Die rot-grüne Koalition in Wien – Geschichten aus dem Cafe Steiner

Beim Betreten des „Cafe Steiner“ am Freitagabend hatte ich schon eine leise Vorahnung, daß mich eine hitzige politische Diskussion erwarten könnte. War doch erst gestern über die Medien kolportiert worden, daß die Bundeshauptstadt Wien in den kommenden fünf Jahren von einer Koalition aus SPÖ und Grünen regiert werden soll. Die Sozialdemokraten hatten zum zweiten mal in ihrer Geschichte die absolute Mandatsmehrheit verfehlt und politische Beobachter rechneten mit einer Koalition aus SPÖ und ÖVP, wie sie (damals) auch auf Bundesebene bestand. Bürgermeister Michael Häupl, dem man offenbar fälschlich bisher auch rot-schwarze Tendenzen nachsagte, entschied sich letztlich für eine Koalition mit den Grünen – wohlgemerkt eine Koalitionsvariante die damit in Österreich Premiere feiern darf. Den Medienberichten zufolge wird die Chefin der Wiener Grünen, Maria Vassilakou, als Vizebürgermeisterin und amtsführende Stadträtin des relativ bedeutenden Ressort für Planung und Verkehr fungieren.

Rasch konnte ich im „Steiner“ erkennen, daß ich mich in meiner Einschätzung nicht getäuscht hatte und das innenpolitische Thema Nummer Eins an den Stammgästen nicht spurlos vorübergegangen war. Als ich gerade an der Schank Platz genommen hatte fragte mich Helmuth, ob ich denn mit dem Auto gekommen wäre. Als ich dies verneinte, bekam ich zu hören, daß ich mir künftig das Autofahren ohnehin nicht mehr leisten können werde. „Kann es sein, daß du da auf die rot-grüne Koalition anspielst? Hab ich recht?“ erwiderte ich eher kurz angebunden. „Na klar, da hat uns der Häupl schon was eingebrockt kurz vor seiner Pensionierung“, bekam ich einen gewohnt destruktiven Kommentar von Helmuth zu hören. Diese eher unbedarfte Aussage wollte ich nun in dieser Form doch nicht so stehen lassen und fragte in die Runde, wie man denn allgemein die Koalitionsentscheidung interpretieren würde.

Kellner Martin meinte darauf hin, daß er die Zusammenarbeit der beiden Parteien durchaus als eine spannende Initiative für Erneuerung sehen würde. Auch Manuel stimmte dieser Aussage zu und hob hervor, daß er die Koalition als gelungene Antwort auf die populistische Politik von FPÖ-Chef H.C.Strache sehen würde. Natürlich stellt das rot-grüne Regierungsprogramm ein Gegenmodell zu FPÖ-Positionen dar, was auch begrüßenswert ist. Auch selbst stehe ich der rot-grünen Koalition nicht ablehnend gegenüber, wobei ich eine Regierung in erster Linie an ihren Absichten und Taten und weniger an ihrer vordergründig-ideologischen Ausrichtung beurteilen möchte.

Es sollte sich im Laufe des Abend noch eine teils heftige Diskussion über einzelne politische Aspekte ergeben, wobei dabei sehr gut die Positionen der einzelnen Stammgäste herauszulesen waren. Äußerst weltbewegend ist die vor kurzem veröffentlichte Koalitionsvereinbarung zwischen den beiden ideologisch eigentlich nicht allzu weit auseinander liegenden Parteien nun auch wieder nicht. Die Vereinbarung sieht im wesentlichen eine „Wiener Charta“ zur Integration, einen Ausbau der Kinderbetreuung und der Pflegeplätze, Maßnahmen zur Armutsbekämpfung sowie Optimierungen besonders im öffentlichen Verkehrs und zugunsten der Radfahrer vor. Wir sollten die Regierung aus meiner Sicht mal arbeiten lassen – dann werden wir sehen was sich hinter den grundsätzlich positiven Absichtserklärungen in der Praxis auch umsetzen läßt.

Pedro

1 Gedanke zu „Die rot-grüne Koalition in Wien – Geschichten aus dem Cafe Steiner“

  1. Du hast schon recht, Peter – „An ihren Taten sollt ihr sie messen…“ Auch wenn sich der Volksmund schon vorher pauschal eine Meinung gebildet hat. Und ich bin sicher : Autofahren wirst du dir weiter leisten können… 😉

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