Neue Bohnen Zeitung


von Vivienne  –  November 2004



November

Nieselregen.
Hochnebel.
Es ist kalt geworden.
Ich stehe an der Tür.
Rufe nach der Katze.
Ich hab keine Lust weiter nach draußen zu gehen.
Die Katze kommt aufs Haus zugelaufen.
Sie schnurrt laut.
Schmiegt sich an meine Beine.
Ihr Fell ist nass.
Ich streichle sie.
Währendessen nehme ich die Umgebung in Augenschein.
Grau in Grau?
Ganz sicher auch.
Aber dazwischen viele Farbkleckser.
Da ein kräftiges Gelb.
Dort ein dunkles Rot.
Blätter in allen Farben.
Und die Lärche des Nachbarn sieht hübsch aus.
Mit den Nadeln, die sich verfärben.
Und irgendwann zu Boden fallen.
Andere Bäume sind aber schon kahl.
Ihre Äste und Zweige ragen fast bedrohlich in das Zwielicht des Tages.
Vereinzelt Vögel, die sich kurz niederlassen.
Um gleich darauf wieder wegzufliegen.
Mich fröstelt an der Tür.

Die Katze drängt mich.
Ihr Kosen wird immer heftiger.
Ich weiß sie hat Hunger.
Füttern soll ich sie.
Ich weiß auch nicht, was mich da an der Tür festhält.
Leichter Wind frischt auf.
Der Tag ist nicht wirklich trübe..
Friede in meiner Seele.
Ein wohliges Gefühl.
Eins mit mir selbst lasse ich meinen Blick über die Felder schweifen.
Sie sind nicht alle abgeerntet.
Auf manchen wuchert noch Raps.
Unverwüstlich.
Dicke Wassertropfen auf den großen Blättern.
Die Luft ist gut.
Nein, der November muss nicht deprimierend sein.
Es gibt noch viel Leben.
Aber auch die heutige Stimmung ist angenehm.
Vor einer Woche deprimierte mich alles.
Ich war spazieren im Dorf.
Sammelte Kastanien.
Und fand nur wenige, die geblieben sind.
Übersehen wurden.
Versteckt hinter Blättern.
In meinem Inneren Zwiespalt.
Die Felder abgeerntet.
Leer und öde.
Wie ich mich fühlte.

Die Katze sitzt jetzt neben mir.
Sie miaut.
Beginnt ihre Pfoten zu putzen.
Der Regen wird stärker.
Ich spüre ab und an ein paar Tropfen im Gesicht.
Ein paar Sträucher vor dem Haus wiegen sich im Wind.
Der größere Strauch hat noch fast lauter grüne Blätter.
Nur bisweilen schleicht sich ein wenig gelb dazwischen.
Die Rosen sehen traurig aus.
Der Regen hat die Blüten unansehnlich verfärbt.
Fast resignierend zeigen die Blütenblätter nach unten.
Die Sträucher und Bäume sind nicht viel anders wie der Mensch.
Der eine wirkt im Alter ruppig und schroff.
Kalt und abwehrend.
Der andere bewahrt Würde und Schönheit bis in den Spätherbst.
Nicht jedem ist es gegeben trotz aller Unbillen stark und lebendig zu bleiben.
Und manche stolze Schönheit muss dem Schicksal Tribut zollen.

Nun ist mir doch kalt geworden.
Ich schüttle mich.
Streife die Gedanken dabei ab.
Ein Auto fährt langsam an diesem Sonntagvormittag auf unsere Straße.
Heimfahrt von der Messe.
Nein.
November heißt nicht allein Tod und Vergänglichkeit.
November heißt vor allem auch innere Einkehr.
Nicht allein Trauer sondern auch Resümee
Kraft schöpfen.

Und allem etwas Positives abzugewinnen…

Vivienne

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