Olympia

Aus dem nichts komme ich und fliege fort mit schweren Flügeln in die leuchtende Einsamkeit der Medaillen, – so wird der erfolgreiche Athlet wohl fühlen, hoch schwebend auf dem Siegespodest, der siegreichen Helden. Im Kampf gegen die Zeit und dem aufkommenden Schmerz, donnern die Athleten wie Düsenjäger über das weite Feld der Tartanbahnen, in die berstende, gnadenlose Sonne. Frenetischer Beifall entwickelt sich zur Extase, wenn der Athlet (sonnen gebräunt versteht sich), zur Höchstleistung empor rankt wie eine Kletterrose in blühend heißer Sommernacht. Der IOC Präsident, der ernsten Hauptes, pathetisch mit schäumenden Glanz in den Augen, glühend wie heiße Kohle und selbst verliebt wie ein Diamant aus der Vitrine glitzernd, dem Geschehen folgt; denn weit entfernt über dem Dach des Stadions, rufen die Götter in weiß, zum Kampf gegen alles Irdische und der Athlet kämpft nun gegen die Macht des Himmels. Eine pseudoreligöse Show braucht aber nicht nur die Götter des Zorns, sondern eine brennende Fackel, die die olympische Flamme entfacht, die bitter, feurig funkelnde Tränen in den Himmel wirft, wie auch das Schwert den Krieger zum Ritter schlägt. Der Fackelträger vorher, hoch auf dem Olymp steigend, auf dem das lodernde Feuer speiend brandet. Die Splitter des Zorns wandeln im lodernden Feuer, züngeln messerscharf in heißer Glut. Die Flamme, die im Dunst der Dopingküche feuert wie eine sich sorgende Mutter, die ihr kleines Kind schützend in den Armen hält. Perlt Träne um Träne siegreicher Athleten geschwind in den Strudel hinab in das Meer aus Flammen, steigt der Teufel empor wie der warme Wind über dem Wüstensand.

Ich erlaube mir zu fragen, welch schmutzig tränkende Chemie breitet sich aus, in den stählernen Muskeln gottverlassener Athleten, die raubtierhaft mit großen schweren Lungen, Runde um Runde, dem Raubtier im Menschen geltend sein Dasein beglückend in die Seele tragend, schneller als der Sturm und schneller als der Tod zugleich.

Wenn Hohn und Spott der schleichende Freund des besiegten Athleten wird, der sich wie ein Tiger aus Zähnen wie Nadelspitzen ihm entgegen wirft, mit der Geschwindigkeit einer Geoutinne und voller Gier zu töten versucht, brandet der Sturm. Die Ebbe wird zur Flut, steigt hoch hinaus geballt mit der Panzerfaust. Der Blitz läßt den Donner folgen, die Sonne geht unter im Mond und die Medien ranken kunterbunt und hart polternd, flüsternd in den Vordergrund.

Das Suchlicht der Scheinwerfer, spähend in den Zirkus hinein – ausschnittsweise durch das zusammengepresste Kamreaauge, fühlt sich wohl im Bad der Menge, das zu verschmelzen droht, mit Gott und den Göttern, dem Teufel im Handgepäck. Ich sage nur noch eines dazu, dann muss Schluss sein und alle Fragen offen: Die Verhüllung in Scheinheiligkeit, mündet meistens in das kristallklare Wasser eines Flusses, das sich dem spielenden Kind entgegen wirft, welches atemlos wild seine Triebe stillt.

(C) Wilhelm Westerkamp

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