Eigene Gedanken zu den Beiträgen „Warum lässt Gott das zu?“ von © Sarkastika und Chefschlumpf
Meine Kollegen © Sarkastika und Chefschlumpf haben mit zwei gleich getitelten Beiträgen mit kontroversellen Aussagen hier in der Bohne für heftige Diskussionen gesorgt. Gott -kann es ihn geben? Ist die Natur, ist das Weltall nicht durch Zufall entstanden? Urknall, und dann ging alles seinen Lauf? Nun, vielleicht, mit Sicherheit vermag niemand von uns das Ganze weder zu bestätigen noch das Gegenteil beweisen zu können. Das Wort „Glaube“ trägt es schon in sich. Glauben heißt so viel wie nichts wissen. Oder ich würde es als Poetin so formulieren: Glauben heißt mit dem Herzen wissen, aber das Herz, liebe Leser, kann uns alle narren, und das Leben lehrt uns immer wieder, dass man nichts mit Sicherheit weiß. Wer wüsste das besser als ich, die ich immer ein sehr abwechslungsreiches und durchaus hartes Leben geführt habe…
Ehrlich, wirklich schlimme Krankheiten haben mich bisher verschont, bis jetzt, wenn überhaupt, dann leidet oft meine Seele, und die lässt sich nicht mit Salben und Pillen heilen. Die Depression ist das Ergebnis des Übergriffs eines Perversen, der mich im Alter von sieben Jahren massiv sexuell belästigt hat. Von dem Trauma habe ich mich lange nicht erholt und ich war über Jahre nicht in der Lage überhaupt darüber zu sprechen. Mein Körper wurde durch die leidende Seele verformt, ich fraß mir einen Schutzpanzer auf die Seele, mit dem Ergebnis, dass ich trotz unterschiedlicher Anläufe abzunehmen nie wirklich schlank sein werde. Kann das einen Sinn haben? Die Frage drängt sich durchaus auf. Wäre das Ganze nicht passiert, wäre ich damals, an jenem Freitag nach der Schule ein wenig früher heimgegangen – ich wäre sicher eine andere. Und ziemlich wahrscheinlich würde ich heute nicht hier am Laptop sitzen und meiner Lieblingsbeschäftigung nachgehen, dem Schreiben für die Bohnenzeitung. Denn ich wäre wohl eine selbstsichere, stabile Frau, vielleicht hätte ich auch Kinder, einen Ehemann, eine Familie. Aber das sollte wohl nicht sein…
Vielleicht wäre ich auch ein Ekel, eine arrogante, eingebildete Person, wenn ich wäre, wie ich sein hätte können. Ich habe oft über den Sinn meines Lebens nachgedacht, ich habe auch schon nachgedacht es wegzuwerfen – aber eines Tages wurde ich mir eines interessanten Faktums bewusst. Mein Vater war vor der Ehe mit meiner Mutter schon einmal verheiratet gewesen. Mit dieser Frau hatte er drei kleine Söhne, einer davon verunglückte bei einem tragischen Unfall. Die Frau erkrankte bald darauf an Leukämie und starb elendiglich… Was für einen Sinn hatte diese Tragödie wohl? Nun, sie hatte einen Sinn, der eigentlich ganz offen dalag: wäre diese Frau nicht gestorben, gäbe es mich nicht, zumindest nicht in der Form. Also war der schlimme Tod dieser bedauernswerten Frau nicht völlig ohne Bedeutung: ich verdanke ihm meine Existenz, und in der Folge meine jüngeren Geschwister auch.
