Liebe am Arbeitsplatz

Kein Ort ist – oberflächlich betrachtet – so gut geeignet um Liebesbande aller Art zu knüpfen wie der Arbeitsplatz. Statistiken belegen auch beredt, dass gerade im Job „Gelegenheit“ schnell „Liebe macht“ – oder zumindest ein Gspusi. Ob wirklich die große Liebe in der Firma einschlägt, möchte ich dahingestellt lassen. Aber ein – man möge mir verzeihen -. „schneller Fick“ oder ein Seitensprung ergeben sich am Arbeitsplatz sicher recht unkompliziert: man sieht sich jeden Tag, fast öfter wie den Partner oder die Partnerin und erlebt doch keinen richtigen Alltag miteinander. Man versteht sich, man redet sich aus – und landet schließlich im Auto oder auf der Toilette in den Armen des oder der jeweils anderen. Kann schon sein, dass sich aus solchen Begegnungen so was wie die große Liebe entwickelt, ich halte das aber für eher unrealistisch. Wenn man sich auf einmal nicht mehr nur im Unternehmen sondern auch privat ständig sieht, kann es passieren, dass man sich sehr plötzlich auf die Nerven geht.

Vor allem, weil sich halt auch die privaten Gespräche dann ständig um die Firma drehen. In eine Beziehung gehören für mich ganz besonders Freiräume. Ich würde es kaum ertragen, wenn ich auf dem Arbeitsplatz ständig mit dem Partner konfrontiert wäre oder auch die Mittagspause immer mit ihm gemeinsam verbringen müsste. Eigene Kontakte, eigene Freundschaften und eigene Hobbys, die man durchaus nicht immer gemeinsam auslebt, verleihen einer Beziehung erst eine besondere Würze und machen mehr Appetit auf den oder die Liebste/n. Natürlich gibt es durchaus Partnerschaften, die trotzdem bestehen und das sehr gut. Ein Musterbeispiel dafür ist die Ehe meiner eigenen Schwester, die ihren gleichaltrigen Mann in der Firma kennen lernte und seit über fünfzehn Jahren mit ihm beisammen ist – und davon mittlerweile auch fast sechs Jahre verheiratet. Ein sehr klares Gegenbeispiel stellt wiederum die Geschichte einer Bekannten dar, die ihren damals mit einer anderen verheirateten Ehemann in der Firma kennen lernte. Er verließ seine Gattin für sie, man heiratete, aber die Beziehung zerbrach wieder – weil sich der Partner erneut in eine andere Kollegin verliebte. Auch mit der Neuen hat er mittlerweile den Schritt vor das Standesamt gewagt… So kann es gehen, und man müsste ein Prophet sein, um im Vornherein zu wissen, ob eine Liebe am Arbeitsplatz gut geht – oder zum Scheitern verurteilt ist…

Ich selber würde ganz bestimmt nie eine Beziehung am Arbeitsplatz eingehen. In meinem jetzigen Unternehmen ist – offen gesagt – auch die Gefahr nicht wirklich groß, dass ich mich verlieben könnte, schon gar nicht ernsthaft. Die meisten Männer dort sind in einem Alter, in dem sie für mich nie interessant werden könnten. Natürlich gibt es durchaus auch attraktive Kollegen, die sehr gut aussehen, aber – so kann es gehen – für die man dann selber nie für eine Beziehung in Frage kommen würde. Einmal abgesehen davon, dass man sich in bestehende Beziehungen wohl auch nicht drängt – zumindest ist das meine Devise. Mit den Jahren kennt man dann manchen Kollegen so gut, dass man (zumindest in meinem fortgeschrittenen Alter) ganz genau weiß, warum der oder der bei aller Attraktivität nie zu einem passen könnte. Dafür sind dann hauptsächlich Persönlichkeitsmerkmale verantwortlich oder Weltanschauungen, die völlig unvereinbar sind. Ein besonders wichtiger Grund, mich jeder Beziehung am Arbeitsplatz zu verweigern, sind speziell die Erfahrungen einer langjährigen Freundin, zu der ich leider zuletzt etwas den Kontakt verloren habe.

Die damals noch recht junge Frau verliebte sich vor gut fünfzehn Jahren in einen Kollegen. Die Beziehung der beiden dauerte nicht besonders lange, sie scheiterte an einer gewissen Unreife des jungen Mannes, der nicht ehrlich zu ihr war. Auch noch Jahre später erinnerte sich die Freundin mit Bitterkeit daran, wie über sie und ihren ehemaligen Freund geredet und getratscht wurde und dass sie es oft kaum ertrug, in die Arbeit zu fahren. Die Situation war ihr schließlich so unangenehm, dass der Verlust des Jobs fast eine Erlösung aus kaum mehr erträglicher Lage darstellte… Ein sehr wichtiger Aspekt, keine Beziehung am Arbeitsplatz zu knüpfen, ist für mich auch die Tatsache, dass so mancher Mann den Mund über intime Details in der Liebe nicht halten kann. Wenn derartige Dinge, die wirklich nur zwei Menschen etwas angehen, auf einmal im Unternehmen die Runde machen würden, wäre das für mich ein handfester Grund, ein Verhältnis sofort und für immer zu beenden. Ähnlich eskalieren kann eine derartige Beziehung auch, wenn bei einem Zwist der beiden Liebespartner Streitigkeiten über die Kollegen und Freunde am Arbeitsplatz ausgetragen werden aber nicht mehr zwischen den Betroffenen selbst. Und die Gefahr dafür ist extrem groß, vor allem, wenn es elementar an Streitkultur mangelt…

Es ist sicher richtig, dass am Arbeitplatz recht zwanglos Kontakte geknüpft werden können, dass man schnell vertraut ist miteinander und sich auf unkomplizierte Weise ständig trifft. Die Wahrheit ist allerdings, dass der Arbeitsplatz sich auf lange Sicht eher als El Dorado für Gelegenheitsficks und zwanglose Abenteuer anbietet. Ich bezweifle, dass es auf Dauer gut tut, wenn man dem oder der Liebsten in der Firma quasi ständig ausgeliefert ist. Das geballte Gefühl der Nähe würden nicht viele dauerhaft ertragen und es liegt in der Natur der Dinge, dass immer das, was man gerade nicht hat, sehr viel interessanter erscheint. Überlegen sollte man sich einen solchen Schritt auf jeden Fall sehr gut, weil – wie schon erwähnt – beim Scheitern wie bei Krisen ist man der Nachrede und dem Getratsche schon auf fast unerträgliche Art und Weise ausgeliefert. Es gibt sicher sinnvollere Wege, eine Beziehung zu suchen und anzugehen – gerade heutzutage bei all den vielen Medien, die zur Verfügung stehen. Es muss nicht der Arbeitsplatz sein – ganz bestimmt nicht!

© Vivienne

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