Der starke Mann – Ansichtssache

Willkommen in der neuen Kolumne „Ansichtssache“ in der Bohnenzeitung. Ich möchte hier in regelmäßigen Abständen meine Meinung zu den verschiedensten Aspekten in Form von kurzen Kommentaren niederzuschreiben. Es ist mir wichtig zu sagen sagen, daß es sich hierbei nur um meine Meinung handelt, ich gehe nicht davon aus, die Wahrheit für mich gepachtet zu haben.

„Der starke Mann“

Vorige Woche konnte man in den Tageszeitungen lesen, daß ein namhaftes Meinungsforschungsinstitut eine Umfrage unter Österreichs Jugendlichen zum Thema Politik-Interesse durchgeführt hatte. Man kann Umfrageergebnissen durchaus kritisch gegenüberstehen, aber diese regelmäßig durchgeführte Umfrage bringt schon seit vielen Jahren ein sehr ähnliches Ergebnis. Die Jugend deklariert sich selbst als mehrheitlich politikverdroßen, gerade 11 Prozent gaben an sich für Politik „sehr stark“, 34 Prozent „etwas“ zu interessieren, 53 Prozent gaben an „kaum“ bis „gar kein“ Interesse an Politik zu haben. „Der andauernde Kampf der Politiker gegeneinander, die gezielten Diffamierungen und die vielen Übertreibungen stoßen die Jugend ab“, erklärt Günther Ogris vom Institut für Jugendforschung.

Sollten nun bei Politikern die Alarmglocken läuten? Nun das Ergebnis erfordert die Betrachtung von mehreren Perspektiven. Interesse an Politik hat sich nicht darin auszudrücken stundenlange Parlamentsübertragungen im TV mitzuverfolgen oder die Nachrichtensendung zum Pflichttermin zu machen. Gar etwa noch als Alternative zum Fußball oder Top-Spielfilm. Nein, darum geht es hier auch überhaupt nicht. Aus der Studie läßt sich aber eine gewisse Selbstverständlichkeit zur Verdrossenheit ablesen. Politik-Verdroßenheit ist „in“, Politik-Interesse ist „out“ – die Entwicklung als solches stimmt mich etwas nachdenklich.

Wenn man sich insbesondere den Stil, in dem unsere gewählten Volksvertreter sich gegenübertreten, betrachtet ist es kein Kunststück einen der Gründe für diese Entwicklung zu entdecken. Nur möchte ich der Sache etwas auf den Kern gehen. Braucht die lebendige Demokratie politinteressierte Wähler? Ich persönlich beantworte diese Frage bis zu einem gewissen Grad mit einem eindeutigen JA. Allerdings – wie schon erwähnt – verstehe ich hier unter Interesse im wesentlichen die Kenntnisse und Akzeptanz über den politischen Staat, seine Parteien und Funktionäre. Die Tagespolitik im Detail ist ein anderes Thema.

Wirklich nachdenklich gestimmt hat mich an der Studie aber in Wahrheit nur ein einziges Detail. Nämlich, daß 25 Prozent der Jugendlichen – also jeder Vierte – sich einen „starken Mann“ an der Spitze wünschen der „auf keine Mehrheiten im Parlament angewiesen“ sei. Leider konnte ich der Studie nicht entnehmen, ob dieser „starke Mann“ in Form einer demokratischen Wahl gefunden werden sollte. Ich befürchte, dass es die befragten Personen selbst nicht sagen könnten. Liebe Leser, ich denke bei euch kommt alleine bei der Formulierung „starker Mann“ auch eine gewisse Erinnerung an eine unheilvolle Episode unserer Geschichte bzw. auch andere Diktaturen auf. Und Menschen mit Sehnsucht nach einem – sagen wir es gleich raus – „Führer“ kann man bedauerlicherweise durchaus in allen Altersgruppen finden – keineswegs vorrangig Jugendliche.

Auch die Formulierung, daß ein „starker Mann“ nicht auf das Parlament „angewiesen“ sein soll bedarf einer gesonderten Betrachtung. Wird ein vom Wähler demokratisch gewähltes Parlament von einem Teil der Staatsbürger als Störfaktor angesehen? Ich weiß es nicht. Nicht zu vergessen, es handelt sich um „nur“ 25 Prozent die sich dieser Ansicht anschließen konnten, aber wie ich meine sind diese 25 Prozent eben genau um 25 Prozent zu viel.

Eine abschließende Anmerkung sei noch erlaubt. Ob diese erwähnten 25 Prozent für das Amt des „starken Mannes“ auch eine Person ausgedacht hätten? Würde euch jemand einfallen … ?

Pedro

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