In die Armut gedrängt – In eigener Sache

Über sieben Jahre bin ich nun weg von meiner alten Firma, und in manchem Betrag habe ich auf die eine oder andere Weise verarbeitet, was mir dort passiert ist und zugefügt worden ist. Eine üble Erfahrung, vor allem die letzten 3 ½ Jahre, in denen ich mir jeden Tag verbale Prügel, Demütigungen und Erniedrigungen geholt habe. Wie ich diese Zeit in höchster finanzieller Not durchgestanden habe, weiß ich im Grunde nicht mehr genau. Ich durfte auf meine Familie zählen, ein paar wenige Freunde und ganz speziell auf meinen liebsten Menschen. Er nahm mich bei der Hand, führte mich zu ein paar Leasingfirmen und schließlich kam etwas unerwartet die glückliche Wende: Jobzusage, weg von dem Unternehmen, dass mir zwar noch zugesagtes Gehalt schuldig blieb und mir lange ein Dienstzeugnis verweigerte… Aber mir gelang endlich ein Neuanfang, weg von den ständigen Nadelstichen und der penetranten Einmischung in mein Privatleben…

Ich hatte Glück, großes Glück und ich denke, dass wohl auch mein kurz zuvor verstorbener Vater, wo immer er auch jetzt sein möge, bewirkt hat, dass sich diese Tür öffnete… Auch wenn ich speziell von meinem früheren Chef weiter hinterrücks mit Unrat beworfen wurde und Verleumdungen unter den ehemaligen Kolleginnen die Runde machten, ich wäre arbeitslos und würde um meinen alten Job betteln…  Hinter mir die Sintflut!  Und die hat die alte Firma letzten Herbst in die Insolvenz geführt – späte Genugtuung auch für die Leute, die massiv von deren Unternehmenspolitik geschädigt worden waren. Selber genoss ich inzwischen die beste Zeit meines Lebens, mit ordentlichem Gehalt, pünktlich ausbezahlt und Kollegen, die sich nicht um mein Privatleben kümmerten…

Die beste Zeit meines Lebens, fraglos, aber auch nicht mehr so sicher wie vor ein paar Jahren. Veränderungen stehen an, und immer öfter frage ich mich, wie es weitergehen wird, wenn der Falle der Fälle, das Unaussprechliche, eintritt. Natürlich erwartet mich zuerst einmal Arbeitslosengeld, das weit über dem Gehalt liegt, das mir die meiste Zeit in der alten Firma ausbezahlt worden war. Es ginge schon weiter, irgendwie… Aber da tritt unsere tolle neue Regierung auf den Plan, die die Notstandshilfe abschaffen und durch die Mindestsicherung ersetzen will… Das sind laut derzeitigem Stand der Dinge EUR 840,- monatlich- Offen gesagt, zum Sterben zu wenig, ohne dass ich mir etwas zu Schulden hätte kommen lassen.  Meine Fixkosten übersteigen diesen Betrag deutlich, mir bliebe nur der Suizid oder – noch schlimmer – ich würde früher oder später auf der Straße landen… So schnell könnte es gehen unter einer Regierung, der der kleine Mann oder die kleine Frau völlig egal sind, weil sie lieber den Reichen hofieren und ihnen Steuervorteile verschaffen!

Was tun in so einer Situation? Natürlich stelle ich mir diese Frage, weil sich nicht absehen lässt, wie sich die Situation in meiner Firma weiter entwickelt. Ich bin dort Leasingkraft und stehe als solche natürlich auf der Liste derer, die am schnellsten verabschiedet werden, wenn es die Unternehmenspolitik verlangt. Mancher wird nun den Kopf schütteln und mir beinhart ins Gesicht sagen, dass ich selber dran schuld wäre. Ich hätte es eben verabsäumt, mir beizeiten einen Ernährer anzuschaffen und nun müsse ich halt im Fall des Falles die Suppe auch auslöffeln, bis zur letzten Konsequenz… Zynismus pur, wenn man unverschuldet arbeitslos wird und man dank der neuen Regierung nicht nur in die Armut gedrängt sondern regelrecht die eigene Existenz bedroht wird. Meine wenigen Ersparnisse, die ich für Notfälle auf der Seite habe, würden außerdem vom Staat schnell geschluckt werden.

Es zeichnet ja die neue Regierung aus, dass sie sich wie schon in der alten Auflage von Schwarz-Blau unter Schüssel das Geld lieber von den einfachen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen holt statt einmal dort anzusetzen wo viel mehr vorhanden ist: nämlich bei den Vermögenden. Wie Lemminge haben Herr und Frau Österreicher die Anti-Ausländer und Anti-Flüchtlingspartei gewählt und das musste ja ordentlich ins Auge gehen. Obwohl noch nicht unmittelbar selber betroffen, macht mir dieses Horrorszenario keine Freude. Es kann ja wohl nicht sein im 21. Jahrhundert, dass man als Frau gezielt einen Lebenspartner anstreben muss, um bei Arbeitslosigkeit in den 50ern nicht auf die Straße gedrängt zu werden. Nur 7 % etwa aller Arbeitslosen in meinem Alter finden wieder einen Job, eine Regelung wie sie Kurz und Strache planen ist schlichtweg eine Verhöhnung aller, die arbeiten wollen aber vom Arbeitsmarkt im Vornhinein aussortiert werden…

Die berühmten Sozialschmarotzer, die seit vielen Jahren vom Sozialsystem mitgeschleppt werden, kennen wir alle. Solche Parasiten wird es aber bestimmt auch in Zukunft geben, wer schlau ist, findet immer ein Schlupfloch um sich durch zu schummeln. So eng kann das Netz gar nicht geknüpft werden. Unverständlich, dass die neue Regierung gerade die strafen will, die ohnedies arbeitswillig sind, aber wegen ihres Alters kaum mehr eine reelle Chance haben, wieder einen adäquaten Job zu finden, von dem man auch leben kann. Wer ist schon gern arbeitslos? Sicherlich nicht das Gros der Betroffenen, genauso würde ich selber in so einer Situation alle Hebel in Bewegung setzen, schnell wieder arbeiten gehen zu können – und ganz bestimmt nicht vorrangig einen Partner suchen, der mich durchfüttert. Das schwebt mir absolut nicht vor, ich will selbstbestimmt und autark bleiben, komme was wolle… Auch wenn Kurz und Co mir Steine und Felsen in den Weg legen, ich gebe bestimmt nicht auf! Zu kämpfen bin ich gewöhnt!

Noch ist dieses traurige Szenario nicht in Sichtweite, die kommenden Monate werden die Richtung vorgeben. Nichts desto trotz kann man nur den Kopf schütteln, wie diese neue Regierung den Sozialstaat demontieren möchte, der in vielen Jahrzehnten uns Arbeitnehmer geschützt und begleitet hat. Man kann nur hoffen, dass die Landsleute wieder Vernunft annehmen und Neuwahlen in absehbarer Zeit diesem Trauerspiel ein Ende setzen. Ein Lieblingsspruch meines früheren, sadistischen Chefs lautet: Führung bedeutet, den Mitarbeiter so über den Tisch zu ziehen, dass er die Reibung als Nestwärme empfindet. Bei mir ist er diesbezüglich aber kläglich gescheitert, und dieses Scheitern hoffe ich auch für unsere neue Regierung. Damit das Land noch zu retten ist!

 

Vivienne/In eigener Sache

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