierungspartei FPÖ zu 66% als Oppositionspartei sehen würde, was wohl nicht zuletzt auf den Kärntner Landeshauptmann zurückzuführen sein dürfte. Haupt verwies darauf, dass Haider seit zwei Jahrzehnten der einzige Anwalt der fleißigen Bürger sei und eben auch die erstklassige PR-Abteilung der FPÖ darstelle. Böhmdorfer und er seien dazu im Gegensatz die klassischen Verhandler. Die Freundschaft zum Bärentaler sei aber ungetrübt, auf die öffentlichen Verbalattaken seines Freundes gegen ihm angesprochen, meinte Haupt, er hätte es gerne, wenn man ihm die Wahrheit sagt und keinen Honig um das Maul schmiere.
Auch die durch Liesl Gehrer losgetretene Generationendebatte wurde thematisiert, wo der FPÖ-Chef erwartungsgemäß die Aussage Khols betreffend verstärkter Zuwanderung scharf kritisierte. Gerade die FPÖ sehe sich als Familienpartei, die Schaffung von Kinderbetreuung sei aber Ländersache.
Zum Thema ÖBB bekräftigte Haupt Handlungsbedarf und sah einer Lösung am Verhandlungstisch optimistisch entgegen. Anstatt die nicht mehr benötigten ÖBB-Beamten frühzupensionieren sollte eine Weiterbeschäftigung in verwandten Berufen angestrebt werden.
ORF-Chefredakteur Mück konfrontierte Herbert Haupt mit einer Kritik des Flüchtlingshilfswerks, das sich Österreich Stellung in der Asylpolitik deutlich verschlechtert habe. Haupt verwies auf den Zuständigkeitsbereich von Innenminister Strasser, machte aber auch deutlich dass jede Form von Asylmissbrauch stärker als bisher geahndet werden müsse. Zum Beitritt von Tschechien zur Europäishen Union forderte Haupt eine Lösung für die Sudetendeutschen, ähnlich wie es Österreich auch für die Opfer der NS-Zeit geleistet habe.
Abschließend sollte der FPÖ-Chef noch mit einer Umfrage konfrontiert werden, in der die FPÖ mit 8% Wähleranteil hinter die Grünen zurückgefallen sei. Mück erinnerte daran, dass Haider nach der letzten Nationalratswahl (10%) gemeint hatte, schlimmer könne es nicht mehr werden. Der Vizekanzler bekräftigte aber auch, dass die Meinungsumfrage eine Momentaufnahme sei und es sein Ziel ist, nach der nächsten Wahl deutlich vor den Grünen zu liegen.
Nächste Woche werde ich an dieser Stelle das abschließende Sommergespräch mit Bundeskanzler Wolfgang Schüssel kommentieren.
Pedro