Reich war ich nie. Das stimmt schon, aber vor vielen Jahren, da war ich sehr viel unbeschwerter, fröhlicher und glücklicher. Ganz sicher auch ein wenig naiver… das mag schon sein. Die Erfahrungen, sie lehrten mich, den Menschen eher mit Vorsicht zu begegnen. Und eines begriff ich früh, sehr früh. Ich wollte nicht abhängig sein, von jemandem. Nie. Schon gar nicht von einem Mann, der mich womöglich ständig spüren ließ, dass ich nichts wäre ohne ihn. Nichts…
Ich erkannte, dass ich anders war. Ganz anders. Die Mädchen in meinem Umfeld, die wollten heiraten. Kinder bekommen. Eine Familie gründen. Ich nicht… Andererseits. Ich wollte auch kein Außenseiter sein. Also heulte ich mit. So ein bisschen. Den Richtigen hätte ich noch nicht gefunden… Wenn ich ehrlich war: den gab es auch nicht für mich. In wen ich auch verliebt war, ob Frau oder Mann (richtig gelesen!): man nutzte mich aus. Belog mich. Versuchte mich zu missbrauchen für eigene Zwecke. Meine Familie, sie hatte akzeptiert wie ich war. Trotzdem hatte ich etwas aufgebaut rund um mich, das mich „normal“ erscheinen lassen sollte. Normal – oder was die anderen dafür hielten. Und als ich über dreißig wurde, meinte man mir helfen zu müssen, damit ich doch noch mein „Glück“ finde – oder besser gesagt, mich in das Schema zu pressen, das sich „jede vernünftige Frau“ anpassen lässt: Ehemann und Familie… Das erste Mal ging ich in die Falle – die Geschichte endete zu meinem Glück in einem völligen Desaster. Gott sei Dank für mich lässt sich eben nichts erzwingen, was nicht sein soll. Ein zweites Mal ist mir dieser Fehler nicht mehr passiert…
Nummer zwei war die berüchtigte Arbeitskollegin, die – wie Sie schon in ein paar meiner Geschichten gelesen haben dürften – eine Bauersfrau für ihren Bruder suchte. Kostenlose Arbeitskraft am Hof, Gebärmaschine für den vorprogrammierten Hoferben, kostenlose Französisch-Nachhilfe für die Tochter der Kollegin… Eine kuriose Geschichte mit bisweilen bösartigen Elementen nahm ihren Lauf. Aber seit fast zehn Jahren habe ich nichts mehr von ihr gehört. Der Bruder wird seine Frau bekommen haben – aber die konnte halt nicht französisch…
Es gab ein paar solcher Episoden. So etwas zermürbt, es macht mich krank, wenn immer wieder jemand versucht, mir seinen Willen aufzuzwingen. Seinen Willen in der Form, das wäre das einzig Richtige für mich. Aber je älter ich wurde, desto weniger ließ ich mir das bieten. Ganz besonders in Bezug auf mein Privatleben. Das war mir heilig und das gehörte mir. Mir ganz alleine… Ich flüchtete oft in den passiven Widerstand. „Sie mauert!“ hieß es dann. Oder: ich würde in einem Kokon eingesponnen leben. Als ich anfing mir die Haare blond zu färben, versuchte man es mir auszureden. Als ich mir eine Katze anschaffte, deren Leben ich damit rettete, versuchte man es mir auszureden. ÖVP müsste ich wählen, als einzig richtige Partei – ein Gebot der Stunde. Und man versuchte wieder einmal, mir das Familienleben schmackhaft zu machen. Diesmal als Oma – kein Schreibfehler. Und man erläuterte mir die Vorteile vom Landleben und vom eigenen Garten. Dabei war ich erst in die Stadt gezogen… Es war immer derselbe Mann, der sich da bemühte, mich einer Gehirnwäsche zu unterziehen. Beredt, teilweise sogar mit herzlichen sein wollenden Worten, obwohl er mich nicht leiden konnte. Und nach diesen Gesprächen noch weniger. Denn, leicht zu erraten, ich mauerte wieder.
Dieser Mann hatte wohl keinen Zweifel, mich trotzdem irgendwann einmal überzeugen zu können, dass seine Ratschläge das Richtige waren für mich. Heute steht fest, dass er in den Wind gepredigt hat. Er hat keine Möglichkeiten mehr, mich zu beeinflussen. Und: meine Haare sind blonder denn je. Ich wähle nach wie vor SPÖ. Meine Katze ist mein Ein und Alles und lebt weiter beschaulich bei mir. Ich bin weiter in der Stadt daheim, glücklich und zufrieden. Ja, und mein liebster Mensch und ich, wir teilen miteinander kostbare Momente während mich der bewusste Herr lieber beim Garteln gesehen hätte… Und die Bohnenzeitung werde ich weiter mit meinen Ideen speisen, auch wenn ich doch eigentlich auf kleine Kinder aufpassen sollte…
Ich bin heute persönlich wie noch nie zuvor. Ein Plädoyer für mein Leben. Es ist mir wichtig, für mich selbst zu stehen und nicht zu versuchen, jemand anderer zu sein, nur weil Frauen auch heute in gewissen Rollenbildern leben. Ich wurde oft von anderen Frauen, vorzugweise verheirateten Müttern, offen angefeindet, weil ich aus der Reihe tanze. Aber ich bin es leid, wenn ein Teil dieser Hausfrauen mich zu einer Art Frau zweiten Grades degradiert, weil ich kinderlos und unverheiratet bin. Wem das nicht passt, der muss sich nicht abgeben mit mir. Ich lege keinen Wert darauf. Ich bin wie ich bin. Ungewöhnlich. Kreativ. Ideenreich. Und anders. Das ganz besonders…
Noch etwas: all diese Leute, die mir ins Leben pfuschen wollten und ganz besonders letzterer Herr, hatten sich immer auf ihre Fahnen geheftet, dass sie mich nur glücklicher machen wollten mit ihrer Zwangsbeglückung. Werden sie je begreifen, dass ich nur glücklich werden kann, wenn man mich in Ruhe leben lässt wie ich möchte?
Vivienne
Dein offenes Wort gefällt mir sehr gut, Silvia! Ich bin auch davon überzeugt daß es sehr wertvoll ist, wenn man seine Gedanken in dieser Form „zu Papier“ bringen kann. LG Peter
Danke, Peter! Schön gesagt…
Wertvoll ist all das, das für einen am besten ist…
lg Silvia