Öl-Bubble-Bumm – Frankie Millers Einsichten

„Was meinen Sie, Miller, welche Sau wird demnächst durchs Dorf gejagt, oder, wie Sie es immer mit ihrer gestelzten Schreibe ausdrücken, wo drückt uns demnächst der Schuh?“
Der Editor lächelte süffisant, wobei er mich schlagartig an einen spitzgesichtigen Fuchs erinnerte, der soeben einer fetten Gans einen Heiratsantrag gemacht hatte.

Ich war ihm heute früh mal wieder über den Weg gelaufen, als ich nur das Wasserschälchen der Redaktionskatze mit frischem Nass versorgen wollte.
Trotz deren regelmäßig scheelen Blickes auf uns Lohndichtknechte in der Lokalredaktion unseres Käseblättchen, wollte ich ihr gegenüber mal wieder besonders nett rüber kommen.
Selbst bei Katzen kann Freundlichkeit ja nie wirklich schaden, so mein Wahlspruch.
Und außerdem, vielleicht könnte das ja doch noch der Anfang einer wirklich guten Beziehung zwischen uns Zweien sein.

„Der nächste Weltwirtschafts-Crash ist das Platzen der Ölblase, Herr Chefredakteur. Oder besser gesagt, die Hinwendung der höchstbewerteten DAX- und Dow-Jones-Unternehmen zu bislang noch unentdeckten natürlichen Ressourcen in fossilen Energieträgern, könnte diesen wirklich ernste Schäden bescheren. Nämlich dann,wenn die Regierungen der Welt erst mal Ernst machen mit ihren Versprechen, die Welt vor der angekündigten Globalerwärmung zu retten.“
Herr Editor zog nun die Stirne kraus.

„Sie meinen, Miller, die Exploration und Förderung von Gas und Öl und die Investition in nicht erneuerbare Energien könnte einer Blase gleich, Milliarden an Investitions-Geldern in die Luft blasen, ohne dass dadurch unsere Energieversorgung gesichert wäre?“
Ich sah ihm jetzt direkt ins Auge.

„Blasen, nein Blase meine ich und dennoch trifft in die Luft blasen absolut den Kern der Wahrheit, Herr Chef!“

„Ja, dann schießen Sie mal, Miller, los meine ich. Schießen Sie mal los. Woher haben Sie ihre Besorgnis?“
Ich überlegte.

Rund 900 Gigatonnen CO2 kann die Weltbevölkerung bis zum Jahre 2050 noch unbesorgt in die Atmosphäre blasen. Aber nur, wenn das Ziel einer maximalen Durchschnittstemperatur-Erhöhung um 2 Grad Celsius nicht überschritten werden soll.
In den heute schon nachgewiesenen Öl- und Gasreserven auf der Welt schlummern aber etwas mehr als 2.860 Gigatonnen CO2, wenn die Staaten der Welt diese Ressourcen wirklich vollends ausschöpfen wollen. Hier stehen also 900 Gigatonnen als Höchstbelastung einer Atmosphäre durch Treibhausgase, einer real vorhandenen Schädigung der Umwelt von nicht weniger als der dreifachen Menge zur Disposition.

Was das bedeutet kann sich jeder Erdenbewohner ganz lebhaft vorstellen, Herr Editor.
Ich schaute ihn nur an, ohne irgendetwas zu sagen.

Wenn Unternehmen und Staaten ihre Bemühungen um Reduzierung der Globalerwärmung wirklich ernst nehmen, müssten zwei Drittel der fossilen Rohstoffe da bleiben wo sie heute sind! Sollten aber alle heute schon bekannten Vorräte bestimmungsgemäß genutzt werden, bekommen wir alle auf Erden ein ganz großes Problem. Das angestrebte Klimaziel für 2050 ist dann plötzlich nur noch reine Makulatur.
Die weltweit zugestandenen lediglich 2 Grad Erwärmung sind dann einfach nicht einhaltbar!
Los, mach hin, schienen mir die Augen des Editors zu signalisieren.

Und nun zum tragenden Teil meiner Befürchtungen, mein Herr! Die Londoner HSBC, Britanniens größte Bank hat ausgerechnet, dass, wenn die fünf größten Multis auf ihre jetzt schon verbrieften Rechte der Förderung an fossilen Rohstoffen verzichten würden, deren Marktwerte in Aktien um mindestens 40 bis 60 Prozentpunkte sinken würden.
Die Bank of England sieht hierin die größte Gefahr für die Weltwirtschaft der näheren Zukunft.