Der Sinn unseres Lebens, er enthüllt sich nicht sofort, manchmal auch erst nach vielen Jahren. Ich glaube ganz fest an eine gewisse Vorbestimmung unserer Existenzen und bin davon überzeugt, dass nichts rein zufällig passiert. Natürlich haben wir in einem gewissen, großzügigen Rahmen die Möglichkeit uns zu bewegen, aber ich denke, unserem „Schicksal“ werden wir nie entkommen, selbst wenn wir es mit Brachialgewalt versuchen würden. In dieser Philosophie betrachte ich auch mein Leben und um ehrlich zu sein, ich habe nicht den geringsten Zweifel daran, dass meine Arbeit für die Bohne, meine Leidenschaft zum Schreiben vorbestimmt waren. Ich hatte immer ein gewisses Talent aber ich ließ es brach liegen, viele Jahre sogar. Aber ich kann mich noch genau erinnern, als ich wieder anfing zu schreiben… Es war die Geschichte von „Philip, dem feuerroten Kater“, den ich damals für meine Nichte Daniela verfasste. Ohne Übertreibung: die Idee dazu befiel mich geradezu, und ich konnte nicht mehr aufhören zu schreiben…
Chefschlumpf schildert in seinem Beitrag die Geschichte der kleinen Emely, die ihr ganzes Leben fast schwer krank gewesen war. Welch einen Sinn hat so ein kurzes Leben voller Leid? fragt er in seinem Schmerz. Man hat Tränen in den Augen, wenn man von so einem Schicksal liest und doch, ich könnte nicht sagen, welchen Sinn der furchtbare Tod dieses Kindes hat. Ich weiß es nicht, ganz klar, alles andere würde wohl auch zynisch klingen – ich sagte es schon: was weiß man schon mit Sicherheit? Aber ich habe in meinem Leben gelesen und neue Sinnhaftigkeit gefunden, die mir Jahre verborgen war, aber die mich auf den richtigen Weg führte: nach der Erfahrung schlimmen Unrechts in neue Freuden und neuen Frohsinn, neue Freunde und bescheidenes Glück. Und ich glaube, in jedermanns Leben lässt sich ein Sinn finden, nachlesen… auch wenn es nicht immer einfach ist.
Ich erwarte mir von Gott nicht, dass er mein Leben behütet – bei sieben Milliarden anderen Menschen schiene mir auch ein göttliches Wesen überfordert. Und wenn, dann müssten wohl ärmere Länder mit hungernden Menschen Vorrang haben. Ich denke, Gottes Geschenk ist der Rahmen in dem wir uns befinden und in dem er indirekt unser Dasein leitet, uns aber vor allem auch im Wesentlichen freie Hand lässt. Schwere Krankheiten sind ein Faktor, den man sicher nicht beeinflussen kann. Manches trägt man in sich, aber ob es ausbricht, hängt auch von der Umwelt, von unseren Lebensumständen ab. Gottes Existenz würde ich trotz des Chaos auf unserem Planeten nicht in Frage stellen. Sein Ist-Zustand (der des Planeten) ist das Ergebnis unseres jahrtausendelangen Wirkens darauf. Es waren bestimmt nicht die Tiere, die ihn ruiniert haben, das kann man mit Sicherheit ausschließen. Der Mensch selbst ist es, der die Geschichte der Erde schreibt, und ziemlich sicher auch die von ihrem Untergang – falls uns nicht doch ein Meteorit zerstört. Ob das von Gott gewollt ist, das weiß ich nicht, aber ich gehe davon aus, dass er es nicht verhindern wird. Die Erde ist unser Spielzeug, wir selber sind kleine, unbedeutende Kreaturen auf dem blauen Planeten und wir leben unser Leben auch weitestgehend ohne Gott…
Zurück zur ursprünglichen Thematik: Ich denke, mein Dasein hat durchaus einen Sinn, weil ich im Leben der Menschen, die mir lieb und teuer sind, Spuren hinterlasse und hinterlassen habe… Aber natürlich weiß ich es nicht, natürlich wünsche ich es mir, aber Beweise habe ich keine. Es kommt auch nicht auf die Beweise an, sondern auf das, was ich fühle und – ich sagte es schon – auf das, was ich mit dem Herzen weiß. Das Leben ist zu kurz, um es dem Zufall zu weihen…
© Vivienne