Im Sinne der Kunden?

Dass es nicht mehr so leicht wie früher ist, in einer Trafik neben Tabakwaren auch Briefmarken zu erhalten, darauf habe ich schon vor einiger Zeit und an anderer Stelle hingewiesen. In den Trafiken werden Briefmarken oft gar nicht mehr verkauft, weil die Spannen zu gering geworden sind. Ob nun die Kunden einen reellen Bedarf an Briefmarken haben oder nicht. Das muss man einfach akzeptieren. Was mir aber erst kürzlich aufgefallen ist: in den Trafiken möchte man offenbar nicht nur kein Geschäft mehr mit Briefmarken machen, man ist offenbar durchaus interessiert daran, dass andere Geschäfte auch keines machen…

Neulich, kurz vor Arbeitsbeginn, traf ich am neuen Linzer Bahnhof ein und versuchte noch schnell eine Briefmarke für ein Schreiben, das ich verschicken wollte, zu ergattern. Wohl wissend um die Problematik um das ewige Schmerzthema der Trafiken und betrat trotzdem in alter Gewohnheit als erstes einmal eben eine solche, um nachzufragen, ob man dort nicht doch Briefmarken auf Lager hätte. Die Verkäuferin schüttelte den Kopf und antwortete kurz und bündig. „Gibt es bei uns nicht.“ Trotz des resoluten Tones, den die Dame anschlug, wagte ich noch nachzuhaken: „Wissen Sie vielleicht, wo ich am hier am Bahnhof welche bekomme?“ die Frau zuckte die Achseln. „Nein, schauen Sie auf die Post!“

Wer den Linzer Bahnhof kennt, weiß natürlich, dass sich in der Nähe ein großes Postamt befindet, aber durch die Weitläufigkeit des Geländes dauert es sicher einige Zeit, bis man am Schalter steht. Und in jedem Fall musste ich wieder zurück auf den Bahnhof, weil ich mit der Straßenbahn in die Arbeit fahren musste. Mir war durchaus bewusst, dass mir dieser zeitraubende Gang unter Umständen nicht ausbleiben würde, aber trotzdem wollte ich noch nicht aufgeben. Die Vorstellung, dass man am Linzer Hauptbahnhof zwar Schuhe oder Hygieneartikel erhält und seit neuestem auch Stellenvermittlung durch das AMS in Anspruch nehmen kann, aber keine Briefmarken auftreiben kann, kam mir zu abstrus vor.

Auf dem Weg zur nächsten Trafik lief ich an einem Buch- und Zeitschriftenhandel vorbei und versuchte gleich dort quasi auf Gut Glück noch einmal zu einer Briefmarke zu kommen. Was soll ich Ihnen sagen, liebe Leser: Es kam mir fast vor wie beim legendären „Schifferl versenken“, das Sie sicher aus der Schulzeit noch kennen: Treffer! „Welche Briefmarke brauchen Sie?“ hieß es aufmerksam und fünf Minuten später konnte ich meinen Brief am Linzer Hauptbahnhof in einen Briefkasten einwerfen. Ohne Umweg zum Bahnhofspostamt…

Ehrlich gesagt, liebe Leser, bin ich froh, dass ich über Internet und Email viele persönliche Kontakte pflegen kann und ich gebe gerne zu, dass ich täglich viel mehr (private) Emails verschicke, als ich je Briefe auf die Reise schickte. Die Erfahrung neulich morgen hat natürlich auch einige Überlegungen in mir wach gerufen. Und dass die Trafikantin, die ich als erste fragte, keine Ahnung davon gehabt haben will, dass man hier am Bahnhof sehr wohl in zumindest einem Geschäft Briefmarken erhalten kann, nehme ich ihr garantiert nicht ab. Ihre falsche Auskunft geht mit Sicherheit nicht auf Unwissenheit sondern auf Konkurrenzneid zurück. Vielleicht sind die Angestellten aber auch strengstens angewiesen, niemand anderen als die Post zu nennen, wenn nach Briefmarken verlangt wird.

Aber wie auch immer: kundenfreundlich ist diese Haltung sicher nicht. Noch dazu wo die Gewinnspannen wirklich marginal sind (Was also neiden?), das will ich gar nicht in Abrede stellen. Der Geschäftsalltag ist hart, aber man macht es sich trotzdem zu einfach, bei Briefmarkenbedarf die Kunden nicht zum nächsten Geschäft am Bahnhof sondern auf das weiter entfernte Postamt zu verweisen. Am Bahnhof hat es fast jeder eilig und in dem Fall nicht ein wenig entgegenkommend zu sein – bei aller Konkurrenz! – das muss man fast schon schäbig nennen. Ich werde mir die Trafik merken, wo ich die falsche Auskunft erhielt – auch wenn ich gerade mal ein Gelegenheitsraucher bin – dort wird man nicht so schnell wieder etwas an mich verkaufen. Kundenorientiertheit vor Geschäftssinn! Das Interesse bzw. der Bedarf eines potentiellen Käufers sollte immer im Vordergrund stehen, auch wenn man mal selber nichts absetzt sondern nur an die richtige Adresse verweist…

© Vivienne

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