Neue Bohnen Zeitung


von Vivienne  –  März 2005


Es gehören zwei dazu…

David und Helga kamen nach Hause.
Sie waren bei seinen Eltern eingeladen gewesen.
Die beiden schwiegen.
David ging zum Kühlschrank.
Holte sich eine Flasche Bier heraus.
Öffnete sie.
Goss den Inhalt in ein Glas.
Er setzte sich an den Tisch.
Starrte versonnen auf die Tischdecke.
Helga blickte ihn.
Was ist los?
David ballte die Faust.
Du weißt ganz genau was los ist!
Mutter hat es doch erzählt.
Sophia, das Miststück!
Ich werde jetzt mit ihr reden!
Damit Schluss ist!
Helga schüttelte den Kopf.
Du willst reden?
Mit deiner Schwester?
Und was soll das bringen?
David stand unvermittelt auf.
Steckte die Hände in seine Hosentaschen.
Das kann nicht so weitergehen!
Das geht einfach nicht!
Liefert fast in jeder freien Minute ihren Buben bei meiner Mutter ab.
Damit sie und ihr Mann wegfahren können.
Urlaub machen.
Sich immer wieder mal ein Wochenende amüsieren.
So ein unverfrorenes Luder!
Die macht es sich einfach!

Helga verschränkte die Hände.
Seufzte leise.
Das ist nicht deine Sache.
Verstehst du nicht, David?
Es ist Sache deiner Mutter ihr das zu sagen.
Ihr zu erklären.
Ich kann und werde nicht immer auf deinen Sohn aufpassen.
Weil ich auch mal was anderes tun möchte.
Wenn ich nicht in der Firma bin.
Aber das tut sie nicht.
Sie weint sich lieber bei dir aus.
Dass sie kaum mehr fort kommt.
Dass fast jedes Wochenende deine Schwester mit dem Buben da steht.
Dass sie daheim auch noch was tun möchte als Babysitter für Sophies Buben zu spielen.
Aber sie traut sich nichts zu sagen.
Weil dein Vater den Buben liebt.
Immerhin ist er der einzige Enkel.
Helga trat auf ihren Mann zu.
Sie fürchtet, deine Schwester könnte dann den Kontakt zum Enkel völlig zu unterbinden.
Obwohl Sophia das nie tun würde.
Das wissen wir beide.
Weil sie deine Mutter braucht.
Fünf längere Urlaube im Jahr.
Lauter verplante Wochenenden.
Sophia und ihr Mann sind auf deine Mutter angewiesen.
Helga fasste ihren Mann an der Schulter.
Ja.
Deine Schwester ist ein Miststück.
Aber das muss ihr deine Mutter selber sagen.
Sonst bricht ein Familienkrieg los.
Lass die Finger davon.
Bitte!

David nahm einen großen Schluck vom Bier.
Das sagt sich so leicht.
Du hast doch gesehen wie unglücklich Mutter ist.
Sophia war schon immer so.
Sie nutzt alle Leute aus.
Und ich sage dir…
David erwiderte den Blick seiner Frau verbissen.
…mir platzt bald der Kragen.
Ich möchte ihr die Meinung sagen.
Unsere Mutter hat auch ein Recht auf Freizeit.
Helga begann langsam zu gestikulieren.
Natürlich hat deine Mutter ein Recht auf Freizeit.
So wie jeder.
Natürlich könnte man sich fragen.
Warum deine Schwester und ihr Mann ständig um die halbe Welt reisen müssen.
Und dabei ihr Kind daheim lassen.
Unter der Obhut eurer Mutter.
Es ist nicht ok.
Aber…
Helga hob ihre Stimme.
…es ist nicht deine Aufgabe.
Das sagte ich dir schon.
Deine Mutter muss ihr die Stirn bieten!
Nicht du!
Und weiß du was?
Helga legte beide Hände auf Davids Schultern.
Deine Mutter ist genau genommen selber schuld.
Zu so einer Situation gehören immer zwei Leute.
Der Unverfrorene, der so mit jemandem umspringt.
Als wäre es selbstverständlich.
Und der andere, der sich das gefallen lässt…

Vivienne

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