Neue Bohnen Zeitung


von Vivienne  –  Februar 2004



Der Bulle von Tölz

Seit es im Filmschaffen verschiedenen Genres gibt, gehört der Kriminalfilm zu den beliebtesten, ein bemerkenswertes Metier jedenfalls, dessen sich auch bald das Fernsehen annahm. Jedes Land entwickelte im Laufe der Jahrzehnte seine eignen Krimikultur mit „Helden“ (oder auch „Antihelden“), die oft signifikant für die Filme oder Serien standen. „Derrick“ (bzw. „Siska“), „Der Alte“ oder „Wolfs Revier“ sind ein unrepräsentativer Ausschnitt aus der Bandbreite des deutschen Fernsehkrimis. Jeder hat seine Lieblinge und meiner heißt, das gebe ich gern zu, Benno Berghammer und ist „Der Bulle von Tölz“.

„Der Bulle von Tölz“ gehört seit seinem Start zu den beliebtesten Krimiserien im deutschen Sprachraum und lockt vor allem auch in Österreich nicht nur bei Erstausstrahlungen ein Millionenpublikum vor den Fernsehapparat. Was macht den Charme des wohlbeleibten „gelernten“ Kabarettisten Ottfried Fischer aus? Wie bei jedem Erfolgskrimi stecken auch hier etliche wohl ausgewählte Ingredenzien hinter dem großen Publikumsecho. Mein Kollege Einstein hat ja vor einiger Zeit schon das „Geheimnis des Erfolgs“ von „Columbo“ Peter Falk hinterleuchtet. Ich möchte heute ähnliche Überlegungen zum „Alpen-Columbo“ anstellen.

Ottfried Fischer stellt keinen typischen Krimihelden dar, obwohl er trotz seiner unleugbaren Leibesfülle keine Sekunde schwerfällig oder langsam wirkt. Im Gegenteil: „Benno“ bewegt sich agil und dynamisch und wenn es auch manchmal erstaunt, dass scheinbar grazile Sessel unter dem Gewicht des 180-kg-Mannes nicht wie Puppenmöbel zusammenbrechen – Benno hat Power! Der Bad Tölzer Kriminalkommissar, der längst schon jenseits der 40 ist, lebt noch immer im „Hotel“ seiner Mama Resi, die sinnigerweise gleich eine Pension betreibt. Ruth Drexel, die bekannte bayrische Volksschauspielerin, hat als Mama Berghammer der Serie auch längst ihren Stempel aufgedrückt.

Fast genau so korpulent wie Filmsohn Fischer stehen sich die beiden im verbalen Schlagaustausch nahezu ebenso ausgeglichen gegenüber. Und es sind die typischen Dialoge einer alten Frau mit ihrem Sohn, der nicht und nicht eine „Frau ins Haus bringt“ und so seine liebe Not mit dem anderen Geschlecht hat. Köstlich, wie sich die beiden Vollblutschauspieler oftmals mit Worten abwatschen! Die dritte in der Runde ist Katharina Jakob alias Kommissarin Sabrina Lorenz, kurioserweise ebenfalls eine gebürtige Bayerin, die aber problemlos über ihre flexible Sprachführung die Berlinerin rüberbringt, die sie in der Serie als weibliches Pendant zu Benno Berghammer darstellt.

Auch zwischen den beiden Kommissaren gibt es so manchen amüsanten Wortwechsel, denn Frau Lorenz führt im Gegensatz zu Berghammer ein sehr reges Liebensleben und versteht es, ihren Kollegen mit leichten wie liebenswürdigen Bosheiten an seiner Achillesferse zu treffen. Bei Mama Berghammer ist Frau Lorenz aber trotzdem immer gern gesehen und zum Essen eingeladen. Allein schon dieses Trio hat seine Fans um sich geschart und viel zur Popularität des „Bullen“ beigetragen. Aber auch im Detail, in wirklich liebenswürdigen Nebenrollen besetzt, finden sich ach so angesehene Mitbürger wie Unternehmer Toni Rambold (ein Schulkollege von Benno), die wichtigtuerische Frau Staatsanwältin, der „gemeine“ Polizist Pfeifer oder der hochwürdige Herr Prälat, die regelmäßig in den 90-Minuten-Folgen auftauchen und Verwirrung stiften, Intrigen planen oder einfach verdächtig sind. Oftmals spitze und treffende politische Seitenhiebe auf die Bayrische Regierung und die federführende Partei runden diese Mischung perfekt ab.

Im Gegensatz zum obig angeführten Columbo steht im „Bullen“ der Mörder aber nicht schon zu Beginn fest, im Gegenteil, Benno und seine Kollegin (die im Übrigen in der Serie wegen ihrer vielen anderen beruflichen Aktivitäten sich beinahe schon die halbe Zeit offiziell „auf Urlaub oder Schulung“ befindet und Fischer allein werken lässt) müssen viele Spuren prüfen, ehe der Täter oder die Täterin (und manchmal sind es auch zwei) ausgeforscht ist. Zwischendurch verliebt sich Benno auch gern mal wieder in die Falsche (vorzugsweise blond, hochverdächtig oder gar die Mörderin), ärgert sich mit der Frau Staatsanwältin, der stets jeder Durchblick fehlt oder mit seinem „Schulfreund“ Rambold, der Sabrina nicht nur schon schöne Augen gemacht hat sondern den auch ein kurzes Gspusi mit ihr verband.

Sie sehen schon, auch wenn Sie denn „Den Bullen von Tölz“ noch nicht kennen (Gibt es überhaupt noch so jemanden?), diese Krimiserie ist nicht nur amüsant sondern es ist auch regelmäßig jede Menge los. Das Drehbuch wird auch stets so konzipiert, dass von Anfang an jede Menge Verdächtige zur Auswahl stehen, wie in jedem klassischen Krimi auch. Gaststars wie „Buhlschaft“ Veronika Ferres oder der leider schon verstorbene Hans Brenner (der, was wenige  wissen, auch der Lebenspartner von „Resi“ Ruth Drexel war) geben den einzelnen Folgen immer wieder eine besondere Würze.

Alles in allem: für mich ein Grund regelmäßig jeden Dienstag um 21:10 Uhr das TV-Gerät einzuschalten – auch wenn es „nur“ eine Wiederholung gibt…

Vivienne

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