Wo ist Bambi? – Schlumpfenland ist überall

Kriegsgerichts-Spruchkammer, Komando Nord, (Kundus), im Nachfolgenden Kammer genannt.
Die Kammer kommt nach ausführlicher Prüfung der Tatsachen zu folgender Ansicht der Vorgänge im abschließenden Bericht.
Die Kammer kommt zudem, zu abschließender Beurteilung im Falle des Soldaten Hauptfeldwebel Herbert Förster:

Bambi blickt ihn stumm an. Ja, dieser Vergleich war ihm sofort eingefallen. Waren es nicht diese Rehaugen einer Walt-Disney-Filmfigur, die ihm schon damals in seiner Kindheit, dieses Spiel, Liebe genannt, gewahr werden ließ?
Ihre Hände, schmalgliederig, die Bräune ihres Teints wiedergebend, berühren ihn wie beiläufig.
Bambis Augen spiegelten schon immer eine gewisse Leidenschaft, so versucht er es sich einzureden.

Kammer: Die Umstände, in aller Tragik, wurden wie nachfolgend gewürdigt.

„He, Hauptfeld, Du wirst es nicht glauben. Wir haben es aus ganz sicherer Quelle, für dich ist dieser Scheißkrieg im Sack und obendrauf gibt’s noch ne dicke Beförderung. Du wirst den Staber einfach überspringen und direkt zum Oberstaber ernannt. Der Airbus wird dich morgen in Kabul aufnehmen. Wir müssen nur fingern, wie wir dich auch pünktlich dahin schaffen.“

Aha, Oberstabsfeldwebel. Natürlich, er würde den Stabsfeldwebel einfach überspringen dürfen. Ja, so machten sie es immer.

Kammer: Die Anwesenheit von Kombatanten war trotz ausführlicher Berichte von derTruppe Zugewandten, zum Zeitpunkt des Vorstoßes der Patrouille nicht vorhersehbar.

Nicht vorhersehbar? Nein, nicht vorhersehbar. Aber auch nicht unvorhersehbar, das wusste man auch vorher schon.

Leutnant Fischer, der „Finger im Po“, war an sein Bett getretten. Hinter seiner grinsenden Fresse konnte er Schlüter und Kofi Anan erkennen. Obwohl ihm der Leutnant mit seiner riesigen Gestalt beinahe die Sicht verstellte, waren Hauptmann Schlüter und der Sanitäter mit der Bronzehaut und dem Ziegenbart, gar nicht zu übersehen.

Bambi öffnete seine Augen und es wurde ihm sofort sehr warm ums Herz.

Fischer, der wohl liebenswürdigste Kerl unter all diesen, teils verkniffenen „Gestalten am Arsch der Welt“, hatte sich damals bei ihnen vorgestellt.
Er war vor den Zug getreten und dreißig Augenpaare verfolgten das, was sich ihnen dann so darbot.
Es war da noch an Schlüter, diesen Kerl in seiner aufs feinste gebügelten Uniform als seinen Nachfolger vorzustellen.

Kammer: Beim Ausrücken der Patrouille in den Morgenstunden, herrschte, jahreszeitlich bedingter dichter Nebel, was unbedingt den Zweck der Operation begünstigt hatte. Anstelle der vorgeschriebenen Anwesenheit eines Übersetzers, wurden ausdrücklich derer Zwei verpflichtet. Die Zielorte der Operation waren vorher schon durch einen Drohneneinsatz der Allierten (hier der US-Airforce) durch Infrarot-Markierungen an den beidseitigen Berghängen klar gekennzeichnet.

Fischer, da schon zur Beförderung zum Oberleutnant vorgeschlagen, hatte demnach „ein Jahr Afgha eigheimst“, bislang die wohl beste Empfehlung zum Aufstieg auf die Erfolgsleiter in den Himmel allen Militärischens.

„Leute, wir sind hier, beinahe von aller Welt vergessen, am Arsch der Welt. Und, was der Hauptmann hier, verzeih mir Kamerad Schlüter, gerade vergessen hat zu erwähnen, ich fühle mich seit heute Morgen sogar, als „der Finger im Arsch der Welt“!“
Er hatte in sich hineingelacht und dabei auf sein überdimensionales Riechorgan gedeutet, was er wohl somit sprachlich zu seinem Finger umgedeutet haben wollte.

