Wo ist der Kaiser? – Ansichtssache

Die Medien greifen in diesen Tagen gerne ein Thema auf, dass zwar zur jüngeren Geschichte Österreichs zählt, mit dem man sich aber bisher ungern auseinander setzte. Vor genau 70 Jahren, am 12. Februar 1934 drangen Polizisten in ein sozialdemokratisches Linzer Arbeiterheim ein, womit die seit Jahren bestandene Konfrontation zwischen Christlichsozialen und Sozialdemokraten eskalierte. In Wien etwa verschanzten sich Schutzbund-Einheiten in Gemeindebau-Anlagen. Als die Regierung Dollfuß daraufhin Polizeieinheiten aufmarschieren ließ kam es zu blutigen Kämpfen. Am 15. Februar ergaben sich die letzten Schutzbündler, rund 250 Todesopfer und über 1000 Verletzte hatte der Bruderkrieg in Österreich gekostet. Die daraus resultierende Kluft zwischen bürgerlichen und sozialdemokratischen Lager bleibt ein bis heute nicht ganz überwundenes Trauma, dies lässt sich auch an den aktuellen Reden der Nationalratspräsidenten zu den Ereignissen vor 70 Jahren ablesen.

Diese unheilvolle Episode unseres Landes sollte aber gar nicht Gegenstand meiner heutigen Abhandlung werden. Unlängst konnte ich den Nachrichten entnehmen, dass der Kaiserenkel der Nation, Karl Habsburg, in einem winzigkleinen Punkt Gefallen an den Gesetzgebungen der unheilvollen 1. Republik findet. Bekannter weise wurde das Vermögen der Monarchenfamilie Habsburg im Zuge der Gründung der Republik enteignet, durch die austrofaschistische Regierung Dollfuß restituiert und im NS-Regime erneut enteignet.

Aus letzteren Umstand heraus betrachtet sich nun die Familie Habsburg offenbar als Opfer der NS-Herrschaft im Sinne des Entschädigungsfondsgesetz von 2001 und fordert von der Republik Österreich die Rückgabe von Schlössern und rund 20.000 Hektar Waldbesitz. Bei den Entschädigungsklagen von Karl Habsburg soll es um rund 200 Millionen Euro gehen, berichtete das Nachrichtenmagazin „Profil“.

Otto Habsburg Neffe, der in Genf lebende Christian Habsburg, hat sich ebenfalls in die Schlacht um das Familiensilber geworfen und will nicht länger „ein Bürger zweiter Klasse sein“ – welch pikante Aussage aus blaublütigen Kreisen.

Ich halte es für richtig, dass sich die Familie Habsburg seit 1966 nach dem Verzicht auf Herrschaftsrechte wieder in Österreich aufhalten darf und nicht für das Handeln ihrer Vorfahren bestraft wird, ebenso wenig gebührt ihnen dafür aber eine Belohnung. Darüber hinaus halte ich das Habsburg’sche Begehren in mehrerlei Hinsicht für geschmacklos, wenn sich die Blaublüter mit den Opfern der Judenverfolgung im 3. Reich gleichsetzen wollen. Aber auch an einer Wunde des nicht sauber aufgearbeiteten Verhältnisses zwischen der Republik und der Familie Habsburg wird gekratzt. Letztlich bleibt auch die Frage, was unter rechtmäßig erworbenen Privatvermögen einer absolut herrschenden Monarchenfamilie verstanden werden darf.

Die ÖVP, in der sich durchaus auch noch Kaisertreue tummeln, gibt sich „perplex“ zur Habsburg-Forderung, schweigt aber sonst dazu. Die Opposition hat wiederum nur Spot für den Adel über. „Ein Zimmer im Schloß Schönbrunn könnens haben, damit die Kaiserlichen den Touristen zuwinken können.“, giftelte etwa SP-Klubobmann Josef Cap.

Als Berater haben die Habsburger den amerikanischen Anwalt Stuart Eizenstat engagiert. Ich bin kein Jurist und kann den Fall rechtlich nicht beurteilen. Sollte die Rechtsmeinung, dass das geltende Entschädigungsfondsgesetz auch auf den Fall Habsburg Anwendung finden muss, richtig sein, sehe ich nur noch eine Möglichkeit: Der Nationalrat müsste die ursprünglichen Rechtslage von 1919 reaktivieren und die Entscheidung eines Kanzler Dollfuß damit aufheben.

Pedro

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