Al Gore, der frühere US-Vicepräsident sagte kürzlich:
„Wir stehen vor einer „carbon bubble“ und die wird platzen!“

Der frühere Chefökonom der Weltbank, heute Lehrer an der London School of Economics, Nicholas Stern, sagte zum gleichen Punkt:
„…eine krasse Inkonsistenz zwischen der Bewertung der fossilen Brennstoffe und den Klimazielen der Regierungen.“

Was wird sein, wenn solches erst einmal den gewinnorientierten Investoren der Konzerne klar sein wird?
Vermutlich würden sie sofort damit beginnen, ihre Investitionen aus den Konzernen abzuziehen und damit diese Blase zum Platzen bringen.
Schon gut, Herr Chefredakteur, ich komme ja gleich ihrem fragenden Blickwerk nach. Nur noch ein bisschen um Formulierung kämpfen.

Normalerweise müssten nun aber langsam die Alarmglocken in den Vorstandsetagen der Konzerne bis zum Glühen bimmeln. Tun sie aber nicht. Überall Grabesruhe.
Die 200 größten Energieunternehmen der Welt haben im Jahre 2012 zusammen über 674 Milliarden US-Dollars für das Aufspüren von bislang noch unbekannten neuen Quellen investiert. Eine kurz vor dem Platzen stehende Blase wird also noch weiterhin kräftig aufgepumpt!

Bliebe also nur zu fragen, mein lieber Herr Chef, ob die Konzerne nur zu blöd sind oder ob sie die Klimaziele der Staatengemeinschaft einfach ignorieren wollen? Möglich wäre eine Mischung aus Beidem. Die Bosse denken vermutlich, dass nicht alles so heiß gegessen wie es gekocht wird. Und die Erfahrungen der letzten Weltklimagipfel scheinen ihnen darin Recht zu geben.

Wie die Märkte auf das Klimaziel reagiert haben, dürfte ein Blick auf die Entwicklung des FTSE 100, den wichtigsten Britischen Aktienindex zeigen. Waren um die Jahrtausendwende lediglich 10 Prozentpunkte durch Energieaktien abgebildet, stieg deren Anteil nun auf etwas mehr als ein Drittel des Gesamt-Index.

Also wird ein Drittel des Investitionsvolumens in Energien der fossilen Art angelegt. Wenn es hier erst einmal zu Verlusten kommen sollte, dürften die Schäden immens sein.
Die alleine in London gelisteten Unternehmen horten nun zusammen etwa 119 Gigatonnen des CO2-Ausstoßes.
Diese Zahl entspricht etwa dem 200fachen CO2-Ausstoß von Groß-Britannien des Jahres 2012!

Jedes dritte Pfund Sterling landete also in Kohle, Öl oder Gas und die Fondsmanager haben dabei noch kein böses Gefühl, wie es scheint. Im Gegenteil, keiner will schlechter abschneiden als der Markt. Fondsmanager sind wohl doch ziemlich ängstliche Typen. Und Bewährtes braucht sich doch auch nur weiterhin zu bewähren.
Im Grunde sind Anleger nur ziemlich ungefährliche Herdentiere, in der Summe ihrer Absichten dennoch äußerst brandgefährlich.

In klimaschädigenden Anlagen stecken Spargroschen, Pensionsrücklagen, Universitäts-Guthaben, Kirchensteuern, Stiftungsgelder, Wohltätigkeitsfonds und weitere Gelder von gewinnorientierten Organisationen, die im Falle einer Platzens der schmutzigen Blase ihre Gelder nie mehr wiedersehen würden.
Was das für die Weltwirtschaft bedeutet, kann sich ein Jeder auch mit wenig Fantasie sehr gut vorstellen.

Interessant in jedem Falle dürfte sein, dass, wenn z.B. nur BP auf das Einhalten des 2 Grad Klimazieles eingeschworen wäre, das Unternehmen etwa 25% seiner geplanten Förderungen im Boden lassen müsste.
Den Managern der Fossilienindustrien und der Anlage-Fonds sind diese Problem zur Zeit überaus bewusst. Jedoch hat das ihr Handeln in keinster Weise auch nur verändert. Denn, solange ja noch Geld verdient wird…?
Ja, Herr Chefredakteur, wie fange ich nun mit meinem äußerst belehrenden Vortrag an? Mal schaun!

„Besorgnis, Herr Chef, meine Besorgnis gilt der Katze. Sie wissen doch, ist die Katze gesund freut sich der Hund.“
Seinen Irish Setter vor dem inneren Auge schwanzwedelnd sehend, deutete ich einen militärischen Gruß an und zeigte mit der freien Hand auf den Wassernapf der Katze in meiner anderen

Über sein Gesicht ging ein verstehendes Lächeln und so innerlich gestärkt ließ ich ihn einfach stehen.

Ein verdammt gutes Thema, diese Diskrepanz über Wahn und Willen an den Börsen und in den Regierungen der Staaten.
Ich glaube fast, darüber lohnte es sich mal zu schreiben.
Na mal sehen.

Chefschlumpf 19. März 2014

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