Die Firmenfeier – Geschichten aus dem Cafe Steiner

Christian, ein junger Mann Anfang 30, arbeitet im Rechnungswesen einer großen Versicherung im 2. Wiener Gemeindebezirk. Ich habe ihm im „Cafe Steiner“ schon öfters gesehen, auch wenn sich bisher zwischen uns noch kein allzu tiefgehendes Gespräch ergäben hatte. Das gemütliche Kaffeehaus liegt auch nur zwei Gassen von seinem Arbeitsplatz entfernt. Am vergangenen Donnerstag stand eine kleine Firmenfeier aus Anlaß eines internen Projektabschlusses von Christians Arbeitgeber am Programm wofür im „Cafe Steiner“ ein Tisch für etwas mehr als 10 Kollegen reserviert wurde. Davon hatte Christian bei einem seiner letzten Besuche in dem Kaffeehaus auch schon erzählt gehabt.

Ich selbst war am Donnerstag gegen 18 Uhr ins „Steiner“ gekommen um den Arbeitstag ein wenig ausklingen zu lassen als auch Christian mit seinen rund 10 Kollegen eintraf und am reservierten Tisch im Nichtraucherbereich des Lokals Platz nahm. Ich war an dem Abend in gewohnter Weise vertieft in Diskussionen mit einigen Stammgästen und habe das Firmenevent im Nebenraum nicht wirklich wahr genommen. Insofern war es mir anfangs gar nicht aufgefallen als Christian kurz nach 19 Uhr den Tisch im Nebenraum des Lokals verlassen hatte und an der Schank Platz nahm um sich eine Zigarette anzuzünden „Ich sag’s euch Leute, diese Firmenfeste sind einfach etwas schlimmes!“ warf Christian auf einmal in die Runde. Ich konnte diese Aussage anfangs nicht richtig deuten und fragte ihm, wie er das denn meine.

„Schau, die Firma zahlt uns halt die Konsumationen am heutigen Abend, weil wir ein Umstellungs-Projekt gut abgeschlossen haben.“ begann Christian zu erklären. So wirklich gefreut dürfte es offenbar nur wenige haben, einige Kollegen hätten ihr Fernbleiben auch mit fadenscheinigen Ausreden entschuldigt. Und von den Kollegen, die sich doch aufgerafft hätten ins „Cafe Steiner“ zu kommen wäre knapp die Hälfte etwa nach einer Stunde auch schon wieder nach Hause aufgebrochen. Ich konnte es mir nicht ganz nehmen lassen Christian nun zu fragen, ob er das Betriebsklima in der Versicherung generell als schlecht interpretieren würde. „Nein, das eigentlich nicht“, bekam ich zur Antwort, „vom Arbeiten her paßt schon soweit alles. Aber das Kollegen auch privat etwas miteinander anfangen können ist bei uns halt eher selten. Und das finde ich irgendwie schade, weil ich das durchaus auch schon anderes erlebt habe.“

Ich dachte in weiterer Folge an meine eigenen Erlebnisse bei Firmen- und Weihnachtsfeiern nach, die ich natürlich auch selbst schon zur genüge erlebt habe. Im wesentlichen ist es mir wahrscheinlich sympathischer mit einigen Kollegen privat etwas zu unternehmen als wenn ich bei einem offiziellen Firmenevent sein darf. Daß beim Firmenevent zwar die Rechnung von der Firma beglichen wird mag zwar nett sein, hat aber für mich keine übermäßige Bedeutung. Andererseits würde ich soweit es möglich ist auch an jeder Abteilungsfeier teilnehmen – bestimmt aber nicht weil mir die Rechnung gezahlt wird sondern weil ich mich durchaus nicht einem Zeichen für gemeinschaftlichen Zusammenhalt widersetzen möchte.

Christian hatte sich mittlerweile wieder zu seinen noch im Lokal verbliebenen Kollegen gesellt und in einer kleinen Runde – wie ich hoffe – noch einen angenehmen Abend verbracht. Als ich selbst gegen 22 Uhr das „Cafe Steiner“ verließ waren er und zwei Kollegen jedenfalls noch in einer offenbar tiefsinnigen Diskussion verhaftet. Mein Schluß aus der Sache ist jener, daß es zwar schön ist, wenn sich zwischen Kollegen auch freundschaftliches Verhalten entwickelt, aber man dies keinesfalls voraussetzen oder erzwingen sollte – dazu sind letztlich die Menschen einfach zu unterschiedlich. Und dieser Umstand ist auch zu respektieren …

In vielen Firmen wird auch diskutiert, wieweit es überhaupt notwendig wäre solche Events zu finanzieren. Auch hier habe ich eine Meinung, die vielleicht nicht jeder mit mir teilen wird – ich sehe solche Firmenevents weniger als Belohnung für die Mitarbeiter als vielmehr eine Maßnahme den sozialen Kontakt zwischen den Kollegen zu fördern – was sich zweifellos auch auf die Arbeit positiv auswirken sollte. Ich sehe solche privaten Zusammenkünfte durchaus positiv, wobei dies – wie schon gesagt – nicht so sehr davon abhängt, ob die Firma die Zeche zahlt oder nicht…

Pedro

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