Flashback. Vor einer guten Stunde war ich im nahen Supermarkt einkaufen und schleppte zwei große Einkaufstüten mit mir herum – auf der Suche nach – eh klar – Schnäppchen. Aufgrund entsprechender Sonderangebote – ich schwimme schließlich nicht unbedingt im Geld – dauerte es einige Zeit, bis ich die Menge der Lebensmittel auf dem Förderband der Kasse ausgebreitet hatte. Auf einen Einkaufswagen hatte ich schon im Vorfeld verzichtet – weil ich keine passenden Münzen mithatte. Die Kassiererin war ganz verdutzt, als sie merkte, dass ich ohne „Wagerl“ ausgekommen war. Ich tat das als Lappalie ab bis ein Kunde hinter mir, den ich gar nicht kannte, motzte: „Dafür dauert es dann ohne Einkaufswagen doppelt so lange!“ Ich schenkte mir einen Kommentar für den „allwissenden“ Herren, aber einmal mehr ein Beweis: wie oft im Leben ist man auch bei Bagatellen mit Menschen konfrontiert, die meinen, sie müssten sich in anderer Leute Angelegenheiten einmischen. Wieder so einer, und glauben Sie mir, liebe Leser: am besten ignoriert man sie alle!
Natürlich war diese kleine Episode eine vergleichsweise banale Geschichte, die man schnell wieder vergisst. Man kann es nicht jedem Recht machen – vor allem muss man es auch nicht. Aber so mancher von Ihnen wird mir Recht geben, dass die Welt voll ist von Menschen, die immer auch schlau sein wollen für andere – was oft in regelrechte Zwangsbeglückung führt. Mancher unglückliche Angestellte, der eigentlich Musiker werden wollte, sich aber dem Wunsch der Eltern nicht verweigern konnte, kann davon ein Lied singen. Ich gebe zu, das Gymnasium seinerzeit habe ich nur aus zwei Gründen besucht: Weil mich eine befreundete Schulkollegin eingeladen hatte und weil es meinen Eltern schmeichelte, dass ihre Große jetzt die Matura angehen würde. Eigentlich hatte ich zu der Zeit einmal kurz davon geträumt, Fernsehmechanikerin zu werden, weil mich der elektrische Strom faszinierte. Die Mittelschulzeit gehört jedenfalls mit zu den härtesten Erfahrungen meines Lebens, und der große Erfolg blieb mir verwehrt, auch wenn ich nach Ehrenrunde doch noch das Maturazeugnis abholen durfte.
Profitiert habe ich von diesen fünf Jahren erst sehr viel später, als ich die geistige Reife hatte, das Gelernte und Gemerkte (und das war nicht wenig!) umzusetzen. Ich war immer eine Spätzünderin gewesen und – sagen wir es ruhig so – anders als die meisten. Während ich lange Zeit Probleme damit hatte und heftige Schuldgefühle entwickelte deswegen, habe ich in den letzten Jahren ganz anders reagiert. Ich wehrte mich gegen Einflussnahme in mein Leben damit, indem ich genau das Gegenteil von dem tat, was man in mir sehen oder in mir erwecken wollte. Daraus resultiert etwa auch die „Unsitte“, gelegenheitshalber eine Zigarette zu paffen (wohlgemerkt nicht zu rauchen), wenn es passte. Ich denke nicht daran wirklich zu rauchen anzufangen und in meiner Wohnung habe ich noch nie geraucht, weil ich auch nicht das Bedürfnis dazu habe. Aber nachdem ich lange die fatale Neigung zeigte, mich schnell für dieses und jenes breit schlagen zu lassen, sah ich die Zeit gekommen, mein Image zu ändern. Nun mehr gibt es genug Leute, die mich für stur und unbelehrbar halten und aus ihrer Meinung kein Hehl machen…
Wieso der Sinneswandel? Wenn ich mein Leben so betrachte: ich war immer gut zu Leuten, die ich mochte und merkte oft nicht gleich, dass die schließlich meinten, sie könnten alles von mir haben. Man müsste mir nur heftig genug auf den Pelz rücken. Das führte dann meistens zum Bruch und zu Streitigkeiten, die sich nicht mehr lösen ließen. Ehrlich gesagt, gehöre ich wohl auch zu den Leuten, die das Böse in ihren Mitmenschen wecken. Viel zu gutmütig – schnell missbraucht und ausgenutzt. Und manches Mal auch Spielball derer, die mich nicht als Mensch schätzten sondern eher Vorteile aus meiner Freundschaft ziehen wollten. Es war wohl an der Zeit, auch eine andere © Vivienne ins Leben zu rufen, von der man nicht mehr alles haben konnte und die sich nichts mehr gefallen ließ. Vor allen Dingen drängte ich meine Harmoniesucht und meine Schuldkomplexe zurück und ich begann darauf zu pfeifen, ob mich jemand nach meinem geänderten Verhalten noch mochte oder nicht. Es war mir mittlerweile egal, wenn ich nur aus einer Sache gut ausstieg. Das Gros der Menschen lebt vorrangig ich-bezogen, es war an der Zeit, sich in diese Gruppe einzureihen. Gutmütige Menschen zahlen immer drauf, also begann ich vermehrt auf meinen Vorteil zu schauen. Die Wahrheit ist doch: wenn sich jemand vermeintlich mit mir gut stellt, ist das doch meistens auch nur zu seinem Vorteil…
So habe ich versucht zu lernen und mich weiterzuentwickeln. Wie man in den Beiträgen der Bohne unschwer erkennen kann. Es gibt tatsächlich einige Leute, die es durchaus schätzen würden, wenn es die © Vivienne der Bohnenzeitung nicht mehr gäbe. Aber ich werde nicht aufhören zu schreiben und ich werde nicht aufhören, meinen Gedanken und meiner Meinung Luft zu machen: in lebendigen Geschichten und Gedichten und bunten Bildern einer Welt voller Träume und Hoffnungen. Niemand sollte sich der Hoffnung hingeben, aber auch niemand sollte befürchten müssen, dass eines Tages die © Vivienne der Bohne den Rücken kehrt. Das Leben ist ein komplexer Lernprozess und wenn auch manche sehr konsequent lernunfähig durch ihr Dasein spazieren, für mich ist es mehr und mehr zur Herausforderung geworden. Auf der Suche nach dem Ziel und auf dem Weg zu mehr Reife und Erkenntnis. Das Schreiben ist mir dabei ein wertvoller Begleiter geworden und unverzichtbar. Niemand wird mich je daran hindern – denn es ist mein Leben. Und ich entscheide!
© Vivienne