Es könnte eine reizvolle Herausforderung sein, wenn ich einzelne Aspekte meines Lebensweges in ein Buchprojekt abzubilden versuche würde. In den nachfolgenden Zeilen möchte ich erzählen wie diese Idee entstanden ist …
In den vergangenen Jahren beschäftigte ich mich teils etwas intensiver mit meiner Krankengeschichte und habe den Austausch mit anderen Betroffenen gesucht. Dabei wurde ich auf zahlreiche Bücher aufmerksam, in welchen Menschen sehr eindrucksvoll von ihrem Leben mit einem Hirntumor berichten und tiefe Einblicke in ihre Gedankenwelt gewähren. Rund 38 solcher literarischen Werke – verfasst unter anderem von Pop-Star Marie Fredriksson („Roxette“) – haben Einzug in mein Bücherregal gefunden. Diese Bücher, welche auf meningeom.at vorgestellt werden, sind bestimmt nicht nur für Betroffene lesenswert und bieten wertvolle Hilfestellungen für den bestmöglichen Umgang mit schweren Lebenssituationen.
Als Hobbyautor habe ich in manchen der bisherigen Beiträge versucht auch meinen Krankheitsverlauf und dessen psychische Aspekte zu behandeln. Erstmals habe ich mich dann 2012 – durchaus ein wenig inspiriert von den Autoren der erwähnten Bücher – gefragt, ob es zielführend sein könnte ein eigenes Buchprojekt anzudenken. Innerhalb von einigen Wochen entstanden dann unter dem vorläufigen Arbeitstitel „Selbstreflexion“ etwas mehr als 35 A4 Seiten über mein Leben in den Jahren 2007 bis 2010. Dabei kam der Tod meiner Mutter, die Erstdiagnose des Hirntumor sowie die beiden Schädel OP’s und die drei Strahlentherapien zur Sprache. Aus heutiger Sicht entspricht dieser Text aber nicht meinen selbst gesteckten Anforderungen und könnte allenfalls in überarbeiteter Form in ein neues Konzept einfliessen.
In den auf labut.at niedergeschriebenen Zeilen „Schöne Worte“ wollte ich mich 2015 ein wenig mit meiner Rhetorik auseinandersetzen. Dabei hinterfrage ich die Auswirkungen meiner stets recht förmlich und emotionsarm erscheinenden Ausdrucksweise, welche es mit sich bringt dass auch persönliche Anliegen im Stil eines Geschäftsbriefes vorgebracht erscheinen. Das Problem besteht darin, dass auch die von mir verfasste Abhandlung über mein Leben in diesem Stil gehalten ist. Mit der „Selbstreflexion“ möchte ich mich selbst zu erklären versuchen und falls möglich auch Ansätze zur Krisenbewältigung darstellen. Eine nüchterne Aufzählung von Therapiedaten und Lebenssituationen kann diesem Anspruch aber nicht gerecht werden …
Wenn es mir gelingen sollte diese Gesichtspunkten zu berücksichtigen wäre es vorstellbar an die „Selbstreflexion“ mittelfristig heranzugehen. Ich sollte mir zuvor überlegen welche Abschnitte und Inhalte meines Lebens enthalten sein sollen. Es geht dabei nicht so sehr um die Frage welche Inhalte ich preisgeben möchte, sondern darum die richtige Dosis für die beabsichtigte Gesamtaussage zu finden. Mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass sich die Abhandlung deutlich über den Krankheitsverlauf erstrecken sollte.
Auch die Psychotherapie vermittelte mir wertvolle Aufschlüsse über meine Persönlichkeit. Im Frühjahr 2015 wurde ich erstmalig mit der Verdachtsdiagnose auf Asperger Syndrom konfrontiert und beschäftigte mich intensiver damit. In einem deutschen Internetforum konnte ich mich mit anderen Betroffenen austauschen und wurde eingeladen einzelne Aspekte meines Lebensweges in anonymisierter Form in zwei themenspezifische Buchprojekte einzubringen. Diese Möglichkeit habe ich sehr gerne wahrgenommen …
In den nächsten Monaten möchte ich versuchen ein Konzept zu erstellen, in welchem die Struktur und Inhalte grob festzuegen wären Daraus resultiert dann auch die Erkenntnis ob ein solches Vorhaben für mich umsetzbar ist oder auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden sollte. Mit der Frage nach dem geeigneten Verlag möchte ich mich noch gar nicht beschäftigen, da die grundsätzlichen Fragen noch nicht geklärt sind.
Es mag eine gewisse Überwindung kosten teils auch sehr persönliche Erlebnisse und die zugehörigen Gedanken zu veröffentlichen. Aber ich denke andererseits auch, dass eine Chance besteht manche meiner Verhaltensweisen vielleicht doch ein wenig erklären zu können.
Pedro
Ergänzung per 18. Oktober 2017:
Letztlich kam ich zu dem Entschluß, dass das Projekt „Selbstreflexion“ vorerst nicht weiterverfolgt wird.
Vielen DANK für deine Worte, Toni.
Du hast es wirklich auf den Punkt gebracht. Eine solche Abhandlung soll keinem medizinischen Lexikon gleichen, sondern vielmehr Emotionen zeigen und vermitteln. Im Laufe diesen Jahres möchte ich auf jeden Fall einen neuen Anlauf unternehmen …
Ach ja, nicht zum Thema aber zur Jahreszeit passend:
https://www.amazon.de/Fernwehen-sein-andere-hin-wollen/dp/1543271987/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1488760983&sr=8-1&keywords=fernwehen
Wichtig, Peter, und da spreche ich aus einer gewissen Erfahrung heraus, ist es zu dir und deiner Person (dem Erzähler) Distanz aufzubauen. Der Leser will nicht nur informiert oder unterhalten werden mit Texten. Der Leser muss sich angesprochen fühlen, um mitzuempfinden. Der (unbeteiligte) Erzähler schlägt sich bei solchen Themen am besten auf die Seite des Lesers. Nur was den Leser (nicht den Autor) interessiert gehört ins Buch. Hierbei spielt es keine Rolle ob es der „Wissende“ Beobachter oder der „Ich“-Erzähler sein soll. Nur die Distanz zu wahren ist die Kunst. Ich frage mich immer, wenn ich einen komplizierten Sachverhalt unterhaltend darstellen will, was ich auf eine ganz spezielle Frage als Antwort erwarte. So z.B. „Was, zum Teufel ist ein Tumor?“ Wiki würde einen ganzen Wust von Erklärungen beizutragen haben. Ich will als Antwort nur, auch nur ein Beispiel, „Große Scheiße, ein Tumor zeigt dir auf, dass sich dein Körper schon lange von deinem Geist losgesagt hat und du die verdammte Pflicht hast ihm Fesseln anzulegen.“ Und dann könnte folgen, was diese Fesseln mit dem Fesselnden und dem zu Fesselnden angerichtet haben. Und hier könnten Selbstbetrachtungen und Selbstzweifel nachgereicht werden.