Ich schrecke hoch.
Mitten in der Nacht.
Was war das?
Es ist mucksmäuschenstill im Schlafzimmer.
Nur der Wecker tickt.
Ja, ich schlafe schlecht.
Sehr schlecht.
Vorgestern waren es drei Wochen, dass ich dich nicht gesehen habe.
Drei Wochen!
Ganze 23 Tage…
Ich werfe einen müden Blick auf die Uhr.
Halb zwei.
Die halbe Nacht noch vor mir.
Ich lege mich zurück.
Versuche zu schlafen.
Aber immer wieder reißen mich leise Geräusche aus dem Schlaf.
Zuerst hast du es gar nicht gemerkt.
Es dauerte fast eine Woche, dass eine SMS kam.
Na, gehen wir auf einen Kaffee?
Drei Tage später dann dein erster Anruf.
Ich konnte das Läuten des Handys fast nicht ertragen.
Schlimmer noch deine Nachricht dann auf der Mailbox.
Fehlt dir, was, Kleines?
Fehlt dir was…
Wie feinfühlend.
Irgendwann fängt mich dann Morpheus doch in seinen Armen.
Ich träume wirres Zeug.
Von Brad Pitt und George Clooney.
Und am Morgen holt mich mein Wecker wieder grausam in diese furchtbare Welt zurück.
Noch viel dunkler und leerer seit ich beschlossen habe dich zu meiden.
Aber es ist wie eine üble Kur.
Mit bitteren Säften.
Es muss sein.
Ich bin auf Entzug…
Samstag putze ich die Fenster in der Wohnung.
Jetzt hab ich endlich wieder Zeit dazu.
Weil ich nicht mehr halbe Tage im Cafehaus sitze.
Weiß ich überhaupt noch wie der Staubsauger funktioniert?
Ja, ich weiß es.
Zu Mittag hängen mir die Locken ins Gesicht.
Strähnig, feucht und leicht staubig.
Traurig wie ich.
Wie konnte ich im Spiegel eigentlich noch mein Gesicht erkennen?
Jetzt ist er sauber.
Aber ich sehe nur meine Augen.
Unendlich traurig.
Da läutet es an der Tür.
Besser gesagt unten an der Haustür.
Ich gehe zur Gegensprechanlage.
Wer kann das sein?
Ich erwarte niemanden.
Ja?
Deine Stimme brennt sich wie ein Schlag in meinen Bauch.
Hallo, ich bin’s.
Kann ich mal hochkommen zu dir?
Nein.
Ich will nicht.
Mein Kopf formt blitzschnell eine Ausrede.
Sorry.
Ich hab Besuch.
Ich steh gerade in der Küche und koche.
Mein Puls hetzt durch meinen Körper.
Ich zittere.
Geht er jetzt?
Aha.
Eine lange Pause.
In mir überschlagen sich die Gedanken.
Du, ich hab was am Herd stehen.
Ich rühr mich mal….
Dann unterbreche ich die Verbindung.
Die Lüge ging mir glatt von den Lippen.
Glatt dafür, dass ich solche Angst hatte.
Ich kann ihn nicht sehen.
Ich will nicht mit ihm reden.
Was würde er denn schon sagen?
Deshalb können wir uns ja trotzdem sehen.
Du bist mir ja so wichtig.
Dein Lächeln, das alle Gefühle in mir wachrufen würde.
Wieder wachrufen würde.
Ich will es nicht wissen!
Ich will dich einfach nicht mehr sehen.
Irgendwann wird es leichter sein.
Irgendwann wird der Schmerz weniger sein.
Die Wahrheit ist wie eine ekelhafte große Spinne, die auf meiner Schulter sitzt.
Sie sieht furchtbar aus.
Ich weiß genau, dass sie dort ist.
Aber ich drehe mich nicht um.
Ich kann ihren Anblick nicht ertragen.
Und darum stoße ich sie auch nicht von der Schulter.
Nur nicht hinsehen…
Ich trau mich zwei Stunden nicht aus dem Haus.
Obwohl ich dringend ein paar Sachen kaufen möchte.
Müsste.
Aus Angst, dass du weiter unten auf mich wartest.
Bis ich komme.
Aber als ich schließlich doch in den Lift steige, bin ich weit und breit der einzige Mensch.
Ich atme tief durch.
© Vivienne