Vanessa bezahlte den Taxifahrer und stieg aus. Ihr Unterleib fühlte sich wund an. Ihr Kopf schmerzte und ihr war übel. An sich hatte sie es sich aber schlimmer vorgestellt. Alles war sehr freundlich, geschäftsmäßig und respektvoll abgelaufen. Ein normaler Empfangsbereich, Name angeben, „ah ja, bitte folgen Sie mir“. Keine seltsamen, verurteilenden, abschätzigen Blicke. Alles professionell und nett. Tablette, warten, Bauchschmerzen, Blutungen. Die Schwester kommt nochmal schauen, der Arzt kommt. Gut, dass Sie zu so einem frühen Stadium da sind. Ein bisschen warten, gehen.
Hinterher hatte die Schwester gefragt, ob sie abgeholt werde. Vanessa hatte verneint, sich aber ein Taxi rufen lassen. Damit war die Schwester beruhigt und sagte freundlich „Auf Wiedersehen“.
Taxifahren war Vanessa nicht gewohnt, so etwas war sonst für sie hinausgeschmissenes Geld. Der Taxifahrer war zum Glück von der gleichgültigen und wortkargen Sorte. Ein Gespräch über das Wetter und die gestiegenen Spritpreise hätte sie jetzt auch schwer verkraftet. Vor ihrem Haus gab sie ihm 50 Cent Trinkgeld und ließ sich eine Quittung geben.
Dann ging sie die Treppe zu ihrer Wohnung hoch und schloss auf. Gestern hatte sie noch überlegt, ob sie ihre Mutter hätte bitten sollen hierher zu kommen. Eigentlich hatte sie nicht gewollt, dass ihre Mutter davon erfuhr, aber ihre dämliche Schwester hatte den Mund nicht halten können, so dass nun ihre halbe Familie Bescheid wusste.
Nun war sie froh, dass niemand da war. So konnte sie in Ruhe zur Tagesordnung übergehen. Übers Wochenende Ruhe halten und dann langsam neu starten. Einen Haken an die Sache machen und weiter. Immer weiter. Wird schon irgendwie gehen.
Vanessa schenkte sich in der Küche ein Glas Limo ein und spülte eine Schmerztablette herunter. Die Flasche klemmte sie sich unter den Arm, nahm Flasche und Glas mit ins Wohnzimmer und stellte beides auf den Sofatisch auf die neuen Untersetzer, die sie sich letztes Wochenende gekauft hatte. Aus dem Wohnzimmerschrank holte sie eine Tüte Salzbrezeln und legte sie neben das Glas.
Dann legte sie eine DVD mit einer Jennifer-Aniston-Komödie ein, die sie von ihrer Schwester zum Geburtstag bekommen hatte, setzte sich auf die Couch, zog die Beine an den Bauch und wartete, dass alles wieder gut würde.