Du wirst dich nie ändern!

Wütend beendete Hans das Telefonat mit Conny.
Dann drehte er sich zu Fritz.
Sie saßen beide im Gastgarten eines Bierlokals.
Sie kommt nicht.
Conny will nicht.
Einfach stur.
Für sie ist das kein Thema mehr…
Fritz stellte seinen Radler wieder hin.
Er hatte eben aus dem Glas trinken wollen.
Das ist aber nicht ihr ernst!
Wieso?
Die Sache mit Hubert ist ein halbes Jahr her!
Wie lange will sie noch beleidigt sein?
Hans zuckte die Achseln.
Ich weiß es nicht.
Ich verstehe sie auch nicht mehr.
Sie hat sich so verändert die letzte Zeit.
Dabei sehe ich durchaus ein, dass sie beleidigt war.
Aber jetzt schon so lange?
Und nur wegen Hubert?
Das ist vorbei.
Und er hätte ohnedies nicht zu ihr gepasst…
In komischer Verzweiflung hob er die Arme.
Aber Conny sieht das nicht ein.
Was weiß ich.
Man kann noch immer nicht reden mit ihr.
Sie gibt nicht nach.
Und sie will Helga noch immer nicht wieder sehen…

Eine halbe Stunde später saßen er und Fritz schon im Auto.
Auf dem Weg zu der Grillparty von Helga.
In deren Villa am Pöstlingberg.
Wundervoll idyllisch gelegen.
Aber irgendwie konnte er sich nicht freuen.
Heute nicht.
Seit Jahren trafen sie sich regelmäßig.
Man kannte sich seit der Schulzeit.
Und der harte Kern hatte sich nie aus den Augen verloren.
Zugegeben.
Helga war nicht immer leicht zu nehmen gewesen.
Neurotisch.
Ein verzogenes Arzttöchterlein halt.
Stets bedacht auf den eigenen Vorteil.
Und nicht zimperlich bei der Wahl der Mittel.
Verlogen und intrigant.
Bisweilen halt.
Immer gewillt, das zu bekommen, was sie wollte.
Oder den…
Aber auf der anderen Seite immer auch großzügig.
Man musste sie halt nehmen wie sie nun mal war.
Und die Grillfeste bei ihr waren schon legendär…

Unvermittelt musste Hans bremsen.
Ein Schüler lief über die Straße.
Fritz schreckte hoch.
Auch er schien in Gedanken gewesen zu sein.
Seine Stimme klang müde.
Was Helga wohl sagen wird?
Hans warf ihm einen abschätzenden Blick zu.
Das kannst du dir doch denken.
Kein Mensch kann Connys Verhalten nachvollziehen.
Man hält einen solchen Groll nicht über Monate am Leben.
Man ärgert sich.
Und dann ist es vorbei.
Auch wenn Helga Conny den Mann weggenommen hat.
Außerdem.
Helga ist doch mit Hubert auch nicht mehr beisammen.
Also gar kein Grund zum Verdruss mehr gegeben…
Fritz blickte aus dem Fenster.
Wer weiß?
Vielleicht sieht Conny das ganz anders…

Conny sah auf die Uhr.
Der Film würde in einer halben Stunde beginnen.
Zeit, sich auf den Weg zu machen…
Sie nahm ihren Rucksack und verließ die Wohnung.
Holte das Fahrrad aus dem Keller.
Und trat in die Pedale…
Ihr fiel das Telefonat vorhin mit Hans wieder ein.
Sie grinste.
Natürlich begriff Hans nicht worum es ihr ging.
Das war ihr klar.
Erstens war er ein Mann.
Und selber auch einmal mit Helga verbandelt gewesen…
Conny grinste schadenfroh.
Aber mehr als alles andere hatte sie die Nase voll von Helga.
Von allen Helgas dieser Welt!
Ob sie nun weiblich oder männlich waren.
Von den Leuten, die ständig Narrenfreiheit genossen.
Immer in Begriff, ihre Grenzen auszuloten.
Vorzupreschen mit unsauberen Aktionen.
Zum eigenen Vorteil.
Mit frechen Lügen.
Falschheiten und Intrigen…
Spielte gar keine Rolle was genau im Einzelfall.
Nur frei nach dem Motto:
Ich bin halt so!
Gezielt die Leute vor den Kopf stoßen.
Und dann darauf spekulieren.
Die Leute würden zwar sauer sein deswegen.
Sich aber irgendwann einmal wieder beruhigen.
Weil das halt fast immer so war…
Und sehr vorteilhaft für alle, die so lebten und handelten wie Helga.
Schließlich gehört es sich nicht, dass man lange beleidigt ist.
Conny presste die Lippen aufeinander.
Aber ein Arschloch darf man immer sein!
Nicht wahr?

Sie stellte das Fahrrad am Parkplatz ab.
Die wenigen Meter zum Kino ging sie zu Fuß.
Ja, sie ging heute ins Kino.
Allein.
Aber nicht weil sie wegen Hubert noch immer beleidigt war.
Es ging ihr nicht um Hubert.
Sondern weil sie genug hatte von Helga.
Ein für alle mal.
Immer hatte sie selber Ausreden für Helga gefunden.
Vor sich selbst und vor anderen.
Für jede freche Lüge.
Für jede unfaire Handlungsweise.
Die im Grunde nicht mehr nachzuvollziehen war.
Aber der Vorfall wegen Hubert Anfang Jänner hatte ihr die Augen geöffnet.
Helga war nicht einfach so wie sie war.
Sie war ein Miststück.
Teufel auch!
Warum mit so einer herumärgern?
Helga würde sich nicht ändern.
Nie.
Sie hatte schließlich immer Erfolg mit ihrer miesen Tour gehabt.
Warum diese fast schon geniale Strategie ändern?
Nein.
Helga würde sich nicht ändern.
Oder gar bessern.
Entweder akzeptierte sie, Conny, deren Art.
Und würde vor lauter Unmut deswegen graue Haare bekommen.
Oder sie selber änderte sich…
Und genau das hatte sie getan.
Sie hatte das Band zu Helga durchschnitten.
Unwiderruflich.
Helga würde sie, Conny, nicht mehr mit ihren Grillfeten quasi kaufen…
Sie brauchte das nicht.
Und wenn ihre lieben Freunde sich jetzt auch das Maul zerrissen über sie.
Als die große Abwesende.
Sie brauchte sie alle nicht!
Sie, Conny, stand für sich selbst!
Die Tür des Kinos öffnete sich und Conny trat ein…

Vivienne

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