Neue Bohnen Zeitung


von Vivienne  –  Mai 2004



Die Ballade von der wahren Freundschaft

Es waren einmal drei Freunde.
So gut man eben Freunde sein kann.
Jeder hatte seine eigenen Wesenszüge.
Seine eigenen Interessen.
Seine eigenen Ideen.
Sein Glück.
Trotzdem hingen sie sehr aneinander.
Für eine lange Zeit.
Trotz manchem Zwist.
Trotz manchem Streit.
Oder einen anderen Meinung.
Drei gute Freunde einfach.
Die sich liebten.
Miteinander durch dick und dünn gehen wollten. 

Einmal.

Denn plötzlich zerstritten sich zwei der Freunde.
Überraschend.
Doch leider war dieser Streit nicht schnell vergessen.
Er entzweite die beiden ernsthaft.
Sie redeten kein Wort mehr miteinander.
Und schließlich trafen sich die Freunde nur mehr zu zweit.
Der einzige, der vom Streit nicht betroffen war.
Mit jeweils einem der beiden Zerstrittenen.
Es hatte den Dritten schwer getroffen.
Was da passiert war.
Er liebte beide.
Und deshalb schlug er sich auch nicht auf die Seite.
Von einem der beiden.
Er versuchte weiterhin.
Jedem ein guter Freund zu sein.
Nach wie vor.
Und von ganzem Herzen.

Und so gut es eben ging.

Natürlich war diese Situation nicht einfach für ihn.
Mal hörte er vom einen spöttische Worte über den anderen.
Mal hörte er vom anderen böse Worte über den einen.
Meistens sagte er nicht viel dazu.
Was konnte er schon ändern?
Natürlich hatte er versucht Frieden zu stiften.
Vergeblich.
Die Seiten waren verhärtet.
Jeder zeigte dem anderen die kalte Schulter.
Der eine sagte, er könne damit leben.
Der andere meinte, es gäbe nichts Gemeinsames mehr.
Weh tat es scheinbar nur einem.
Dem Dritten.
Seine Freundschaft zu beiden.
Stellte ihn auf eine harte Probe.
War für ihn wie ein Balanceakt.
In schwindelnder Höhe.
Beide waren ihm so wichtig.
Doch an manchen Tagen.
Da hätte er sie gerne verflucht. 

Weil sie ihm so wehtaten.

Sie bemühten sich um seine Freundschaft.
Um seine alleinige Freundschaft.
Jeder auf seine Weise.
Gleich aufmerksam.
Und auch liebevoll.
Und eines Tages fragte der andere.
Wenn du dich für einen von uns entscheiden müsstest.
Auf wen fiele deine Wahl?
Der dritte dachte nach.
Dann sagte er.
Weißt, du.
Wenn ich mich für einen von euch entscheiden müsste.
Ich würde keinen wählen.
Und ich verließe euch.
Ich liebe euch beide.
Keinen von euch möchte ich missen.
Aber solltet ihr mir keine Wahl lassen.
Trennen sich unser aller Wege.
Ich könnte nicht damit leben.
Einen von euch wegzustoßen.
Während es euch anscheinend nichts ausmachen würde.
Mir diese Qual der Wahl aufzuerlegen.
Dann ist meine Freundschaft allein eben zu wenig…

Vivienne

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