Manchmal könnte man glauben:
Alles ist in Ordnung in unserer Beziehung.
Wie immer.
Wie bisher auch.
Du vergisst keine wichtigen Tage.
Nicht unseren Hochzeitstag.
Und nicht den Tag, als wir uns kennen lernten.
Du stehst pünktlich an.
Mit gelben Rosen.
Oder Narzissen.
Oder einem exquisiten Parfüm.
Du weißt, was ich liebe.
Du weißt, was sich gehört.
Nach wie vor.
Und wenn du lächelst, ist es beinahe echt…
Ich weiß nicht mehr genau, wann es mir das erste Mal auffiel.
Du bist oberflächlich geworden.
Deine Augen verraten dich.
Du bist mit deinen Gedanken oft ganz woanders.
Wenn ich mit dir rede.
Ganz woanders.
Oder soll ich sagen:
Bei jemand anderem?
Du bist aufmerksam.
Vielleicht mehr denn je.
Aber all das ist Schablone.
Mechanisch küsst du mich.
Du streichelst mich.
Aber ich spüre dich nicht wirklich.
Und du schläfst kaum mehr mit mir…
Wenn doch…
Fast eine Pflichtübung.
Du nimmst dir nicht viel Zeit dafür.
Fast, als fiele es dir schwer.
Mich heiß zu küssen.
Und mich zu verführen.
Mit Feuer.
So wie früher…
Ich vermisse deine Leidenschaft.
Du bist bei mir.
Körperlich.
Und doch ganz woanders.
Kenne ich sie?
So oberflächlich du oft scheinst.
Auf dein Äußeres achtest du sehr.
Auf einmal wieder.
Du bist gut angezogen.
Du zeigst viel Geschmack.
Alle Achtung!
Fast wirkst du um Jahre jünger.
Trotz deiner grauen Schläfen.
Hast du nicht auch abgenommen?
Ganz sicher würde ich sagen.
Du gefällst mir wieder besser.
Besser als noch vor fünf Jahren.
Aber es tut weh, dich zu betrachten.
Du willst nicht mir gefallen.
Sondern ihr.
Und ich frage mich wieder:
Kenne ich sie?
Ob ich dich darauf anreden soll?
Dann, wenn du nicht damit rechnest.
Überraschend.
Fast aus dem Hinterhalt.
Aber ich habe auch Angst davor.
Angst dich zu durchschauen.
Es ist ein Unterschied.
Ob ich es ahne.
Oder ob ich es weiß.
Sicher.
Mit Gewissheit.
Also spiele ich das Spiel mit dir weiter.
Tue so, als ob es nichts gäbe.
Lasse deinen oberflächlichen Beischlaf über mich ergehen.
Wenn du meinst, ihn mir schuldig zu sein.
Und verkrieche mich immer öfter in mir selber.
Mit Fragen.
Wann habe ich dich verloren?
Kann ich dich zurückgewinnen?
Bin ich dir schon gleichgültig?
Liebst du sie?
Oder ist sie nur ein Abenteuer?
Aber bald schiebe ich sie wieder beiseite.
Es gibt keine Antworten.
Keine, die mir gefallen.
Und du wirst sie mir nicht geben…
Soll ich dir dankbar sein für dein Schweigen?
Jetzt vielleicht.
Schweigen ist tödlich.
Dein Schweigen wird unsere Ehe töten.
Früher oder später.
Unsere Liebe ist jetzt schon tot.
Wir beide wissen es.
Aber wir reden nicht darüber.
Wir halten den Schein aufrecht.
Weil es bequemer ist.
Schweigen kann einfach sein.
Und wehtun, wenn man Wahrheiten braucht.
Ich habe dich einmal geliebt.
Du vielleicht mich auch.
Aber seit Jahren pflegen wir die Gewohnheit.
Vielleicht bist du deshalb ausgebrochen.
Kann ich es dir verübeln?
Nein, ich denke nicht.
Ich höre dich kommen.
Du rufst meinen Namen.
Und ich setze die Begrüßungsmaske auf.
Freudig nach außen hin…
Vivienne