Als Raucher führt man heutzutage kein leichtes Leben. Verbote wohin man blickt und gesund ist der Glimmstängel auch nicht. Bisweilen frage auch ich mich, wohin das noch führen soll mit meiner Raucherei – Lungenkrebs ist im Vormarsch und auch Herz- und Kreislauferkrankungen werden durch Zigarettenduft nicht unbedingt positiv beeinflusst… All das war noch kein Thema, als ich mich mit süßen Siebzehn (Ist es wirklich schon so lange her?) dazu verführen ließ, meine erste Zigarette zu rauchen. Ich war dumm, ich war naiv und vor allem neugierig – aber lassen Sie mich erzählen…
© Vivienne ist im Grunde ihres Herzens ein biederer Mensch. Wenn Sie jetzt die Stirne kraus ziehen und gegen meine Worte protestieren möchten: bitte, ich verstehe Ihre Einwände durchaus. Aber das Bild, das Sie, liebe Leser, von mir haben ist nur eine Facette meiner Persönlichkeit. Im Grunde meines Herzens bin ich ein recht anspruchsloser Mensch, der nicht notwendigerweise im Laster baden muss, um zufrieden zu sein. Wenn ich ehrlich bin, ich kam zum Rauchen selber wie zum Kaffee trinken, durchaus wie die Jungfrau zum Kind. Vor allem also unerwartet. Und natürlich war ein Mann, oder besser gesagt in diesem Fall, ein Bursch in meinem Alter daran Schuld, dass ich mich auf das Rauchen einließ… Den Burschen habe ich im Übrigen schnell aus den Augen verloren, ich würde ihn heute wohl nicht mehr erkennen und trotzdem habe ich seinetwegen zu rauchen begonnen. War es das Wert? Ich weiß es nicht, aber manche Dinge im Leben müssen passieren und sind irreversibel…
Gerhard Dorninger war vor über zwanzig Jahren der Schwarm aller Mädels an der Schule, und ich gestehe, dass auch ich in ihn verschossen war. Ein wenig zwar nur, aber ein Blick in seine dunklen Augen, aus denen immer der Schalk zu blitzen schien, machte auch mir weiche Knie. Unverschämt gut sah er aus, und seine Freundinnen wechselte er häufiger als andere die Unterwäsche. Ehrlich gesagt, auch ich träumte bisweilen davon, dass er mir etwas mehr Aufmerksamkeit schenken würde, aber die Auswahl für den jungen Mann war groß und für ein pummliges Mädchen wie mich hatte er schon von vornherein nichts übrig. Das ist mir heute völlig klar, aber damals schenkte ich Gerhard mehr als nur einen sehnsüchtigen Blick…
Dass Gerhard doch einmal aufmerksam auf mich wurde, hatte einen einzigen wie ziemlich simplen Grund. Gerhard hatte erfahren, dass ich mit Sabrina, einem gut aussehenden Mädel aus der Parallelklasse, über sieben Ecken verwandt war. Auf die hatte er es abgesehen, was ich damals nicht ahnte, und Gerhard hatte nicht die geringsten Skrupel, sich ungeniert an mich heran zu machen um ein wenig mehr über Sabrina zu erfahren und vor allem ihre Telefonnummer zu bekommen… Ich war völlig aus dem Häuschen wegen Gerhards unerwartetem Interesse und benahm mich deswegen ziemlich daneben. Die meisten wussten, worum es dem Schönling wirklich ging, aber ich träumte von der großen Liebe und dem ewigen Glück mit dem schönsten Burschen, den ich je kennen gelernt hatte…
Gerhard lud mich schon bald nach der Schule in ein Kaffeehaus ein und ich war so eingenommen von ihm, dass ich gar nicht registrierte, dass er mir bei Kaffee und Kuchen vor allem Fragen zu Sabrina stellte. Welche Hobbys sie hätte, ob sie einen Freund hätte und welche Blumen ihr am besten gefallen würden… Ich beantwortete offen alles, was er wissen wollte und als mir Gerhard schließlich zufrieden grinsend eine Zigarette anbot, zögerte ich nur eine Sekunde. Dann steckte ich die Zigarette zwischen die Lippen und Gerhard zündete sie mir an. Schnell begann ich zu husten, ich inhalierte zwar instinktiv nicht richtig, aber der Rauch zog mir ständig in die Nase, und das machte mir zu schaffen. Gerhard grinste als er mir bei meinem unbeholfenen „Rauchversuch“ zusah und amüsierte sich köstlich. Natürlich hatte er erkannt, dass ich keine Ahnung vom Rauchen hatte, entgegen allen Beteuerungen von mir zuvor.
Schließlich zahlte Gerhard und wir trennten uns wieder, ich war ganz selig und der hartnäckige Husten, den ich danach bekam, störte mich zunächst nicht. Später im Bett träumte ich aber wirr und als ich morgens durch den Wecker unsanft aus dem Schlaf gerissen wurde, verspürte ich nicht nur einen ekelhaften Geschmack im Mund, so, als hätte ich einen vollen Aschenbecher leer gegessen. Mir ging plötzlich auch ein Licht auf, warum Gerhard wirklich mit mir auf einen Kaffee gegangen war. Natürlich, Sabrina interessierte ihn, und nicht ich und ich fühlte mich gleich noch schlimmer. Mir war so schlecht, und außerdem fühlte ich mich ausgenutzt und für dumm verkauft… Gerhard würdigte mich nach diesem kurzen Date keines Blickes mehr, was mir meine Theorie nur bestätigte. Aber Sabrina selber ließ den eitlen Gerhard auch abblitzen, sie ging schon länger mit einem Studenten und hatte keine Augen für den kleinen Casanova, der Gerhard im Grunde war. Ich selber kaute ein paar Tage an meiner Naivität aber die erste Zigarette hatte mir Lust auf mehr gemacht. Ab und zu eine Zigarette geschnorrt hielt ich diese Begierde am Leben und als ich endlich selbst verdiente, mutierte die Lust zum Laster – und das ist sie heute noch!
© Vivienne