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23.07.2005, © Vivienne
Am Beispiel ÖBB
Weit entfernt von den realen Bedürfnissen
Mehrmals habe ich schon darauf hingewiesen, wie wenig sich ein ÖBB-Fahrplan bisweilen an den tatsächlichen Gegebenheiten orientiert. Ein normaler Zug in die Provinz, also etwa in meine Richtung ins Mühlviertel, muss sehr oft mit der Abfahrt auf die Ankunft so genannter internationaler Züge (von oder nach Wien) warten, auch wenn nur eine Handvoll Leute umsteigt während an die hundert Fahrgäste oder mehr bei ihrer Heimfahrt deswegen Verspätungen in Kauf nehmen müssen. Wie fair oder wie sinnvoll es ist, etliche zahlende Kunden wegen einzelner Personen warten zu lassen, mag dahin gestellt sein. Tatsache ist, dass man bei der Bahn dabei nicht einmal ein System einhält oder besser gesagt ein höchst fragwürdiges.
Denn während wie gesagt auf Euro- oder Intercity Züge normalerweise gewartet wird, ist es bei den ÖBB ziemlich unwichtig, ob jemand von der Provinz vielleicht dringend in die Bundeshauptstadt muss, und dass womöglich noch an einem Feiertag am frühen Morgen. Mir selber passiert, als ich letztes Jahr kurz nach Weihnachten in die Türkei flog und dafür auf dem Flughafen Wien Schwechat einchecken wollte. Durch einen Stromausfall stand der Zug kurz vor Linz fast eine Viertelstunde, und obwohl ich den Schaffner auf meine Zeitnot hinwies, pfiff die Fahrdienstleitung in Linz auf diese Bitte. Ich durfte eine Stunde in Linz auf den nächsten Eurocity warten Einzelschicksale zählen nicht bei der Bahn, und wem es nicht passt, der darf ruhig zu Fuß gehen.
So oder ähnlich lautet die Unternehmensphilosophie bei den ÖBB. Das bekam ich vor einigen Jahren schon einmal zu spüren, auf der Strecke Linz-Perg. Ich befand mich auf der Heimfahrt von einem Amtstermin in der Bezirkshauptstadt, als die Zugfahrt nach Mauthausen (dort wird dann auf den ÖBB-Bus umgestiegen) plötzlich unterbrochen wurde: ein Fahrzeuglenker war Anfang Dezember auf dem frisch gefallenen Schnee von der Straße abgekommen und war auf den Gleisen gelandet. Man war bemüht schnell einen Schienenersatzverkehr nach Mauthausen zu organisieren, das hieß konkret, ein örtliches Taxiunternehmen sprang mit einem Kleinbus ein. Meine Hoffnung, dass der Bus in Mauthausen auf uns gewartet haben möge, erfüllte sich allerdings nicht. Einzelschicksal! antwortete mir der Fahrdienstleiter auf meine Beschwerde lapidar und zuckte mit den Achseln.
Eine Reaktion, die Bände spricht. Er einzelner Fahrgast ist bei den ÖBB absolut nichts Wert und es muss ja niemand mit der Bahn fahren, wenn er nicht will Dass man sich dann im Grunde auch den prompten Schienenersatzverkehr hätte sparen können, mag in die Gehirne der Verantwortlichen nicht vorgedrungen sein. Ähnliches dachte ich mir heute Nachmittag, als ich mich wegen meiner bevorstehenden Flugreise erkundigen wollte, wann in der Früh am Feiertag des 15. August (der Abflugtag) der Shuttle zum Blue Danube Airport verkehrt. Interessiert es Sie auch, liebe Leser? Die Antwort ist: gar nicht, nicht in der Früh. Sie haben richtig gelesen. An Sonn- und Feiertagen verkehrt ein einziger Bus auf der Strecke und zwar um 14:38 Uhr. Was mir nichts bringt, zu dem Zeitpunkt bin ich längst in Nizza.
Der Zeitpunkt dürfte von den Verantwortlichen von den ÖBB und den Behörden am Flughafen nach dem Zufallsprinzip ausgewürfelt worden sein, anders scheint mir die Handhabung nicht logisch erklärbar. Ihnen ist sicher klar, was das in der Realität heißt: die Urlauber müssen sich entweder einen privaten Fahrdienst organisieren oder mit dem Taxi vom Linzer Hauptbahnhof nach Hörsching fahren. Geschätzte Kosten: etwa 50 Euro. Ich würde jetzt nicht so weit gehen, ob der indiskutable Feiertagsfahrplan womöglich einfach einer Kooperation zwischen ÖBB, Flughafen und Taxiinnung entspringt, obwohl sich der Verdacht durchaus aufdrängt. Kundenfeindlich ist diese Handhabung alle mal und jene Urlauber, die reell wirklich finanziell draufzahlen dürften, so wie ich, sind den Zuständigen völlig egal wie schon weiter oben erläutert: Einzelschicksal
Pendler sind, so oder so, arme Teufel. Entweder fressen die Benzinkosten und die Autohaltung ein tiefes Loch ins Budget und man ist immer auf der Suche nach einem Parkplatz oder man ist auf Fahrpläne angewiesen, die auf individuelle Bedürfnisse null Rücksicht nehmen. Dass man es nicht allen immer Recht machen kann, ist nicht von der Hand zu weisen, aber im Einzelfall macht auch der Ton die Musik und Diplomatie wäre angesagt. Wie etwa von jener Angestellten der ÖBB, die mir die Auskunft über den Sonntagsfahrplan des Airportshuttle erteilte. An den Gegebenheiten konnte auch sie nichts ändern, aber sie ließ mich wissen, dass sie meinen Unmut nachvollziehen konnte. Und das hat sie so manchen Schaffnern und Fahrdienstleitern voraus. Und vor allem jenen, die unsere Fahrpläne am Reißbrett entwerfen und selber beständig im Firmen-BMW unterwegs sind
Vivienne
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