Was wohl als möglicherweise gut gemeinte Auflockerung der Angetretenen gedacht war, ging dabei sowas von voll in die Hose. Und die versteinerten Minen der Soldaten und der drei Soldatinnen im Zug erzeugten in ihm beinahe Brechreiz.

Bambi nestelte da unten irgendwie und irgendwo. Er schloss die Augen. Tadschikin? Wo standen die eigentlich? Feind? Freund? Unparteiische?

Kammer: Bei Annäherung der Patrouille ans Zielgebiet wurde zunächst der Gefährdungsstatus IED (Improvised Explosive Devices) abgeklärt. Infolge kam es zu Kontakten zur Zivilbevölkerung. Von beiden Übersetzern wurde der Kontakt als zunächst noch friedlich bezeichnet.

Wenn du glaubst, Fischer, wir sehen dich hier als Hengst im Karpfenteich, dann hast du dich aber voll geschnitten. Na, das fing ja schon gut an. Ein karrieregeiler Leutnant auf der untersten Stufe der Offiziersstiege zur Generalität, tritt vor dem Zug an und versucht, sich mit kumpeligem Gewäsch bei seinen Untergebenen einzuschleimen.

Bambi, du wirst es nicht für möglich halten, aber, du tust mir gut.

Kammer: Bei Abwicklung des Kontaktes mit der einheimischen Bevölkerung kam es zu einem Zwischenfall, der, wenn man die überaus gespannte Lage nach Ausschaltung zweier Armee-Tanklastwagen und einer noch nicht vollends geklärten Anzahl von feindlichen Kämpfern durch die befreundeten Luftstreitkräfte (hier der US-Airforce) berücksichtigt, sich so erklärt:
Forderungen wurden gestellt. Es ging um einen ganz konkreten Betrag, der aber durch die Unvergleichbarkeit der Landeswährungen mit dem Euro, hier der Einfachheit halber mit 2.000 Euro (in Worten zweitausend Euro) angesetzt werden kann.

Es gab da mal einen ähnlichen Zustand für ihn. Seine damalige Freundin Ilona, sie kannten sich erst ein paar Tage, berührte seine Brust. Es war Sommer und er hatte sein Hemd lediglich um die Schultern geschlungen und sie einfach wortlos in den Arm genommen. Sie war nur ganz leicht zurück gezuckt. Doch dann hatte sie über seine Brustbehaarung gestreichelt.
Nun aber, war alles ganz anders.
Fühlt es sich so erst an, wenn man tot ist?
Bambi, was genau fühlst du nun dabei?

Kammer: Durch den schon vom Vortrupp eingesetzten Sprengstoff-Suchhund wurde zunächst Alarm gegeben. Die Patrouille handelte gemäß den Anweisungen des Truppführers, Oberleutnant Fischer. Fächerförmig wurde ausgeschwärmt, dabei die Zivilisten durch einfache Ansprache zurück gedrängt. Der Hauptfeldwebel Herbert Förster näherte sich den Dienstanweisungen gemäß dem vermutlichen Sprengsatz, der sich dann aber lediglich als, von der Bevölkerung selber zuvor verlegtes Verlängerungskabel zu einer entfernteren Behausung heraus stellte. Zu weiteren Forderungen von seiten der Dorfältesten kam es dann auch nachfolgend nicht mehr. Von beiden Übersetzern wurde zu sofortigem Abmarsch geraten. Fragen nach weiteren elektrischen Installationen, die den Verdacht auf Sprengfallen begründet hätten, konnten oder wollten von der Bevölkerung nicht beantwortet werden.

„Um dir den Abschied zu versüßen, Herbert, haben wir uns gedacht, wir schicken dir Bambi ins Krankenbett. Vielleicht kommen ja dann endlich mal wieder ein paar Gefühle auf.“
Kofi, grinsend wie ein Honigkuchenpferd, hatte auf eine junge Frau in seinem Gefolge gedeutet.

Oh ja, Bambi, das tut gut! Berühre meine Hände. Du glaubst gar nicht, wieviel mir Berührungen, oder sind es Liebkosungen, bedeuten können. Ist es nicht seltsam, dass ich erst jetzt dieses alles für mich entdecke?

