Ich halte das Auto an.
Kurble das Fenster hinunter.
Und starre auf das Haus neben der Straße.
Etwas abseits der Siedlung.
Es sieht hübsch aus.
Fast genau wie damals…
Fuchsien und Pelargonien am Fenster.
Und Verbenen.
Petunien…
All diese Pflanzen.
So bieder.
So bieder wie deine Welt…
Heckenrosen vor dem Haus?
Die kenne ich nicht.
Sie sind wunderhübsch.
Blassgelb.
Mit rosa Herzen.
Ich denke, sie müssen duften…
Vor zehn Jahren gab es diese Rosen noch nicht.
Das weiß ich genau.
Keine Rosen.
Irgendwelche Sommerblumen stattdessen.
Bunt.
Ich weiß nicht mehr genau…
Ein Garten zeichnet sich weiter hinten ab.
Salatköpfe.
Und dort drüben Sträucher.
Sommerflieder.
Violett.
Mit Schmetterlingen…
Ich sehe sie nicht wirklich.
Ich ahne sie nur…
Damals gefiel mir das alles nicht.
Nein.
Viel zu bieder.
Allerdings…
Die Rosen hätten mir gefallen.
Schon damals.
Sie sind anders als du.
Ganz anders.
Du hättest nur Teerosen gewollt.
Gefüllt.
Und dunkelrot.
Irgendwie schwerfällig…
Ich wollte nicht aussteigen.
Eigentlich.
Nur nicht zu lange verharren!
Aber dann kurble ich das Fenster doch wieder hoch.
Und steige aus dem Auto aus.
Meine Füße fühlen sich schwer an.
So kenne ich mich gar nicht.
Ich gehe langsam zum Zaun.
Als würde ich mich fürchten.
Tauche ein in den Anblick des Hauses.
Du wohnst noch hier.
Ich weiß es.
Eigentlich spüre ich es nur.
Nun sehe ich eine Wäscheleine gespannt.
Bunte Kinderkleidchen bewegen sich im Wind.
Du bist nicht mehr allein.
Und du hast Kinder mit ihr…
Es ist mir unangenehm.
Das zu erkennen.
Das zu kombinieren.
Ich weiß nicht, warum.
Es war meine Entscheidung zu gehen…
Ja.
Ich bin geflüchtet.
Vor dir.
Vor deiner biederen Welt.
Vor deinem täglichen Allerlei…
Es hat mich erstickt hier mit dir zu wohnen.
Mit dir zu leben.
Auf du und du mit der Natur.
Abseits vom pulsierenden Leben.
Ich gebe es zu.
Hier glaubte ich mein Leben zu versäumen.
Und darum ließ ich dich allein…
Es tat mir nicht Leid.
Zumindest redete ich es mir ein.
Ich verdrängte dich aus meinem Leben.
Und die Erinnerung an dich.
Ich war auf der Suche.
Ich weiß nicht genau nach was.
Aber heute weiß ich.
Ich habe es nicht gefunden…
Hätte ich es hier gefunden?
Das Glück?
Die wahre Bestimmung?
Was auch immer?
Zwischen Windeln und Pelargonien?
Ich bin unsicher.
Nein.
Ich könnte es nicht sagen.
Aber trotzdem trieb es mich hierher.
Wie unter Zwang.
Nach so langer Zeit.
Um nach dir zu sehen.
Nach dem Haus, in dem wir lebten.
Neugierde.
Vielleicht.
Oder auch Wehmut…
Vielleicht beides.
Hallo!
Eine fragende Stimme dringt zu mir durch.
Durch Erinnerungen und Emotionen.
Die Frau steht vor mir.
Etwas jünger als ich.
Hübsch ist sie.
Und sie ist deine Frau…
Schnell habe ich mich wieder unter Kontrolle.
Lächle unverbindlich.
Ich fürchte, ich muss mich verfahren haben…
Die Frau nickt.
Erklärt mir den Weg in die Stadt.
Ich könnte ihn im Schlaf fahren.
Mit verbundenen Augen…
Ich bedanke mich herzlich.
Hebe die Hand zum Abschied.
Und gehe wieder zu meinem Wagen.
Hinter mir reißen die Bänder ab.
Die mich mit dem Haus verknüpften.
Ich öffne die Wagentür.
Und du bist wieder weit weg…
Vivienne