von Vivienne – Jänner 2005
Rudolf Moshammer oder die Verlogenheit der Gesellschaft
Gestern wurde der letzte Woche ermordete Modezar Rudolph Moshammer zu Grabe getragen. Moshammer war selbst mir, die ich keine Modeinsiderin bin, ein Begriff. Ein schräger Typ mit liebenswert bayerischem Dialekt und trotz aller Verliebtheit zu seinem Hund, der Daisy, irgendwie auch jeder Zoll ein Gentleman. Obwohl er vor ein paar Jahren einmal für Deutschland am Songccontest teilnehmen wollte. Ein recht netter Mann, möchte ich irgendwie so aus der Ferne festhalten, und zahlreiche Stimmen, die sein Engagement für die Obdachlosen in den Himmel loben, scheinen dies zu bestätigen.
Aus tristen Verhältnissen stammend hat er es geschafft sich seinen Lebenstraum zu erfüllen und allein dafür muss man ihm Respekt zollen. Über seine Homosexualität gab es für mich nie einen Zweifel, aber das war für mich auch nie ein Problem. Gottes Tiergarten ist groß, und ich glaube nicht, dass ihm irgendwer, wo immer er auch jetzt sein mag, diese Neigung ankreidet. Kurios war für mich trotzdem, in welcher Weise in den Medienmeldungen um die Tat lange Zeit Moshammers Neigung umschrieben wurde. Gerade halt als es nicht mehr anders ging, wurden Worte wie Stricher und Homosexuellenmilieu in den Mund genommen.
Moshammer hat natürlich über seine Vorliebe für das eigene Geschlecht den Mantels des Schweigens gebreitet, und das erklärt das seltsame Verhalten der Medien, die bemüht waren nicht anzuecken, bis es wirklich keinen Zweifel mehr gab, dass er von einem Stricher ermordet worden war. Schlimm natürlich für die feine Münchner Gesellschaft, der Moshammer ja angehört hat, und so manche Vertraute entblödete sich zuletzt nicht, davon zu schwafeln, dass Moshammer deswegen jetzt im Jenseits viel Fürsprache brauchen würde. Ja, einer besonders Blonden entfuhr sogar der Geistesblitz (gesehen beim Begräbnis Moshammers auf RTL), wie er nur einen Ausländer ansprechen“ hatte können !
Ein Freudscher Versprecher fürwahr von dieser Dame der Gesellschaft. Ich persönlich denke, dass es keine Rolle spielt, ob Moshammer nun von einem inländischen oder ausländischen Strichjungen ermordet wurde. Er machte nun mal ein Geheimnis aus seiner sexuellen Neigung, aus welchen Gründen auch immer, einen Lebensgefährten gab es nie an seiner Seite und er war bereit, für das geheime Ausleben seiner Triebe gut zu bezahlen. Denn das Märchens des Mörders, dass man in Streit geraten wäre, weil der Modezar nicht bezahlen wollte, glaube ich nicht. Ganz im Gegenteil.
Ich kenne die Ergebnisse der Arbeit der Münchner Polizei nicht, aber persönlich gehe ich davon aus, dass der Sozialhilfeempfänger plötzlich mehr gefordert hat, als ausgemacht war. Und kaltblütig Moshammer erdrosselte, als der seine Leibwächter zu Hilfe rufen wollte. Vielleicht auch die Polizei. Restlos wird man das nie klären können, denn der Stricher wird von seiner Version nicht abweichen und Moshammer kann niemand mehr fragen. Aber für mich würde so eine Aktion nicht zum sonst so großzügigen Charakter des Ermordeten passen, der es sich sicher immer einiges kosten ließ, erstens unbekannt zu bleiben und zweitens nach Strich und Faden verwöhnt zu werden. Und bisher war er auch immer gut gefahren damit. Hätte er seine Strichjungen permanent prellen wollen, hätte es sicher schon früher Zwischenfälle gegeben
Man kann irgendwie nur den Kopf darüber schütteln, wie Moshammers ehemalige SchickiMickiFreunde nun ein wenig die Nase rümpfen über ihn und wegen seiner Homosexualität, von der sie doch Zeit seines Lebens gewusst haben. Aber ich denke, er ist auch darüber längst erhaben. Erinnerungen werden wach, an den vor gut 15 Jahren ermordeten Volksschauspieler Walter Sedlmayr, der ja ebenfalls wie Moshammer enge Kontakte zum Homosexuellenmilieu pflegte. Sedlmayr hatte mit Sicherheit nie Moshammers noblen Charakter, ganz im Gegenteil, aber Sedlmayr hatte schon einmal in den 80ern einen merkwürdigen Raubüberfall nur knapp überstanden. Schon damals war gemunkelt worden, dass möglicherweise ein Stricher dem Volksschauspieler ans Leder und ihn ausrauben wollte.
Sedlmayr bestritt die Zusammenhänge, nur seine engsten Freunde und Schauspielkollegen wie Uschi Glas oder Elmar Wepper wussten über seine Vorlieben Bescheid. Ganz im Gegensatz zu Moshammer, denn die ihm eigene Eleganz verriet allen, die nur eins und eins zusammenzählen konnten. Was beiden dennoch gemeinsam ist, bleibt jene käufliche Liebe, derer sie sich als Instrument bedienten, und die ihnen heute schlecht nachgeredet wird. Durchaus auch von Leuten, die sich einmal Freunde nannten. Wobei man bei der Gelegenheit doch ganz klar festhalten sollte, dass die käufliche Liebe nicht nur im Homosexuellenmilieu eine große Rolle spielt sondern gerade auch in der Heterosexuellen-High-Society. Und dass es dort auch genau so schweinisch zugeht, mit Verlaub, aber wohl eher mit dem Segen der feinen Gesellschaft
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