Taggedanken

Heute regnet es.
In feinen, dichten Tropfen.
Ich höre die Tropfen in den Blättern.
Wenn ich vor dem Fenster stehe.
Monotonie liegt darin.
Und eine gewisse Beständigkeit.
Vor wenigen Tagen noch schien die Sonne.
Versengte uns.
Und fast jeder stöhnte.
Wischte sich den Schweiß von der Stirn.
Und sehnte sich nach Abkühlung.
Heute jammern die Leute wieder.
Sie sehnen sich nach der Sonne.
Nach den heißen Temperaturen.
Nach blauem Himmel ohne Wolken…

Was will der Mensch?
Immer etwas anderes.
Zufrieden ist er nie.
Und vor allem sehnt sich jeder nach etwas anderem.
Der eine flieht vor der Hitze ins Freibad.
Der andere stöhnt und kauft sich einen Ventilator.
Ein anderer geht im warmen Sommerregen spazieren.
Ein Vierter schimpft und versteckt sich unter einem Regenschirm.
Die Menschen sind sich selten einig.
So viele Menschen so viele Meinungen.
Wünsche.
Ziele.
Die sich selten unter einen Hut bringen lassen.
Weil sie so gegensätzlich sind.
Das Leben bleibt unbeirrbar davon.
Es erfüllt einmal jenen Wunsch.
Oder unterstützt dann das Ziel von jemand anderem.
Das Leben gleicht meistens aus.
Irgendwann kommt jeder zum Zug.
Fast immer.

Kaum einer hat das für immer gepachtet.
Das, was man „Glück“ nennt.
So im allgemeinen Sprachgebrauch.
Glück ist nie Glück in dem Sinn.
Das wahre Glück finden wir in uns selbst.
Und nicht in der Erfüllung unserer Wünsche.
Das ist ein großer Unterschied.
Liebe und Erfolg können Glück bedeuten.
Wenn wir damit umgehen können.
Wenn wir es schätzen und richtig gewichten.
Alles kann Glück sein.
Das wir erleben.
Wir merken es nur nicht immer gleich.
Für manch einen schien die Erfüllung eines bestimmten Wunsches das größte Glück.
Bis er nach Jahren begreifen musste.
Dass dieses Glück auf Sand gebaut war.
Der andere erlebt eine vermeintliche Katastrophe.
Durch die er lange nicht zur Ruhe kommt.
Bis er nach längerer Zeit die Früchte dieses Erlebnisses ernten darf.
Glück, das er nie erfahren hätte.
Wäre ihm das Leid erspart geblieben…

Wir sollten nie hadern über unser Leben.
Dessen Sinn wir nie völlig erfassen werden.
Sondern nur so manchen Aspekt davon.
Unser Leben als Teil des ganzen Universums zu betrachten ist ein Teil davon.
Warum jammern, dass es heute regnet?
Neulich war es doch noch so schön…
Warum verzagen, dass die Hitze alles versengt?
Der Regen kommt so sicher wie das Amen im Gebet.
Man muss nur warten können.
Unser Leben zwingt uns oft zum Warten.
Weisheit gehört dazu zu erkennen.
Wann zu handeln ist.
Und wann zu warten…
Wer sich den Kopf oft anstößt, sollte einmal über sich nachdenken…
Nicht die rasche Tat zeichnet den Klugen aus.
Sondern die Erkenntnis, wann was nötig ist.
Und die Weisheit, den Status Quo zu akzeptieren.

Es regnet noch immer.
Die Tropfen fallen dichter.
Und der Wind frischt auf.
Mancher liebt den Regen.
Und wer nicht, sollte sich trösten:
Die Sonne kehrt wieder…

© Vivienne

Schreibe einen Kommentar