ROCK- UND POP-LEXIKON
von Vivienne – Mai 2004
Cyndi Lauper
Vor Beginn der 80er Jahre sah es ziemlich dürftig aus, was Frauen in der Rock- und Popbranche betrifft. Die heute weniger bekannte Pat Benetar, eine emsige Sängerin von Top-Ten-Hits stand ziemlich allein da auf weiter Flur. Fast zeitgleich mit ihrem letzter Single-Hit We belong erschien Cyndi Lauper auf der Bildfläche, und das mehr als ungewöhnlich: wie ein erfrischender und beherzter Griff in den Farbtopf. Eine wild auftoupierte, grell leuchtende Haarpracht, großmaschige Netzstrümpfe und ein selbstbewusstes Mundwerk machten sie 1984 schlagartig bekannt: „Girls Just Want To Have Fun“ hieß ihr femininer Kampfruf, der sie in Europa und den USA an die Spitzen der Charts katapultierte und von einer ganzen Generation von Mädchen zur siegesbewussten Hymne auserkoren wurde.
Und das obwohl die am 22. Juni 1953 in Queens/New York geborene Sängerin und Songwriterin zu dem Zeitpunkt im Grunde auch kein Teenager mehr war. Trotzdem verkaufte sich Cyndi Laupers Debutalbum „She’s so Unusual“ ein paar Millionen Mal, und das in kurzer Zeit. Nicht zu Unrecht, denn mit „She Bop“, „Time After Time“ und, und, und befinden sich jede Menge toller Songs drauf, die auch heute noch gut im Ohr klingen. Selbst Prince höchstpersönlich steuerte einen Song zum phänomenalen Erfolg bei: When You were Mine.
Im Nachhinein betrachtet war wohl fast jeder Songs auf dem Erstlingswerk der schrillen Dame hitverdächtig. Fünf Songs schafften es letztlich in die Billboard Charts, vier in die Top Five, darunter eine Nummer eins: Time After Time. Was damals kaum einer wirklich fasste: keine Frau zuvor war je so erfolgreich als Single- wie Albumkünstler gewesen, und das noch dazu gleich beim Debüt. Cyndi ebnete damit ihren Pop-Schwestern den Weg in die Charts und zum Erfolg. Die Musik von Frauen wurde danach einfach ernster genommen, wovon ihre Nachfolgerinnen wie speziell Madonna, Whitney Houston und in der Folge etwa auch Janet Jackson enorm profitierten.
Cyndis großer Erfolg wurde mit dem Grammy als Beste Nachwuchskünstlerin belohnt. 1986 erschien dann das Nachfolgealbum „True Colors“. Damit löste sich Cyndi gezielt vom grellen New-Wave Image vergangener Tage und beeindruckte ihre Fans mit einfühlsamen Balladen wie dem Titeltrack. Der kommerzielle Erfolg blieb allerdings unter den Erwartungen. Nur noch die Single Change of Heart erreichte in den USA die Top Five Position. Die Fans nahmen das gereifte Album der Sängerin nicht so bereitwillig an sondern folgten lieber Madonna und Co.
Damit begann auch der Stern der New Yorkerin in der Folge zu sinken. Ungleich dem zweiten weiblichen Superstar aus den USA, Madonna, die sich nachhaltig im Pop-Business etabliert, kehrte Lauper für einige Zeit wieder in den New Yorker Untergrund zurück, wo sie in den späten 70ern auch ihre ersten Schritte auf dem Weg in die Charts gemacht hatte. Bemerkenswert in den 80er Jahren noch ein Duett mit den Hooters und die Zusammenarbeit mit Billy Joel, der der Song Code of Silence entstammte. Ihre Filme, etwa mit Jeff Goldblum und Peter Falk, floppten total.
Die folgenden Alben „A Night To Remember“ (trotz des Single Hits I Drove All Night) und „A Hat Full Of Stars“ begeisterten weder Fans noch Kritiker wirklich. Lange Zeit tat sich bei Cyndi nichts Weltbewegendes, erst 1997 erspielte sie sich mit „Sisters Of Avalon“ wieder ein Stammpublikum. Im neuen Jahrtausend folgte die CD „Shine, mit der Cyndi auch auf Tour ging. Im letzten Jahr erschin das bislang letzte Album, At Last, auf dem die immer noch attraktive Künstlerin alte Klassiker wie „La Vie En Rose“ von Edith Piaf oder „Unchained Melody“ von den Righteous Brothers coverte.
Es scheint, dass so die Karriere einer großartigen Sängerin unspektakulär ausklingt. Außer Madonna hat kaum ein 80er Star erfolgreich das 21. Jahrhundert begangen. Ähnlich wie der kürzlich vorgestellte Paul Young ist Cyndi Lauper ein typisches Kind der 80er Jahre, das während der folgenden Jahre anderen Gesichtern und Stimmen Platz machen musste. Ihre Bedeutung für das Selbstbewusstsein der Frauen in der Musikwelt ist trotzdem unbestritten, aber selber konnte sie keinen wirklichen Vorteil daraus ziehen. Leider.