Wer sich traut, mit „selbst Geschaffenem“ an die Öffentlichkeit zu gehen – sei es nun mit Gemälden oder auch mit herrlichen Fotographien – setzt sich dem Urteil und der Kritik anderer aus. Das muss jeder in Kauf nehmen. Entweder kommt man an oder man steckt herbe Schelte ein. Damit muss man umgehen können, so oder so, aber keiner sollte davon ausgehen, dass Rückmeldungen notwendigerweise nur positiv ausfallen. Dessen bin ich mir natürlich auch bewusst, liebe Leser, auch wenn ich bisher das Glück hatte, im Wesentlichen sehr wohlwollend von unserer Leserschaft behandelt zu werden: dass kaum negative Kritik zu mir kommt, heißt aber noch lange nicht, dass ich nur Fans habe. Ganz im Gegenteil.
Ich bin davon überzeugt, dass sich so mancher oder manche bei der Lektüre meiner Beiträge wünscht, er/sie könnte mir einmal ordentlich die Meinung sagen oder gar Verbalattacken reiten. Einmal abgesehen davon: man kann nicht jedermanns Nerv treffen, so oder so, und bisweilen würde ich es durchaus schätzen, wenn mich jemand einmal überzeugend wissen lässt, dass er von meinem „Geschreibsel“ so gar nichts hält. Es wäre einmal etwas Anderes. Ich bin, das ist bekannt, sehr direkt und offen in meinen Äußerungen, und ich möchte darauf wetten, dass das durchaus einigen Leuten sauer aufstößt. Vielleicht aber auch nur deshalb weil ich eine selbstbewusste Frau bin und ein Leser sich selber vielleicht für ein Alphamännchen hält, das einem weiblichen Wesen wie mir so eine Meinungsäußerung gar nicht zugesteht…
Manch einer mag sich vielleicht nicht mit Politik beschäftigen, und trotzdem passiert sie vor unserer Haustür, in unserem Leben und in uns selbst. Tod schweigen kann sie keiner auf Dauer und so ist es mit vielen Bereichen. Ein anderer fühlt sich angewidert über die, zugegeben, sehr offene Art und Weise, mit der ich über Erotik und Liebe schreibe, aber auch jener wird nicht verhindern können, dass die Menschen sich damit auseinandersetzen. Viel Lob, wie ich es immer wieder erhalte, heißt also noch lange nicht, dass meine Leser restlos begeistert sind von meinen Gedichten, Kurzgeschichten, etc. Nicht wenige fühlen sich wahrscheinlich sogar auf den Schlips getreten durch mich. Da ich aber Wert auf den Dialog lege und mit Sicherheit Kritik nicht ignoriere, möchte ich gern jeden Leser einladen, auch mit negativen Äußerungen nicht zurückzuhalten. In einem gewissen Rahmen natürlich, beschimpfen lasse ich in der Bohne niemanden (auch mich nicht), aber einer sachlichen Diskussion sollte nichts im Wege stehen – wenn jemand Lust darauf verspürt.
Von Begeisterungsstürmen allein kann man auf Dauer nicht leben, besser negative Kritik als jedem gleichgültig. Ich stehe für Transparenz, dass möchte ich festhalten, es liegt mir nicht, am Leser vorbei Meinung zu machen oder auch Änderungen über das Hintertürl durchzuziehen. Als Chefredakteurin bin ich in vielen Belangen der Bohne Ihr, liebe Leser, erster Ansprechpartner und jeder sollte sich dessen bewusst sein, dass ich mich nicht nur mit Anliegen, Kritik und Wünschen sehr individuell auseinandersetze, sondern all das auch sehr ernst nehme. Anders wäre die Bohne heute nicht das, was sie ist, davon bin ich überzeugt. Ein lebendiges Medium lebt von der Meinungsvielfalt und der Interaktivität untereinander. Wer nur seine Meinung gelten lässt, wird schnell scheitern, denn so ein eindimensionales Modell mutiert vermutlich sehr schnell zum Auslaufmodell.
Im Sinne des lieben Friedens Diskussionen zu vermeiden, wird immer wieder zu Unfrieden führen, der letztlich mehr schadet als nützt. Und das ist mit ein Grund, warum ich meine Position als Chefredakteurin bei der Bohne so ernst nehme, dass jedes Anliegen bei uns zur Sprache kommt. Sei es nun von unseren Redakteuren selber oder von unseren Lesern. Offenheit ist dabei die Voraussetzung. Wer seine Ideen offen legt oder auch mit negativen Anmerkungen nicht spart, darf bei uns ganz sicher davon ausgehen, dass er Gehör findet. Eine Einheitsmeinung, ein Einheitsbrei an Beschaulichkeit – das ist nicht das, was wir erreichen wollen. Wir möchten durchaus anecken, wir möchten den Kontakt und die Auseinandersetzung mit anderen Ansichten. Und wer das gleichfalls und mit ehrlichen Absichten sucht, ist bei uns gut ausgehoben. Lob und schöne Worte allein, die wie Honig die Kehle runterrutschen, braucht der Mensch dann und wann ganz sicher, aber erst Kritik lässt uns reifen und wir lernen uns weiter zu entwickeln!
© Vivienne