Gedanken zum Nichtraucherschutz – Ansichtssache

Am 1. Januar 2009 wurde das österreichische Tabakgesetzt dahingehend novelliert, daß das Rauchen in Räumen öffentlicher Orte sowie in Gastronomiebetrieben verboten oder stark eingeschränkt wurde. Der Gesetzgeber erließ für die Gastronomie eine Übergangsfrist, die am 1. Juli 2010 zu Ende gegangen war. Seither muß mindestens die Hälfte der Lokalfläche als Nichtraucherzone gekennzeichnet sein, wobei eine räumliche Trennung zum Raucherbereich vorgeschrieben ist. In Verhandlungen haben die Gastronomen in Österreich aber auch einige Ausnahmegenehmigungen erwirkt. Lokale mit einer Fläche von weniger als 50 m2 dürfen sich zum Raucherlokal erklären und sind von der vorgeschriebenen räumlichen Trennung ausgenommen. Die 50 m2-Grenze erhöht sich auf 80 m2 wenn die notwendigen baulichen Maßnahmen aus denkmalschutzrechtlichen oder anderen Gründen nicht möglich erscheinen.

Es sei natürlich erwähnt, daß Österreich in Sachen Nichtraucherschutz in der Gastronomie auch nach der jüngsten Gesetzesänderung noch eine relativ restriktionsfreie Politik fährt. Zahlreiche Länder wie etwa Frankreich, Irland oder Italien haben schon teilweise vor Jahren ein generelles und ausnahmsloses Rauchverbot in der Gastronomie erlassen. In Deutschland wird der Nichtraucherschutz von den einzelnen Bundesländern unterschiedlich gehandhabt. Erst vor wenigen Wochen hat in Bayern eine Volksabstimmung dazu geführt daß im benachbarten Freistaat mit 1. August 2010 ein bedingungsloses Rauchverbot in der Gastronomie in Kraft treten wird. Ich hätte ehrlichgesagt mit diesem Ausgang in Bayern nicht gerechnet, wobei die geringe Wahlbeteiligung von gerade mal 37,7 Prozent für mich zeigt, das die Anhänger einer restriktiven Rauchergesetzgebung offenbar besser mobilisieren konnten. Andererseits vermuten so manche, daß es ohnehin nur mehr eine Frage der Zeit wäre bis die Europäische Union ein generelles Rauchverbot für die Gastronomie verordne.

Ich möchte natürlich nicht bestreiten, daß das Rauchen schädlich ist und jedes Jahr tausende Todesopfer fordert. Das muß aber jedem Raucher auch bewußt sein und letztlich geht es bei der Sache auch um kein generelles Gesundheitsprogramm sondern um den Nichtraucherschutz. Zweifellos hatten es Nichtraucher in so manchen Lokalen schwer sich vom Zigarettengestank fern zu halten. Andererseits hatte jeder Wirt seit jeher die Möglichkeit sein Lokal als rauchfrei zu erklären, was soweit mir bekannt kaum geschehen ist. Letztlich hat der Gastronom auch wirtschaftliche Interessen zu vertreten, denen eine solche Verordnung wohl zuwidergelaufen wäre. Ich denke auch, daß ein generelles Rauchverbot in Österreich zwar die gehobene Gastronomie kaum treffen, sehr wohl aber so manches kleine Cafe-Pub oder auch die legendäre Kneipe an den Rand der Existenzfähigkeit drängen würde. Der Vergleich mit den Ländern, die bereits ein restriktives Rauchverbot verhängt haben hat für mich nur eine bedingte Aussagekraft, da ich deren Lokalstruktur nicht immer für vergleichbar halte. Auch die Gastronomievertreter fürchten, daß manche Stammtische in private Räumlichkeiten verlagert werden könnten.

Die eingangs erwähnten Ausnahmeregelungen des österreichischen Tabakgesetzes haben in der Öffentlichkeit eine interessante Diskussion ausgelöst, die teils darauf hinausläuft dass das Tabakgesetz eine bestimmte Ungleichbehandlung forciert und nur ein striktes Rauchverbot für Klarheit sorgen würde. Tatsächlich habe ich bei Lokalbesuchen in den vergangenen Wochen keine großen Änderungen in der Raucherkultur feststellen können. Ein mir bekanntes Lokal im 2. Wiener Gemeindebezirk etwa hat einen rund 15 m2 großen Teil seines Lokals zum „Privatzimmer“ erklärt, wodurch die Restfläche weniger als 50 m2 ausmachen würde. Ob dieses Vorgehen rechtlich zulässig ist stelle ich stark in Zweifel. Die Gemeinden haben auch nicht vor das neue Gesetz selbst zu exekutieren, sondern vertrauen auf Anzeigen von Privatpersonen, auch wenn mir die Regelung, die letztlich gewissermaßen auf ein Denunziantentum ausgerichtet ist nur wenig behagt.

