Die Ballade von der ruppigen Prinzessin Clementine – Balladen, Fabeln und mehr

In einem kleinen Königreich hinter den Bergen wohnte einst die stolze Prinzessin Clementine. Vor vielen Jahren war das Königreich von vielen Drachen verwüstet worden und die Ritter der umliegenden Länder hatten diese bekämpft. Einer nach den anderen wurde erlegt und so mancher Ritter hoffte, das Herz der schönen Clementine zu erobern. Aber Clementine war wählerisch. Keiner der Recken schien ihr gut genug und so erteilte sie den Rittersleuten immer wieder eine Abfuhr. Insgeheim hoffe Clementine auf einen Prinzen, der sie in sein Reich holen sollte, aber keiner je ließ sich blicken. Das lag auch an Clementine. Lange war schon der Ruf der stolzen wie ruppigen Prinzessin nicht der Beste. Sie hatte den Rittern nur die kalte Schulter gezeigt und verhielt sich wenig huldvoll. Dabei fehlte es ihr auch an Dankbarkeit, denn die Recken hatten das kleine Königreich fast drachenfrei gemacht…

Nun war viel Wasser flussabwärts geflossen und die schöne Clementine war in die Jahre gekommen. Ihre Schwestern waren längst verheiratet und hatten Kinder. Alleine sie stand noch immer jeden Morgen auf und hielt Ausschau nach einem Prinzen. Aber von Clementine wollte keiner etwas wissen. Zwar hatte sie ihre gute Figur behalten, aber graue Haare und Falten hatten sie auch nicht verschont. Selbst die Ritter kamen nur mehr spärlich. Am häufigsten ließ sich noch Ritter Randolph blicken, der Clementine sehr verehrte und ihr immer wieder teure Präsente mitbrachte. Ramponiert von den Drachenkämpfen hinkte er ein wenig, aber er gab noch immer eine stattliche Figur ab. Und sein Herz schlug für die Prinzessin…

Was er nicht über das ganze Gesicht strahlte, wenn er Clementine besuchte! Blumen brachte er ihr mit, einmal ein kleines Kätzchen, und er warf sich in Schale sodass er Jahre jünger aussah. Besonders freundlich war Clementine trotzdem nicht zu ihm, einmal drohte sie ihm sogar mit Ohrfeigen, weil er ihr widersprochen hatte. Die Adeligen des Landes lachten über Randolf, oder er tat ihnen Leid. Clementine würde ihn nie erhören, das wussten alle. Aber Randolph ließ nicht locker, er wartete auf seine Chance. Und Clementine ihrerseits hing mehr an dem Recken als sie zugeben wollte. Wenn der Rittersmann auf Kur war, um seinen geschundenen Körper zu pflegen, war sie noch griesgrämiger als sonst und das Personal im Schloss ging ihr aus dem Weg…

Eines Tages nahm sich Randolf wieder ein Herz und machte ihr einen Antrag. Clementine erschrak. Und wenn sie Randolph jetzt erhörte – und doch noch ein Prinz anklopfte? Dann lachte sie und meinte, sie würde nie heiraten. Randolf seufzte und wandte sich ab. Danach ließ er sich nicht mehr blicken und Clementine entwickelte sich zum Schrecken des Schlosses. Ihr greiser Vater, der noch immer auf dem Thron saß, schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Gerne hätte er seine jüngste Tochter längst an den Mann gebracht. Sie vergraulte die Gäste wenn er Feste im Schloss gab, und letztlich wollte er seine Krone einmal übergeben – er war nicht mehr der Jüngste. Aber Clementine tat ihm nicht den Gefallen sich zu ändern und einen Ritter wie Randolph zu erhören. Randolph schien nun endgültig abgeschreckt, sein Herz gebrochen… Was konnte der König nur tun?

Einmal mehr saß Clementine am Weiher und betrachtete ihr Antlitz im Wasser. So verschwommen sah sie fast noch aus wie als junge Prinzessin, um die sich die Drachenjäger geschart hatten. Weinerlich warf sie einen Stein nach dem anderen in den Weiher, die konzentrische Kreise zogen. Gestern hatte sie nach Randolph schicken lassen, unter einem Vorwand. Sie konnte doch nicht zugeben, dass sie sich nach ihm sehnte! Dass er ihr fehlte – unmöglich! Randolph reagierte aber nicht, er hatte endgültig genug von ihr, weil sie ihn von sich gewiesen hatte. Sie weinte, und mit ihren Tränen mischte sich der Regen. Ein kalter Wind kam auf und Clementine begriff, der Sommer war vorbei, auch ihr Sommer…

Vivienne

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