Sie sieht mich an.
Die Bekannte.
Vergiss ihn doch endlich!
Was tust du mit dem herum?
Ich verstehe dich einfach nicht.
Ihr Blick ist ungläubig.
Ich bemerke das leichte Kopfschütteln.
Kopfschütteln über mich.
Ich weiß.
Für sie bin ich kurios.
Um nicht zu sagen etwas wehleidig.
Und vor allem Dingen viel zu verletzt!
Vielleicht hat sie Recht.
Die Bekannte ist aber kaum objektiv.
Frisch verliebt.
Glücklich verliebt.
Sie strahlt.
Das Glück lacht aus ihrem Gesicht.
Sie kennt es nicht.
Das Gefühl benutzt zu werden.
Dass dir jemand Liebe heuchelt.
Und Freundschaft.
Oder dir einfach sehr schön tut.
So wie er mir.
Um mich auszunutzen.
Um mich einzuspannen.
Für seine Zwecke.
Und mich dann im Regenstehen lässt.
Mit meinen Gefühlen.
Mit meinem übervollen Herzen…
Mir passiert das oft.
Immer wieder.
Und auch mit ihm ist mir das passiert.
Das weiß die Bekannte nicht.
Nicht so direkt.
Was weiß sie, was in mir vorgeht?
Sie ist stark und selbstbewusst.
Sie weiß was sie will.
Während mir immer wieder dasselbe widerfährt.
Und ich lerne nicht dazu…
Ich bin an sich drüber weg.
Was ihn betrifft.
Ich geh ihm aus dem Weg.
Wo es möglich ist.
Aber diese Traurigkeit in mir…
Das Schlimmste auf der Welt ist:
Nie geliebt worden zu sein…
Bei mir war es immer so.
Fast immer.
Ich sehnte mich so nach Liebe.
Und sehne mich noch.
Aber es scharen sich nur schräge Vögel um mich.
Schräge Vögel.
Denen es nicht um mich geht.
Oder um meine Liebe.
Sondern nur um das, was ich nutzen kann…
Die Bekannte weiß das nicht.
Sie kennt mich auch nicht.
Nicht wirklich.
Sie hat ein Bild von mir.
Aber sie sieht nicht hinein in mich.
Sie weiß nicht wie es schmerzt.
Dieses lieblose Leben.
Diese ständigen Enttäuschungen.
Die betrogenen Hoffnungen.
Die Einsamkeit.
Er hat mich nie geliebt.
Aber er begreift auch nicht die Veränderung in mir.
Wie denn auch?
Auch er hat ein Bild von mir gehabt.
Doch ich habe den Rahmen gesprengt.
Was mach ich falsch?
Da müsste ich ansetzen.
An mir selbst.
Die Alarmzeichen erkennen.
Profession und Liebe trennen.
Ganz streng.
Dann trennt sich die Spreu vom Weizen.
Sehr schnell.
Leicht gesagt.
Sehr leicht gesagt.
Mit meiner verletzen Seele.
Die nach Anerkennung heischt.
Was weiß die Bekannte davon?
Mit ihrer gesunden Oberflächlichkeit?
Die nie lange grübelt.
Die nie lange nachdenkt.
Und für das Heute lebt.
Das Morgen kommt ohnedies von selbst…
Ich beneide sie.
Manchmal.
Ich würde gerne sein wie sie.
Bisweilen.
Und könnte es doch nie…
Wir sind so verschieden.
Viel zu verschieden.
Vielleicht kann ich lernen von ihr.
Ein wenig.
Das, was für mich passt…
Dann, wenn meine Verletztheit nachlässt.
Wenn die Wunde zu heilen beginnt.
Ich habe ihn wirklich gern gehabt.
Sehr sogar.
Was blieb?
Ein schaler Geschmack im Mund.
Und ihm tut es nicht einmal Leid…
Kann ich noch einmal lieben?
Finde ich mich selbst einmal in einem anderen?
Ohne dass Berechnung im Spiel ist?
Oder Vorteil…?
Ich habe mich geändert.
Ich bin nicht mehr so ausrechenbar.
Und ich bin stur…
Das hat er gemerkt.
Aber er versteht nicht.
Er begreift nicht…
Manchmal freu ich mich darüber.
Darüber, dass er diesen Wandel nicht nachvollziehen kann.
Aber nicht wirklich oft.
Die Wunde brennt dann wieder in mir.
Die Wunde tut weh.
Und das begreift wirklich niemand.
Die Leute halten mich für eigen.
Oder für komisch.
Und für überempfindlich.
Aber ich bin einfach so verletzt.
Und keiner versteht warum…
Diese Geschichte hat keinen autobiographischen Hintergrund.
Vivienne