Letztlich bin und bleibe ich in der – wohl bestimmt nicht weltbewegenden – Frage des Nichtraucherschutzes gespalten. Auf der einen Seite ist es begrüßenswert den Nichtraucher vor Zigarettenrauch zu schützen, andererseits bin ich mir nicht sicher wieweit es Aufgabe des Gesetzgebers sein kann Vorschriften für die Unterhaltungsbranche zu erlassen, weil aus meiner Sicht auch damit die Eigenverantwortung des Menschen konterkariert wird.

Pedro


Ergänzung: Nach jahrelangem Hin und Her beschloß der österreichische Nationalrat ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie, welches mit Mai 2018 in Kraft treten wird.

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3 Gedanken zu „Gedanken zum Nichtraucherschutz – Ansichtssache“

  1. Wenn etwas stinkt, ist es nicht gut.
    Wo kämen wir hin, wenn jeder seinen Pfurz in Lokalen oderTagungsräumen usw sausen lassen würde?
    Dabei ist diese Geruchsbelästigung zwar unangenehm, aber relativ harmlos.
    Wenn mir mein Gegenüber im Lokal der Stinkerauch seiner Zigarrette (oder gar Zigarre) ins Gesicht und auf die Kleidung bläst, ist das nicht harmlos, sondern gesundheitsschädlich Das Mitrauchen wirk sich ja schlimmer aus, als das Rauchen selbst…
    Die Industrie darf auch keine gesundheitschädlichen Stoffe mehr ablassen, weder in Luft noch in Gewässer, tut es aber dennoch – ist das in Ordnung?
    Brauchen sie bloß noch *mehr Toleranz* von den Nichtgiftern fordern, wie es mir von einer Raucherin im Flughafen schon passiert ist.
    Kolumbus hat das Zeug aus Amerika mitgebracht – von dort ist selten was positives gekommen, außer Kaugummi und Popcorn.
    Wobei dieses Wiederkäuen auch blöd aussieht
    meint der Paule

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  2. Gelungener, ‚diplomatischer‘ Artikel. Einwendnen möchte ich lediglich, dass in Lokalen die Raucher in der Regel in der Überzahl sind und man quasi überrannt wird, ohne sich wehren zu können, weshalb ich hier schon Handlungsbedarf durch den Gesetzgeber sehe. Ansonsten bleibt dem Nichtraucher nur, den Lokalen (also fast allen) fernzubleiben, zumal ja überall das Recht des Stärkeren und ohnehin des Frecheren, sprich der Mehrheit, regiert.
    Man staune, wie völlig normal es ist / wäre, beim Rauchen vor die Tür zu gehen, wenn man es nicht anders kennt. Aber eine Änderung des Bestehenden ist immer hart.
    Angesichts der gesundheitlichen Folgen und der damit verbundenen Kosten sollte der Gesetzgeber noch viel strenger vorgehen – tut es aber nicht, da er selbst daran mitverdient. Auch wenn das nicht der Fall wäre, wäre die Tabakindustrie noch immer ein wichtiger Wirtschaftszweig, an dem viele Arbeitsplätze hängen (nicht zuletzt die Ärzte). Also ist der Staat in jedem Fall verlogen bei der Sache.
    Als Ex-Raucher kann ich sagen, dass die (meisten) Raucher unbewusst Egoisten sind und allen Ernstes das Aufschreien der Nichtraucher wegen des ungesunden und unangenehmen Passsivrauches abwürgen mit dem Argument, die Einschränkung der eigenen Bedürfnisse, sprich Rauchen in der Öffentlichkeit, wären mindestens ebenso gemein. Bedürfnisse, oder eigentlich Wünsche (denn Rauchen ist mit Sicherheit kein Grundbedürfnis) sind nur so lange in Orddung, wie sie keinem schaden.
    Sicher müsste man theoretisch sagen, es steht jedem Lokalbesitzer zu, da das Rauchen nun mal nicht abgeschafft wird und speziell in der Gastronomie quasi dazugehört (niemand stört sich wahrscheinlich im Kinosaal am Nichtrauchen), selbst zu entscheiden, an welche Gruppe er sich wendet, Raucher oder Nichtraucher. Es gibt ja auch Hotels speziell für Kinder und auch Seniorenhotels mit Kinderverbot (was auch zu heftigen Diskussionen geführt hat). Bis zu einer endgültigen befriedigenden Lösung für alle gibt es bestimmt noch einige Diskussionen, Ausnahmeregleungen und Änderungen, aber der erste Schritt ist getan, und meiner Meinung nach ein richtiger.

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