Lillys Gedanken zum Grübeln

Ich neige zum Grübeln.
Zum selber Geißeln.
Zermartere mir meinen Kopf.
Seziere Situationen in Gedanken.
Bis in die kleinste Kleinigkeit.
Analysiere.
Kurz.
Ich setze mich mit manchem mehr auseinander.
Als unbedingt nötig.
Und mache mir das Leben dabei oft viel zu schwer.
Denken.
Hinterfragen.
Ins Detail gehen.
Das kann große Schmerzen bereiten.
Seelische Schmerzen.
Über vieles sollte man einmal hinweg gehen.
Und sich dem Ganzen dann widmen.
Wenn man mehr Ruhe in sich trägt…

Ein Sportler muss auch viel analysieren.
Der Fußballer, der den Elfer verschießt.
Im entscheidenden Finale.
Ein Schifahrer, der seiner Form nachläuft.
Material wechselt.
Ein neues Wachs ausprobiert.
Und rätselt.
Warum es nicht mehr geht…
Franz Klammer war einmal in so einer Situation.
Populärster Österreicher.
Schiwunderkind aus Kärnten.
Klammer hatte im Grunde alles erreicht in seiner Karriere.
Olympiasieger in der Abfahrt.
Weltmeister in der Kombination.
Abfahrtsweltcupsieger.
Zwischen 1974 und 1976 fuhr er wie von einem anderen Stern.
Quasi unbezwingbar.
Mit Sekundenvorsprung.
Der scheinbar verlorene Rennen noch umdrehte.
‚Wie die Olympiaabfahrt im eignen Land.

Unfassbar.
Aber Klammer kam in die Krise.
Nur mehr ein Mitläufer.
Bei der Olympiade 1980 nicht mehr berücksichtigt.
Der absolute Tiefpunkt seiner Karriere.
Andere hätten da längst das Handtuch geworfen.
Aufgehört mit dem Schifahren.
Schließlich hatte er doch solche Erfolge zu verbuchen gehabt…
Klammer tat das nicht.
Er war immer ein unbekümmerter Bursch gewesen.
Lebenslustig.
Die Fans standen hinter ihm.
Trotz der harten Bandagen, die er jetzt bekam.
Diese Zeit nagte an Klammer.
Auch wenn er es nie so zeigte.
Aber wie konnte man sich eklatante Rückstände erklären?
Wenn er doch noch immer dasselbe Talent besaß?
Klammer tat das Richtige.
Er dachte trotzdem nie zuviel darüber nach.
Fuhr weiter.
Aus Freude am weißen Sport.
Und für seine Fans…

Schließlich kämpfte sich Klammer zurück in die erste Gruppe.
In der folgenden Saison gewann er gleich das erste Rennen.
Das erste Rennen seit Jahren.
Holte sich noch einmal den Abfahrtsweltcup.
Und seine Gegner zollten ihm nicht nur Respekt.
Sie begannen ihn wieder zu fürchten…
Diese Rückkehr aus dem Nichts hat Klammer erst unsterblich gemacht.
Für mich zumindest.
Fast noch mehr wie sein Olympiasieg.
Den alle von ihm gefordert hatten.
Ganz Schi-Österreich.
Klammer ist heute über fünfzig.
Und er wirkt immer noch wie ein junger Bursch.
Ein beliebter Werbeträger.
Mit Schmäh und Herz.
Und unbekümmert…
Ein Musterbeispiel für jene Philosophie:

Sei ein wenig unkompliziert.
Denk nicht zu viel nach über alles.
Pflücke das Leben, wie es kommt.
Und mach das Beste draus.
Irgendwann kratzt du sicher wieder die Kurve…

Manchmal möchte ich sein können wie er…

Vivienne

Schreibe einen Kommentar