Neue Bohnen Zeitung


von Vivienne  –  September 2004



Impressionen
Angler unter sich

Wunderbarer Spätsommertag.
Leuchtender blauer Himmel.
Kaum ein Wolkchen zu sehen.
Wer da in den vier Wänden bleibt, ist selber schuld.
Mich zieht es wieder an die Donau.
Schwäne füttern.
Seele baumeln lassen.
Nachdenken.
Abstand gewinnen.
Von all dem, was manchmal Kummerfalten macht.
Mein Stammplatz ist besetzt.
Viele Leute sind heute unterwegs.
Radfahrer.
Spaziergänger.
Erholungssuchende.
Ich setze mich auf die großen Steinbrocken an der Bootsanlagestelle.
Aus der Jackentasche hole ich ein Semmerl.
Mit dem beginne ich die Vögel zu füttern.
Auch viele Enten sind da.
Ein paar Meter neben mir haben sich ein paar Angler niedergelassen.
Ihre Angelruten mit den Nylonschnüren haben sie geschickt am Boden festgemacht.
So lässt sich allerhand daneben erledigen.
Oder auch nur die Natur genießen.
Bevor der erste Fisch beißt.
Ich sehe einem der Angler zu wie er geschickt den kunstvoll gebauten Köder an der Schnur anbringt.
Scheinbar mühelos, aus dem Handgelenk heraus, wirft er dann aus.
Weit zieht sich der Nylonfaden in die Donau.
Irgendwann verliert er sich im Blassblau des Stromes.
Dann befestigt er die Angel noch einmal am Untergrund.

Ich widme mich wieder dem Treiben am Ufer.
Es ist allerhand los.
Die Schwäne streiten zum Teil heftig untereinander.
Zwicken sich in den Hals.
Reißen sich Federn aus.
Plötzlich lässt mich ein leises Klingeln aufhorchen.
Tatsächlich.
An jener Angel dort tut sich was.
Schnell ist der Angler da.
Er trägt nur eine dunkle Short, die vor seiner Bauchwölbung manchmal kapituliert.
Behende ergreift er seine Angelrute.
Ein junger Bursch, vielleicht 12 Jahre alt, steht mit einer Art Netz neben ihm.
Ein Casher, so nennt der Angler dieses Gerät.
Der Bursch ist sein Neffe.
Das stellt sich nachher heraus.
Der Mann hat da einen Kapitalfisch an der Angel.
Ich sehe die Beute zwar nicht.
Aber der Angler hat sichtlich große Mühe.
Jeder Zentimeter, den er seinem Fisch abkämpft, ist bald wieder verloren.
Der Karpfen kämpft nämlich um sein Leben
Und das mit aller Energie.
Mittlerweile ist der Bruder des Mannes aufgetaucht.
Lässig gibt er dem kämpfenden Mann ein paar Tipps, wie er des Fisches habhaft werden könnte.
Aber der Angler wird nur grantig.
Hält seinem Bruder eine Predigt, während er mit dem Fisch ringt.
Faselt etwas von einer 20m-Leine.
Ich verstehe nur Bahnhof.

Jede Menge Schaulustige.
Viele Leute säumen jetzt das Ufer.
Beobachten den Kampf Mann gegen Fisch.
Fast eine Großwildjagd.
Ich spürte wie mich die Spannung erfasst.
Die Stimmung an der Donau ist nun nebensächlich.
Nun hat der Angler den Karpfen doch sehr nah ans Ufer gebracht.
Die Leine ist kurz.
Der Fisch ist müde geworden…
Plötzlich zuckt eine mächtige Schwanzflosse aus dem Wasser.
Ein letztes Aufbäumen.
Was für ein Riesenfisch!
Noch ein paar Augenblicke kämpft der Fischer.
Dann hat er die Beute in den Casher gezogen.
Den hält mittlerweile sein Bruder.
Der Bursch wäre wohl damit überfordert gewesen.
Triumphierend wird der Casher gehoben.
Ich erwarte Beifall, aber die Leute nicken nur anerkennend.
Die Menge zerstreut sich wieder.
Ich begebe mich nun zu den Anglern und werfe einen Blick auf das Tier.
Riesengroß.
Mindestens sieben Kilo.
Der Bauch ist prall gefüllt mit Laich.
Ein Weibchen.

Frau Karpfen wird nun in einen eigenartigen Zylinder aus Netz gelegt und ins Wasser gelegt.
Befestigt am Ufer soll er in dem Behelf noch eine Weile leben.
Ich komme mit dem Angler ins Gespräch.
Er erzählt mir, dass er aus Linz ist.
Der Karpfen ist seine größte Beute heuer aus der Donau.
Normalerweise fischt er aber lieber im Altarm der Donau.
Weiter hinten.
Und seine heutige Beute möchte er vielleicht sogar lebendig mit heim nehmen.
Sein Freund hat eine Fischzucht.
Der Fisch wäre ein wertvolles Zuchttier…
Weihnachtskarpfen oder doch Stammmutter einer neuen Generation?
Frau Karpfen weiß noch nicht, was auf sie zukommt.
Unklar, was sie bevorzugen würde.
Noch zuckt sie wenig in ihrem Gefängnis.
Der Schock war zu groß.
Der Kampf kräfteraubend.
Schnell kann es gehen, denke ich…

Vivienne

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