Sprung ins Ungewisse – Teil 24

Geli blickte Meier ins Gesicht.
Sie wirkte ratlos.
Ich habe das in meinem Posteingang gefunden.
Heute morgen.
Ich habe keine Ahnung was das soll.
Ich habe dem Typen nie geschrieben.
Wer ist das überhaupt?
Otto Körner?
Hat der etwas mit uns zu tun?
Meier las sich die Mail mehrfach durch.

Hallo!
Kennen wir uns?
Wovon reden Sie überhaupt?
Vielleicht klären Sie mal, wenn sie gemeint haben…

Otto Körner…

Sein Blick wanderte zwischen Geli und der ausgedruckten Mail hin und her.
Immer wieder prüfte er das Datum der Ursprungsmail.
Abgesandt, als die Steyrer mit Dr. Schießer unterwegs war.
Von ihrem PC aus.
Unübersehbar.
Meier dachte kurz nach.
Ein paar schnelle Gedanken…
Da will ihr jemand was anhängen.
Mobbing vielleicht.
Oder sogar wahrscheinlich…
Meier versuchte ruhig zu bleiben.
Er wandte sich an Geli.
Vielleicht ein schlechter Scherz.
Aber gut, dass du es mir gesagt hast…
Das muss man klären.
Und…
Meier sah Geli fast beschwörend an.
Niemand verdächtigt dich.
Es besteht kein Grund, das zu glauben…

Meier wandte sich ab.
Sein Gesichtsausdruck wurde fast ärgerlich.
Wie er das bloß den Chefs beibringen würde.
Was, wenn…?
Die Steyrer zur Arbeiterkammer lief?
Der Teufel würde los sein hier.
Wenn die Kollegin auf die Barrikaden stieg.
Vor allem jetzt.
Wo Dr. Schießer sie aufbauen wollte.
Selten hatte Meier seinen Chef so euphorisch gesehen.
Wie neulich, nach der Rückkehr von Berlin.
Mit dem tollen Vertrag in der Tasche.
Meier kannte Schießer gut.
Der würde so eine Sache persönlich nehmen.
Die Sachlage ist klar.
Eine gute Mitarbeiterin soll in Misskredit gebracht werden.
Aber den oder die Leute werden sich anschauen.
Meier, Sie werden das klären.
Und zwar bald…
Genau das würde Schießer sagen.
Das oder Ähnliches.
Wer zettelte so was an…?
Nie zuvor hatte es so etwas hier gegeben!

Hannes war zusammengezuckt.
Geli war eine halbe Stunde fast beim Kollegen gestanden.
Und dann sehr nachdenklich an ihren Schreibtisch zurückgekehrt.
Ihr Gesicht drückte Skepsis aus.
Hannes begann zu schwitzen.
Sie hat etwas entdeckt.
Hatte sie ihre gesendeten Mails durchgesehen?
Rein zufällig?
Oder…?
Die letzten Tage hatte er sich immer zu beruhigen versucht.
Niemand wird etwas merken.
Wahrscheinlich wird Geli ihre Mails regelmäßig löschen.
Wie er auch.
Wie die meisten.
Wichtige Mails druckt man aus.
Damit man auf sie zurückgreifen kann.
Nur darum hatte er nichts selber unternommen.
Es wäre nur aufgefallen.
Hätte er sich an Gelis PC zu schaffen gemacht.
Warum schlafende Hunde wecken?
Hannes presste die Lippen aufeinander.
Die ganze Idee war eine Schnapsidee gewesen.
Jetzt war ihm das klar geworden.
Wo ihm dieser Racheplan auf den Kopf fallen konnte.
Jederzeit.
Nach zehn Jahren in der Firma.
Fristlos?

Er schloss die Augen.
Ballte die Fäuste.
Mechanisch griff er nach dem Kaffee.
Nahm einen Schluck.
Hannes atmete durch.
Tief und schwer.
Ganz ruhig.
Er selber hatte nichts getan.
Es würde schwer sein, ihm das Gegenteil zu beweisen.
Und Alexa durfte nicht reden.
Nein.
Wenn sie redete, war ihre Zeit hier auch beendet.
Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen.
Alexa hatte auch etwas zu verlieren.
Vielleicht nicht so viel wie er.
Aber eine fristlose Entlassung war nicht ohne.
Es würde sicher schwierig werden.
Danach wieder einen anspruchsvollen Job zu finden.
Für sie wie für ihn.
Alexa würde sich hüten zu reden.
Von sich aus.
Sie hatte zu viel zu verlieren.
Hannes nahm einen zweiten Schluck.
Natürlich würde man Fragen stellen.
Aber er würde einfach von nichts wissen.
Mein Name ist Hase…
Das Telefon läutete.
Hannes griff nach dem Hörer.
Schob seine Gedanken weit weg…
Herr Golding! Grüß Sie…

© Vivienne

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