Teil 8 – Der Eierdieb, 1

Wenige Tage später erwachten die drei Bewohner der Scheune durch Lärm auf dem Hof. Es war noch sehr früh am Morgen. Auch Rolfs Gebell war immer wieder zu hören. Philip wollte gleich hinauslaufen um zu sehen, was geschehen war. Seine Mutter riet ihm davon ab.

„Ich glaube der Fuchs war da. Wahrscheinlich hat er ein Huhn geholt. Rolf wird sicher bald kommen um es uns zu erzählen.“

Nach einer Weile kam dann Rita, Rolfs Frau, in die Scheune.

Ernst erzählte sie: „Heute Nacht war ein Tier im Hühnerstall. Viele Eier wurden gefressen oder zerbrochen. Die Hühner und der Hahn haben anscheinend nichts gehört. Nur Berta behauptet, etwas sei an ihr vorbei gehuscht. Vermutlich hat sie aber nur geträumt.“

„Hat denn der Fuchs kein Huhn mitgenommen?“ fragte Stefan vorlaut. „Wir wissen nicht, wer die Eier gestohlen hat. Aber den Hühnern ist nichts passiert, erwiderte Rita.

„Aber wer sollte denn Eier stehlen?“ war Philip überrascht. Da musste er mit einem Mal an Stefan denken. Der Igel hatte doch neulich so großen Appetit auf die Eier von Agnes.

Stefan erschrak bei Philips Blick. „Aber ich war es nicht!“ rief er.

„Bleib‘ ganz ruhig!“ sagte Melissa. „Was glaubt der Bauer?“ fragte sie Rita.

„Bis jetzt hat er noch nichts gesagt“, antwortete Rita. „Aber August schreit laut, Stefan sei es gewesen. Er treibe sich immer beim Hühnerstall herum. Und außerdem, sagt er, ein Igel habe nichts auf einem Bauernhof verloren. Leider geben ihm die Hühner alle Recht; und auch die beiden Enten und die Tauben glauben August.“

„So eine Gemeinheit!“ rief Philip. „Du warst doch die ganze Nacht hier!“ fuhr er, an Stefan gewandt, fort. „Du bist schon so lange bei uns – warum solltest du jetzt anfangen, Eier zu stehlen?“

„Agnes, die weiße Henne, hat erzählt, dass ihr zwei vor ein paar Tagen Jagd auf sie und ihre Eier gemacht habt!“ meinte Rita besorgt.

„Oh dieses Huhn!“ ärgerte sich Stefan. „Das ist doch nicht wahr! Wir wollten Ratten jagen im Schuppen! Woher sollten wir wissen, dass sie ihre Eier dort versteckt?“ Rita ging wieder.

Die drei schwiegen erst einmal. „Welche Tiere fressen denn nun Eier?“ wollte Philip schließlich wissen. „Wir wissen doch, dass Stefan kein Dieb ist!“

Melissa erklärte den beiden: „Tiere, wie der Fuchs, oder auch ein Luchs oder ein Wiesel essen natürlich gerne Eier. Aber wenn sie schon im Hühnerstall sind, fangen sie natürlich lieber ein Huhn.“

„Kann es denn nicht ein Igel aus dem Wald gewesen sein?“ fragte Stefan. „Auch meine Familie war ja zuerst im Wald – ich war noch ganz klein, als wir durch ein Loch hereingekommen sind.“

„Ich weiß, an der Mauer fehlten einmal ein paar Ziegel, aber sie ist schon lange wieder repariert“, antwortete die kluge Katze.

Stefan und Philip hatten keinen Hunger. Sie strichen lustlos über den Hof. Die Hühner tuschelten miteinander, als sie die beiden sahen. Am Teich trafen sie Irma. Die Gans tröstete die beiden. „Lasst den Kopf nicht hängen. August macht sich nur wichtig!“

Stefan bedankte sich, er war aber trotzdem verzagt. „Du bist dir ja auch nicht ganz sicher!“ sah er Philip fragend an.

Philip fühlte sich ganz schlecht. Der Igel hatte nicht ganz Unrecht. „Du bist mein Freund“ sagte er schließlich ganz ernst. „Und ich weiß, dass du nicht stiehlst!“

Stefan hatte Tränen in den Augen. „Wahrscheinlich wird mich der Bauer verjagen. Und ich bin wieder allein!“

Philip gab sich einen Ruck. „Wir werden den Dieb finden!“ rief er entschlossen. „Mama und Rolf und Rita werden uns sicher helfen!“ Als sie zurück über den Hof liefen, trat ihnen August entgegen. „Der Eierdieb und sein Freund!“ rief er frech.

Philip machte einen Satz auf den Hahn zu. Er versetzte ihm ein paar Tatzenhiebe und warf ihn auf den Rücken. „Sei still!“ fauchte er ihn an. „Lass ihn reden!“ riet ihm da Stefan. „Was kümmert es uns, was er schwatzt?“ Philip sah ein, dass sein Freund Recht hatte. Ohne ein Wort gingen die beiden weiter.

August bot einen traurigen Anblick. Er hatte ein paar Federn verloren und sah ein wenig zerzaust aus. Mühsam wollte er sich aufrichten. Da sah er Melissa ein paar Schritte vor ihm sitzen. Ihre Schwanzspitze zuckte leicht. August erschrak. Melissa hatte ihn schon die ganze Zeit beobachtet. „Ich warne dich!“ sagte sie mit funkelnden Augen. August wollte antworten, aber er brachte den Schnabel nicht auf.

Melissa drehte sich um und ließ ihn stehen. Wind kam auf, und am Abend begann es zu regnen. Die Stimmung am Hof blieb trüb.

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