Blind vor Liebe

Manfred Steininger stand am Fenster seiner Wohnung.
Starrte ins Nichts.
Schließlich ließ er das Rouleau herunter.
Wandte sich abrupt ab.
Setze sich an den Tisch.
Trommelte mit den Fingern auf die Platte.
Er fühlte sich zerrissen.
Er musste etwas tun.
Eine Lösung finden.
Er musste ihr helfen.
Manuela.
Er konnte nicht…
Nein.
Er durfte sie nicht im Stich lassen!
Ruckartig stand er auf.
Fixierte die Uhr an der Wand.
Vor einer Stunde erst hatte sie angerufen.
Kaum zu glauben.
Es schienen ihm schon Stunden zu sein.
Aber wie konnte er Manuela helfen?
Seiner Manu?
Manfred starrte seine Hände an.
Sie zitterten…

Manfred lächelte dem Mädchen zu.
Er saß mit einem Bekannten in einer Disco.
Und hatte die Mädels gemustert.
Das brünette Mädchen da gefiel ihm ausgezeichnet.
Obwohl sie noch verdammt jung zu sein schien.
Sechzehn.
Vielleicht siebzehn Jahre alt.
Die blitzenden braunen Augen.
Die Sommersprossen.
Und der volle Mund.
Manfred zwinkerte ihr zu.
Das Mädel lachte ihn an.
Und schließlich kam sie an seinen Tisch.
Selbstbewusst.
Und einfach umwerfend.
Er bot ihr eine Zigarette an.
Sie nickte.
Und begann bald an der Zigarette zu saugen.
Wie heißt du?
Das Mädel saß in einer weißen Hose vor ihm.
Das knappe Top bändigte das üppige Dekollete kaum.
Manu.
Und du?

Manfred schwitzte bereits.
Dieser süße Hintern spukte ihm im Kopf herum.
Junge Mädchen gefielen ihm.
Immer schon.
Je jünger, je lieber.
Und das Mädel schien noch unverbraucht.
Obwohl es rauchte.
Und anscheinend auch schon getrunken hatte.
In dieser Nacht.
Er machte sich ein wenig Gedanken über Manus Alter.
Gut.
Einmal hätte er sich beinahe in die Nesseln gesetzt.
Das Mädel war noch keine fünfzehn gewesen.
Aber das hatte man ihr wirklich nicht angesehen.
Deshalb fragte er jetzt immer.
Wie alt bist du?
Manu grinste frech.
Zwanzig.
Aber schließlich gab sie zu.
Siebzehn.
Das konnte er riskieren.
Auch wenn er selber schon fast dreißig war…

Manfred war mit Manu im Arm aufgewacht.
Er konnte sich an wenig in dieser Nacht erinnern.
Aber das bisschen, das er behalten hatte.
War unglaublich schön gewesen.
Und hatte nach mehr geschmeckt…
Da capo!
Wo gehst du hin?
Manu war plötzlich aufgesprungen.
Hatte begonnen sich anzuziehen.
Und blickte dauernd auf die Uhr.
Gehetzt starrte sie ihn an.
Ich muss heim.
War nett bei dir!
Ein oberflächlicher Kuss auf den Mund.
Manfred hatte ihr nachgeblickt.
Ungläubig.
Das konnte doch nicht alles gewesen sein?
Das hatte Manfred sich öfter gefragt.
In den nächsten Tagen.
Und er hatte sie ausfindig gemacht.
Aber Manu hatte einen Freund.
Einen Freund, von dem er nichts gewusst hatte…

Was tun?
Dieser junge Bursch?
Was fand sie nur an dem?
Er konnte ihr doch so viel mehr bieten!
Freunde schüttelten den Kopf über ihn!
Die ist minderjährig.
Pass auf!
Du könntest wieder Ärger bekommen!
Und überhaupt!
Hasen wie die gibt’s wie Sand am Meer!
Mach dich nicht verrückt!
Manfred schüttelte den Kopf.
Nein.
Manu war nicht wie alle anderen.
Weit gefehlt.
Sie war etwas Besonderes.
Er musste sie nur für sich gewinnen!
Und sie von ihrem Freund weglotsen!
Dann hatte er endlich freie Bahn!

Manfred trommelte noch immer auf den Tisch.
Mit seinen Fingerspitzen.
Was hatte er nicht schon alles für sie getan!
Seit dieser gemeinsamen Nacht!
Er zahlte ihr eine Wohnung.
In der sie mit ihrem Freund lebte.
Noch immer.
Wann immer Manu Sorgen hatte.
Sie rief ihn sofort an.
Er zahlte ihre Taxis.
Er lieh ihr Geld.
Er tat alles, was sie wollte.
Aber den kleinen Dreckskerl schickte sie trotzdem nicht weg…
Ich hänge so an ihm…
Manu konnte so unschuldig schauen.
Wenn sie wollte.
Mit ihrem Schmollmund.
Es stimmte, was die anderen sagten.
Er konnte ihr keinen Wunsch abschlagen.
Die kleine Kröte nimmt dich aus!
Die Worte klangen in seinem Ohr.
Mag sein, dass das stimmte.
Aber er liebte sie doch.
So sehr…
Und irgendwann musste sie das doch begreifen…!

Heute hatte sie ihn angerufen.
Völlig verzagt.
Manu hatte ein Luxusauto für ihren Freund gekauft.
Mit gefälschter Unterschrift.
Sie hatte die Unterschrift ihres Vaters nachgemacht.
Und nun wurde die erste Rate fällig.
Ihre Eltern würden erfahren.
Was sie getan hatte.
Mehr als das.
Sie hatten selber kein Geld.
Das teure Cabrio zu bezahlen.
Eine Katastrophe bahnte sich an.
Du musst mir helfen!
Er hörte Manus Schluchzen wieder ganz deutlich.
Und spürte, wie ihm kalt wurde.
Manfred stand auf.
Ja.
Er würde ihr helfen.
Ganz sicher.
Das dumme Mädel!
Er würde ihr beistehen.
Schließlich liebte er sie!
Und er würde einen Weg finden…!

Vivienne

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