Einfach weg

Fred griff zum Handy.
Suchte Stellas Nummer heraus.
Wählte sie.
Freizeichen.
Dann das Tonband.
Der gewählte Teilnehmer ist im Augenblick nicht verfügbar.
Bitte probieren Sie es später noch einmal.
Fred fluchte.
Schlug mit der Faust auf den Tisch.
Miststück.
Missratenes Miststück!
Er hatte sie aufgelesen.
Quasi von der Straße.
Sie war kurz davor gewesen zu versumpfen.
Abzusinken ins Drogenmilieu.
Er hatte Stella gerettet.
Er hatte sie schön angezogen.
Er hatte ihr Schmuck geschenkt.
Und sie zu seiner Geliebten gemacht.
Vorher hatte sie ausgesehen wie eine graue Maus.
Nun war sie ein Glamourgirl geworden.
Nach dem sich die Männer umgesehen hatten.
Und dem die anderen Mädels neidische Blicke zugeworfen hatten.
Seiner Stella!
Fred ballte die Faust wieder…

Er stieg aus dem Auto.
Wandte sich in Richtung Bar.
Seine Schritte wirkten müde.
Er wusste es selber.
Die Beine fühlten sich an schwer wie Blei.
Das Ganze hatte ihn getroffen…
Rauch umfing ihn im Lokal.
Er nahm Platz.
Zündete sich einen Zigarillo an.
Orderte einen Campari…
Die Barfrau grinste ihn kokett an.
Aber er wandte sich ab.
Kein Vergleich mit Stella.
Seiner Stella.
Deren Körper er genau gekannt hatte.
Jeden Zentimeter davon hatte er schon geküsst.
Berührt.
Sein Eigentum.
Als wäre ein Stempel auf der Haut angebracht.
Im Besitz von Fred.
Fred starrte auf seinen Campari.
Nun hatte jemand anderer Stella in Besitz.
Dieser Kerl vögelte sie vielleicht sogar gerade jetzt.
In diesem Augenblick.
Und er, Fred, war wehrlos dagegen.
Völlig wehrlos.

Eine Stunde und drei Camparis später läutete das Handy.
Fred griff hektisch danach.
Aber nicht Stella rief ihn an.
Sein Freund Flo klang ungehalten…
Wo treibst du dich herum?
Ich erreiche dich nie!
Und ich mache mir Sorgen.
Du versauerst noch völlig.
Vergiss das Mädel!
Und sauf nicht so viel…
Hörst du mir überhaupt zu?
Fred schloss die Augen.
Wie betäubt.
Was hätte er sagen sollen?
Er warf Flo aus der Leitung.
Was verstand sein Freund schon?
Von ihm, Fred?
Von dieser Schweinerei, die ihm angetan worden war?
Stella war sein Eigentum.
Sie war geschaffen für ihn.
Natürlich gab es noch seine Frau.
Und die beiden Kinder.
Aber Stella gehörte ihm.
Tat immer alles, was er ihr sagte.
Sie wagte es nicht zu widersprechen.
Stella zog das rote Kleid an.
Oder was immer er wollte.
Stella schlief mit ihm.
Hatte nie Kopfschmerzen.
Und sie verwöhnte ihn französisch.
Wann immer er es wollte.
Sie muckte nie auf.
Und wenn doch, genügte eine Ohrfeige.
Oder zwei.
Dafür kleidete er sie auch wie eine Prinzessin…
Dafür schenkte er ihr ein wunderschönes Leben.
In Luxus!

Das Handy begann erneut zu klingeln.
Wieder Flo.
Fred drehte das Handy ab.
Nein, er wollte nicht reden.
Er wollte keine Predigten hören!
Er hatte diesen Burschen nicht ernst genommen.
Wie hieß er noch?
Er wusste es nicht mehr.
Ein Mitarbeiter seines Steuerberaters…
Huber oder Meier…
Keine Ahnung hatte er, Fred, gehabt.
Stella hatte diesen Kerl heimlich getroffen.
Augenscheinlich schon seit Monaten.
Und der Bursche hatte begonnen ihr Flausen in den Kopf zu setzen.
Dass sie etwas Besseres verdient hätte.
Als dieses Leben einer Ausgehaltenen.
Dass sie etwas Besonderes wäre.
Dieser Bastard hatte sich verliebt.
In seine Stella!
Und wollte sie heiraten.
Eine Familie mit ihr gründen…
Fred griff sich an den schmerzenden Kopf.
Einfach lachhaft.
Stella war ein Glamourgirl.
Sein Vorzeigemädchen.
Und keine Hausfrau und Mutter!
Nie hätte er sich vorstellen können.
Dass ihn Stella verlassen könnte.
Noch dazu wegen eines kleinen Angestellten.
Der ihr nichts zu bieten hatte!
Aber Stella war gegangen.
Hatte ihren Schmuck und die Kleider in der Wohnung gelassen.
Und außerdem war sie anscheinend schon schwanger.
Man hatte es ihm, Fred, zugetragen.
Schwanger von diesem Biedermann!
Das tat ihm, Fred, am meisten weh.
Nun würde Stella sicher nicht zurückkommen zu ihm.
Nie mehr…

Vivienne

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