„Wie ein einziger Tag“

Was macht Liebe wirklich aus? Eine Frage, die ich in meinen lyrischen und philosophischen Beiträgen immer wieder behandelt und zu beantworten versucht habe. Eine Frage, die auch keineswegs unberechtigt scheint in einer Welt, die von Oberflächlichkeit, Gefühllosigkeit und Beziehungsunfähigkeit geprägt ist. Der Mensch ist immer auf der Suche nach Liebe und entfernt sich doch immer weiter von ihr, je näher er an sie heranzukommen versucht. Denn Liebe ist so viel mehr als reines Begehren und das Ausleben von Trieben… Dieser Tage fiel mir zufällig der Streifen „Wie ein einziger Tag“ des Regisseurs Nick Cassavates in die Hände, der nach dem Roman von Nicholas Sparks entstanden ist. Und dieser Film scheint eine klare Antwort darauf zu geben, was Liebe wirklich ausmacht…

„Wie ein einziger Tag“, der im Jahre 2004 entstand, erzählt die Liebesgeschichte von Allie und Noah, zwei blutjungen Menschen, die aus völlig verschiedenen Welten stammen. Allie ist eine „wohl geborene“ Tochter, die sich noch nie in ihrem Leben über finanzielle Dinge Sorgen machen musste. Noah ist ein einfacher Landbursche, der für seinen Unterhalt hart arbeitet und wenig verdient. Die beiden so unterschiedlichen jungen Leute laufen sich während des Sommerurlaubs von Allies Familie in Seabrook über den Weg und fangen Feuer. Wild verliebt verbringen sie jede freie Minute miteinander und Allies Familie entgleitet unversehens der Überblick über die vermeintliche Sommerliebe ihrer Tochter – bis sie rigoros die Grenzen ziehen. Von einem Tag auf den anderen verlässt die angesehene Familie Seabrook wieder und das junge Paar wird brutal auseinander gerissen. Mehr noch, Allies auf Standesdünkel bedachte Mutter lässt auch all die Liebesbriefe verschwinden, die Noah seiner Liebsten in seiner Hilflosigkeit jeden Tag schreibt…

Noah meldet sich schließlich für den Einsatz im 2. Weltkrieg, Allie besucht das College in New York. Ein steinreicher junger Soldat verliebt sich in Allie und umwirbt sie solange, bis sie selber glaubt, den gut aussehenden Mann zu lieben und willigt ein, ihn zu heiraten. Noah hingegen übersteht den Krieg zwar heil, aber die Liebe zu Allie beherrscht ihn nach wie vor. Mit dem Geld seines Vaters renoviert er das Haus, in dem er einmal mit seiner Geliebten leben wollte, ganz so, wie sie es immer haben wollte. Eine Kriegswitwe teilt zwar sein Bett, schafft es aber nie in ihn zu dringen und ihm wirklich nahe zu sein. Allie wiederum geht ganz in ihrer Lebenslüge auf, glücklich verliebt und bald genauso glücklich verheiratet zu sein, bis ihr in einer Zeitung ein Bild von Noah auffällt. Die alte Wunde bricht auf…

Unter einem Vorwand begibt sie sich nach Seabrook um Noah wieder zu sehen… Die große Liebe zwischen den beiden blüht auf, als wäre sie nie verwelkt gewesen. Aber Allies Verlobter wird unruhig, als sich seine Braut die ganze Zeit nicht meldet, er quartiert sich in ihrem Hotel ein um auf sie zu warten… Allies Mutter warnt ihre Tochter nicht nur deswegen, sie gibt auch das erste Mal zu, dass sie vor 25 Jahren eine ähnliche Sommerromanze verlebte wie ihre Tochter, aber damals grausam von ihrem Liebhaber getrennt wurde. Mit zwiespältigen Gefühlen fährt Allie ins Hotel und macht mit ihrem Verlobten reinen Tisch – dann kehrt sie endgültig zu Noah zurück…

Das Besondere dieser romantischen Liebesgeschichte macht allerdings erst die Rahmenhandlung aus, die diese Begebenheiten nach und nach aufrollt. In einem Altenheim leidet eine attraktive ältere Frau an Alzheimer. Ihr Mann, den sie nicht mehr kennt, bemüht sich jeden Tag rührend um sie und liest ihr aus einem Notizbuch eine Geschichte vor – die Geschichte von Allie und Noah, mehr noch: die Geschichte der beiden, denn die demente Frau ist Allie, und Noah, ihr Mann, kümmert sich nach wie vor voller Liebe um sie… Allie ist selten bei klarem Verstand, sie erkennt auch ihre Familie nicht, aber die Geschichte gefällt ihr und sie kommt ihr auch bekannt vor, bis sie in einem lichten Moment begreift, dass Noah ihrer beider Leben erzählt… Die Freude darüber dauert nicht lange, Allie verliert sich wieder und wird aggressiv, aber die Liebe der beiden besteht weiter und sie kann Wunder bewirken – wie jene klaren Minuten…

Der Film berührt sehr, und macht einem wieder bewusst dass sich Liebe nicht in Äußerlichkeiten findet und nicht in purer Leidenschaft. Liebe wird erst dann Liebe, wenn sie in schwierigen Situationen nicht nur besteht sondern noch weiter wächst und das Besondere in ihr erst sichtbar wird. Wer Liebe nicht in einer Nähe zum anderen findet, die weit entfernt von reiner Körperlichkeit existiert, hat nichts wirklich begriffen…

„Wie ein einziger Tag“ gefällt vor allem auch durch seine eher unspektakuläre Weise. Regisseur Nick Cassavates brachte in diesem Streifen neben routinierten Altstars wie James Garner und Gena Rowlands (seiner Mutter) auch die beiden Youngsters Rachel McAdams und Ryan Gosling zum Einsatz, wobei letztere, die das junge Liebespaar verkörpern, sich während der Dreharbeiten wirklich ineinander verliebten und selber einige Zeit ein Paar waren… Vielleicht kommt deshalb die Liebe der beiden so authentisch zur Geltung, denn die Gefühle waren nicht gespielt.

(C) Vivienne

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