Gerüchte, Gerüchte!

Albert, den ich damals in der Großhandelsfirma kennen gelernt hatte, in der er heute noch arbeitet, war tatsächlich vorher noch in einer anderen, mir nicht bekannten Firma tätig gewesen. Ich hatte Alberts „berufliches Vorleben“ bislang eher vernachlässigt, weder damals noch heute wäre es mir in den Sinn gekommen, meinem Mann, der eine solide technische Lehre absolviert und sich in Abendkursen EDVmäßig weitergebildet hatte, großartig Fragen über die Zeit „vorher“ zu stellen. Bis er selber einmal davon anfing, und mir bewusst wurde, dass auch woanders kuriose Dinge passieren…

An einem Abend im abgelaufenen Winter zitierte Albert eine Geschichte im Web, die mich schmunzeln ließ, aber gleichzeitig einmal mehr aufzeigte, wie schnell man sich im Mittelpunkt scheinbar handfester Gerüchte befinden kann, und das ohne eigenes Zutun. Jener Mann, der da beinahe heftige Nachteile deswegen erleiden hätte müssen, durchschaute aber, was sich da hinter seinem Rücken abspielte und ging in die Offensive. Am Ende hatte der Mutige nicht nur seinen Ruf wieder hergestellt sondern auch die Lacher auf seiner Seite gehabt…

Mir gefiel das Verhalten des Mannes und Albert stimmte mir zu. „Sehr couragiert, die meisten Leute lassen sich ins Bockshorn jagen in so einer Situation, werden hysterisch oder ängstlich. Aber weißt du, Viv, ich kannte auch einmal eine Kollegin, die hat sich so etwas auch nicht bieten lassen, die war fast noch brutaler!“ Ich war erstaunt, zuerst dachte ich nämlich an Alis Firma, aber mein Mann winkte ab. „Nicht meine jetzige Firma! Wo denkst du hin! Was ich meine, ist fast fünfzehn Jahre her und passierte in einer Computerfirma in Wels, wo ich nach der Lehre einmal gearbeitet habe. Dort habe ich in erster Linie PC’s zusammengebaut und das Betriebssystem hinaufgespielt.“

Da schau her, das hatte ich gar nicht gewusst! Ich wurde hellhörig, als Ali fort fuhr. „In der Firma waren wir sechs Männer mit dem Chef und eine Frau. Sie hieß Angelika, wenn ich mich nicht irre, war um die Dreißig und für die Rechnungen und für die Korrespondenz verantwortlich. Sie lebte allein, was ich wusste, ließ die Männer in der Firma links liegen und kümmerte sich nur um Firmenbelange. Die Männer prallten mit ihren Anzüglichkeiten bei der Kollegin ab und manch einer hat sich durchaus geärgert, dass sie sich so kalt verhielt.“ Stirn runzelnd lauschte ich Alis Ausführungen. Ich konnte mir schon vorstellen, wie das für die Frau unter lauter Männern lief – vielleicht hätte ich mich ähnlich verhalten an ihrer Stelle.

Ali machte eine Pause und begann zu schmunzeln. „Irgendwann machte dann das Gerücht die Runde, und der Auslöser muss ganz harmlos gewesen sein, wenn ich mich zurückerinnere. Ein Kollege hatte Angelika bei Problemen mit dem Drucker geholfen und Angelika hatte sich bedankt. Etwa so in der Richtung: Das war sehr nett, ich bin ja so was von unbedarft auf dem Gebiet und nicht nur dort… An sich völlig harmlos, wirst du sagen, aber plötzlich tuschelten die Kollegen durcheinander, Angelika wäre noch Jungfrau, hätte noch nie einen Mann gehabt und das in ihrem Alter!“ Großer Gott, dachte ich mir. Was muss das für eine Truppe gewesen sein! Die hatten doch wirklich nur eines im Kopf! Ali konnte meine Gedanken lesen, denn er sah mich amüsiert an und meinte. „Das war sicher keine Elite-Einheit, in die ich damals geraten war, aber manchmal kann man es sich nicht aussuchen. Trag’s mit Fassung, Viv!“

Jetzt war ich wirklich gespannt, wie sich dieses absurde Szenario weiter gestaltet hatte. Albert spannte mich auch gar nicht auf die Folter. „Angelika war nicht dumm, die hat schnell gemerkt, dass da was im Busch ist. Und sie hat mich, wen sonst, auf die Seite genommen und gefragt, was da los ist. Und ich hatte nicht die Courage zu schweigen oder gar für die Kollegen zu lügen. Ich gab sogar zu, dass die Kerle darum wetteiferten, die Kollegin flach zulegen um sich als „ihr Erster“ profilieren zu können.“ Ich war entsetzt, das schien mir fast krank, aber Albert beruhigte mich. „Die Frau war nicht dumm, absolut nicht, und die hat sich was einfallen lassen, glaub’ mir! Zum Schein ging sie auf einen der Kollegen und sein „Werben“ sogar ein und nahm ihn schließlich mit nach Hause. Dort hat der Mann dann schnell begriffen, dass er es absolut nicht mit einer sexuell unbedarften Frau zu tun hatte.“

Ali nickte. „Bei Angelika daheim muss sich eine ganz heiße Liebesnacht abgespielt haben, die Frau hat den Kollegen nach allen Regeln der Kunst verführt und bewiesen, dass sie eine mehr als nur leidenschaftliche Frau mit Erfahrung war. Als der Kollege mit verzücktem Gesicht auf eine Fortsetzung dieser Ouvertüre hoffte, erteilte ihm Angelika schließlich eine Lektion. Na, kapiert dass ich keine Jungfrau mehr bin? muss sie ihn angeschrieen haben, und dann hat sie ihn – splitternackt – aus der Wohnung gejagt. Die Kleider hat sie ihm dann am nächsten Tag in der Arbeit hingeworfen, und die Männer haben nicht gelacht, die waren ordentlich blass. Ich war danach nicht mehr lange im Unternehmen, Vivi, aber den Männern ist der anzügliche Spaß ziemlich vergangen, denn Angelika hatte sich als Furie entpuppt, und das nicht nur auf sexuellem Gebiet…“

Nach einer wahren Begebenheit!

© Vivienne

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