von Vivienne – Juni 2004
Facetten des Glücks
Glück ist immer da.
Man muss nur bereit sein.
Es auch wahrzunehmen.
So schrieb ich.
Schon vor einiger Zeit.
In meinen Gedanken.
Es ist Menschenart zu schimpfen.
Über ein vermeintliches Pech.
Über eine dumme Situation.
Über irgendeinen Ärger.
Die wenigstens hinterfragen den Vorfall.
Um sich vor Augen zu führen.
Welches Glück dahinter stecken könnte.
Oder sich tatsächlich dahinter verbirgt.
Ein kleiner Auffahrunfall mit dem Auto.
Weil jemand unüberlegt überholte.
Wer kennt so eine Situation nicht?
Im Alltag des Straßenverkehrs.
Meistens wird geschimpft.
Die Verschuldensfrage diskutiert.
Wer nimmt sich schon bei der Nase.
Sollten wir nicht alle froh sein?
Es hätte so viel mehr passieren können.
Und so viel Schlimmeres.
Dieses Glück.
Dieses große Glück.
Wird selbstverständlich genommen.
Das vergleichsweise kleine Pech.
Wird zur Katastrophe hochstilisiert
Dabei ist alles Materielle ersetzbar.
Ein Auto.
Ein Blechschaden.
Ein kaputtes Licht.
Daran geht niemand zugrunde.
Aber womöglich ein Menschenleben auszulöschen.
Unabsichtlich.
Weil man eine Situation falsch einschätzte.
Damit muss man erst fertig werden.
Diese Schuld muss man tragen.
Ein Leben lang.
Aber wer denkt bei einem Blechschaden schon daran?
Dass er Glück gehabt hat.
Großes Glück.
Jeder denkt nur an seine Versicherung.
Und seine Kosten.
Der Mensch ist schon ein komisches Wesen.
Sein Glück misst er mit merkwürdigen Parametern.
Geld ist Glück.
Statussymbole bedeuten Glück.
Ansehen und Karriere.
Unverzichtbar.
Auf dem Weg zum großen Glück.
Lebenspartner als hübsches Beiwerk.
Oder erfolgreichen Vorzeigemann.
Nicht die Gefühle zählen.
Nicht Wärme zueinander.
Mein Mann muss mich ernähren können.
Wenn meine Frau zunimmt, ist es vorbei.
Aus dem Leben gegriffen.
Wir lieben Äußerlichkeiten.
Und Äußerlichkeiten sind unser Glück.
Ein vermeintliches Glück.
Darum sind wir auch alle nicht glücklich.
Nicht mehr wirklich.
Wie denn auch?
All diese Werte.
Schreibt uns unsere Gesellschaft vor.
Wir saugen sie brav auf.
Wie ein Schwamm.
Obwohl der Saft ungenießbar ist.
Aber wir glauben alles.
Alles was uns vorgesetzt wird.
Deshalb denken nur wenige nach.
Ob Geld alles ist.
Und ob in der Karriere alles liegt.
Was wir zum Leben brauchen.
In diesen Banalitäten des Lebens liegt kein Glück.
Nur ein Suchtmittel.
Immer mehr.
Immer mehr!
Wir suchen.
Exstatisch.
Immer hastiger.
Etwas, das es nicht gibt.
Oder das nicht erstrebenswert ist.
Wer das einsieht.
Dem wird das Glück.
Das in einem kleinen Auffahrfall liegt.
Wie Schuppen von den Augen fallen.
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