Kammer: Der für die Kampfmittel-Beseitigung speziell ausgebildete Hauptfeldwebel Herbert Förster sollte weitere, durch den Gegner oder dessen Kombatanten positionierte „second IDE“ aufklären. Seine Maßnahmen förderten einen Sprengsatz mit genauer Zielrichtung Straßenmitte zutage. Die Sprengladung kann mit etwa 200 Gramm Sempex angegeben werden. Weiterhin enthielt die Rohrbombe etwa drei Kilogramm Metallschrot. Die röhrenförmige Struktur war sehr gut mit Baumrinde getarnt und es ist mehr als gewiss, dass der vom Triggermann ausgelöste Funkauslöser entweder streikte oder der durch den von Hfw. Herbert Förster am Mann getragene Störsender das Auslöse-Signal unterdrückte.

Bambi, weißt du, an wen du mich erinnerst? Nein, kannst du ja gar nicht. Obwohl du ja ganz genau weißt oder wissen kannst, was mich an deinen Busen drängt. Ja, meine Mutter war, wie ja bei wohl allen Männern, mein erster Sexueller Kontakt. Wohl so auch von der Natur genau geplant. Was sagst du denn dazu?
Dein Geruch?
Betörend!

Kammer: Der an der Spitze des Konvoys fahrende Spürpanzer vom Typ Wiesel mit Bodendurchdringungsradar setzte dann in Richtung Brücke über den Bach vor und erspürte auch direkt hinter dem befestigten Teil des Überganges ein verdächtiges Echo.

Beine, Bambi, streichle meine Beine! Du hast so zarte Finger, bitte lass nicht nach.

Kofi Anan, alle nannten ihn so wegen seiner absoluten Ähnlichkeit mit dem früheren UN-Boss, nähert sich. Männerpranken unterbrechen seine Träume. Plötzlich ist Bambi weg. Wo ist Bambi?
Männerfäuste packen ihn auf die Trage. Kofi Anan, woher, sagtest du, kam dein Vater? Nigeria?

„Hauptfeld Schröder, es war verdammt schön, dich kennen gelernt zu haben.“
Kofi, du alter Sanifritze, es wäre schön, wenn du mich mal zuhause besuchen würdest. Und weisst du was, bring doch einfach Bambi mit. Sie hat so zarte, weiche Finger.

Kammer: Die Stärke des Echos lies zweifelsfrei eine in etwa zwei Metern Sand vergrabene Sprengfalle vermuten. Die Ladung darf mit großer Sicherheit um die fünfzig Kilogramm geschätzt werden. Hfw. Schröder schritt, den Spürhund kurz haltend, die Distanz zum Spürpanzer neben dem Fußweg ab und querte dabei den, jahreszeitlich bedingt, ausgetrockneten Bach. In etwa der Mitte des Flußlaufes blieb der Hfw. stehen, so übereinstimmende Aussagen der etwas ferner Wartenden. Es ist zu vermuten, dass der Spürhund angeschlagen hatte. Weiterhin ist den Aussagen der befragten Bundeswehr-Angehörigen (Protokolle liegen in Kopien bei) zu entnehmen, dass für alle Beteiligten, die nachfolgende Detonation völlig unvorhersehbar geschah. Ein Verschulden durch Versäumnisse oder Regelwidrigkeiten oder bewusste Herbeiführungen durch BW-Angehörige, sind nach Auffassung der Kammer nicht weiter nachvollziehbar. Einlassungen der Dorfbewohner hierzu, waren nicht einholbar.

Nachtrag Kammer, nur für den Dienstgebrauch: Die Ladung riss dem Hfw. Herbert Schröder beide Beine, sowie beide Hände ab. Weiterhin zerfetzte der Sprengsatz den Unterleib des Hfw und das rechte Auge.
Aufgrund der sehr schweren Beeinträchtigung des Hfw. schlägt die Kammer die vorläufige Versetzung in den Ruhestand vor und die umgehende Beförderung, unter Übergehung des nächsthöheren Dienstranges, des Hfw. zum Oberstabsfeldwebel.
Eine eventuell von der Einsatzleitung Dresden doch noch vorgesehene Rehabilitierung des Herbert Schröder, wird von unserer Seite als völlig ausgeschlossen betrachtet.
Die Springerzulage sowie die Auslandsvergütungen sind darüber hinaus, mit sofortiger Wirkung zu streichen.

Bambi? Wo ist Bambi? Woher sagtest du, kam nochmal deine Mutter? Tadschikistan?
Feind?
Freund?
Unparteiisch?

Chefschlumpf

2 Gedanken zu „Wo ist Bambi? – Schlumpfenland ist überall“

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